VN Sa, 16.3.2002

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Kultur 

Durch den Horizont gleiten

Das Projekt "Ozean" der japanischen Künstlerin Leiko Ikemura in Vaduz

Vaduz (VN-ag) 1951 in Japan geboren, lebt Leiko Ikemura seit fast dreißig Jahren in Europa. Die Auseinandersetzung mit den Bildwelten dieser a priori so verschiedenen Kulturräume kennzeichnet das künstlerische Werk von Leiko Ikemura nachhaltig. Als Reisende zwischen den Welten zeigt sie im Kunstmuseum Liechtenstein in Vaduz ihr neues Projekt "Ozean".

Schon früh entschied sich Leiko Ikemura für ein Leben in Europa. "Fremdheit" ist ihr auch über die Jahre ein wesentliches Gefühl geblieben. Dem in Spanien begonnenen Studium der Sprache und Literatur folgte ein Kunststudium und die Zeichnung als bevorzugtes Ausdrucksmittel. Ausgehend von ihrem "Gefühl, dass man eigentlich nur ein Besucher ist auf dieser Welt", lebt die Künstlerin "mittlerweile mit der Wurzellosigkeit und versuche, darin Gutes zu sehen. Das Eigene entwickelt sich hoffentlich in der Berührung mit dem Fremden."

Resümee und Vorausschau

35 Arbeiten, neue atmosphärische Gemälde, Aquarelle und Plastiken zählt die für Vaduz entwickelte Ausstellung "Ozean - ein Projekt". Wiederum in einer veränderten Raumkonzeption, umgeben von dialogstiftenden Werken aus der permanenten Sammlung, bilden drei großformatige Gemälde den Kern von "Ozean". Auf zwei von ihnen finden sich mädchenhafte Gestalten, geisterhaft, wie schwebend, in aufgelösten Umrissen durch Licht moduliert und dem Dunkel des Raumes entgrenzt, während horizontale Farbverläufe das dritte, fast schwarze Bild bestimmen.

Gekennzeichnet durch den dünnflüssigen Farbauftrag, die grobe Leinwandstruktur und eine ungemeine Bildtiefe in Zusammenschau mit der Transzendenz und Transparenz erzeugenden Lichtführung sind diese neuen Arbeiten Resümee und Vorausschau zugleich. Raum wird über seine physikalischen Dimensionen hinaus zur metaphysischen Erfahrung, zu einem Tiefenraum, in dem die Grenzen fließen. Verkörpert wird dieses kosmische Weltgefühl im zentralen Motiv des Horizonts, in dieser sichtbaren und doch nicht existenten Linie, im scheinbaren Aufeinandertreffen von Himmel und Erde, die den Betrachter förmlich in sich aufzusaugen scheint.

Lichtstreifen

Ikemura: "Der Horizont, dieser herrliche Lichtstreifen, ist eine Illusion von etwas Jenseitigem, eines anderen Teils von mir mit einer so starken Erwartung des Andersartigen. Obwohl der Raum unendlich ist, existieren Linien in unserem visuellen Leben. (. . .) Vielleicht sind wir in der Dunkelheit nicht abgeschnitten, sondern umhüllt von diesem Lichtband. (. . .) Das Schwarz ist also das Andersartige, in das wir jede Nacht hineinschlafen. Im Dunkel des Nichts gibt es keine Entfernung. Wir gleiten durch den Horizont, ohne es zu wissen." Im aufgeladenen Raum der Annäherung zweier Elemente, wo sich das Verhaftet-Sein mit der Erde und die Unendlichkeit des Himmels berühren, spielen sich die Arbeiten von Leiko Ikemura ab. Exemplarisch: Eine "Fliegende in Blau" könnte genauso gut auch eine "Liegende" sein, und ein labiles Gleichgewicht kennzeichnet auch die stehend-hockenden Plastiken der Künstlerin, die einen materialgewordenen, sinnlichen Gegenpol zur Malerei verkörpern.




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