Aliens - die Extremausländer
Von Claudia Aigner
Fünfzig Jahre nach Ablauf seiner Lebenserwartung kann es bei
einem Perfektionisten zur "Herbert-von-Karajanisierung" seiner
Physiognomie kommen. (Wie bitte?) Und das hat nicht einmal etwas mit
Außerirdischen (sprich: Extremausländern) zu tun. Die schmachten ja lieber
die Libido von der Andromeda an. Kurz: Muss man also doch zuerst Freuds
gesammelte Werke lesen, bevor man sich ein Bild eines "fantastischen
Realisten" ansehen darf? Bis 27. Juni stellen in der Galerie Ernst
Fuchs (in den Ringstraßengalerien, Kärntner Ring 11-13) "Die jungen
Phantasten" aus. Oje, das gibt jetzt sicher einen Verweis in meiner
Kunstkritikerinnen-Akte. Diese "Ewig-Hausnerischen" und
"Ewig-Fuchsischen", die einem Pinsel wahrscheinlich nicht mehr als zwei
Haare gönnen, wäre ich wohl verpflichtet gewesen zu ignorieren. Na ja, bin
ich halt ein bisschen "vorbestraft". Bei Alexander Mayer klopft einem
sozusagen dauernd ein alter Niederländer oder Raffael auf die Schulter.
Schön selbstironisch: Mit seinem "Selbstbildnis im Alter von 123 Jahren"
(sieht ziemlich gleich aus wie sein "Porträt Herbert von Karajan")
prophezeit er sich eigentlich nicht weniger, als dass er in 98 Jahren wie
Karajan aussehen wird, der sich allerdings selbst nur zu 20 Prozent
ähnlich sieht, nämlich zu 10 Prozent dem Kardinal Albergati des Jan van
Eyck, zu 30 Prozent van Eycks "Mann mit dem roten Turban" und zu 40
Prozent irgendwem. (Die Angaben sind natürlich ohne Gewähr.) Übrigens:
Mayers delikate, blasse Farben sind geradezu betörend. André Janout
ist einfallsreich und liebenswert grotesk. Ein scharfes komisches Talent.
"Im Garten der Lüste": Da hat einer eine dermaßen männliche Nase (wie
Pinocchios Riechorgan im Zustand der Lüge), röche der an einer Blume, dann
wäre das um einiges jugendverbotener als Goethes "Heidenröslein". Und
Christian Flora schweißt quasi Sciencefiction und Delirium virtuos
zusammen. Die Mahlzeit (Andromeda) verführt das Fressmonster vorsätzlich.
Und überall Alien-Viecher, die aus "Star Wars" oder einer Vision des Hl.
Antonius ausgebrochen sein könnten. Freud hätte damit seine Freud gehabt.
Querfeldein durch die Fauna (bis 30. Juni in der Fotogalerie,
Währinger Straße 59). Was schon Äsop und Walt Disney wussten: Viechereien
schützen vor Menschlichkeit nicht. Verena Frankes Gockel schaut
erstaunlich human drein. Und Carol Hudson geht in ihren gelungenen
Foto-Inszenierungen mit einem toten Vogel genauso pietätvoll um wie die
sieben Zwerge mit dem scheintoten Schneewittchen (er hat einen Glassarg).
Alle Vögel der Serie hat sie dann in ihrem Garten begraben. Zwei davon nur
indirekt, nämlich mitsamt der Katze, in deren Magen sie vorher eingegangen
sind (der offenbar noch nicht von "Whiskas" domestiziert war). Poetisches
Herumflattern in der klassischen Perfektion: Elfriede Mejchar s Möwen. Und
bei Hubert Lobnig verrichten Vierbeiner ganz unprätentiös ihr Geschäft.
Ein Hündchen streunt allein durchs Schlachtfeld vom "Tag danach"
(durch die sterblichen Überreste vom Silvesterkrachen). Carla Ahlander
(bis 30. Juni im Offspace, Gärtnergasse 1) hat in ihren Fotos ein
beneidenswertes Gespür für entlarvend befremdliche und surreal komische
Situationen (oder: für "psychologische" Situationskomik). Ob freilich die
Vorführung eines mächtigen Feuerwehrschlauches, der gleich von zwei
Feuerwehrmännern gehalten werden muss, Ausdruck von Potenzfantasien ist
(oder, Gott behüte, von männlichen "Wiescherlfantasien"), dazu möchte ich
mich nicht äußern.
Erschienen am: 22.06.2001 |
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