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derStandard.at | derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
17. Dezember 2008
19:37 MEZ

Galerie Martin Janda, Eschenbachgasse 11, 1010 Wien. Bis 17. 1.

 

 

Roman Signer simuliert in ästhetisch reizvollen oder absurden Experimenten und Aktionen Reflexionsschleifen:
"3 Explosionen", eine Art Raumgemälde in der Galerie (oben) und  "Kabine" (beide 2008).



Todestanz der Spielzeughelis
"Sprengkünstler" Roman Signer in der Galerie Martin Janda in Wien

Schwarzpulver, Sprengfolie, Kracher: Der Einsatz von Explosivstoffen brachte Roman Signer den Beinamen "Sprengkünstler" ein. Dass für ihn aber nicht das ästhetische Resultat der Zerstörung, sondern der Prozess, das "Dazwischen" bis zur Auflösung oder Verwandlung der Materie, im Vordergrund steht, beweist der 70-jährige Schweizer Künstler auch mit seiner aktuellen und bereits vierten Ausstellung in der Galerie Martin Janda.

Der Prozess also. Aber wie diesen sichtbar machen, festhalten, fixieren? Oft löst Signer dieses Problem über Fotografie oder Videoaufnahmen, die eigenständigen Arbeitscharakter erhalten. Die Arbeit "3 blaue Kisten" (2008) verdichtet das Dazwischen allerdings im Resultat, macht den Prozess im ästhetischen Ergebnis ablesbar. Yves-Klein-Blau - eine Hommage? - hat Signer in den hölzernen Behältnissen kontrolliert zur Explosion gebracht. Nun stehen die Kisten geöffnet am Boden, ihre Deckel lehnen wie abstrakte monochrome Gemälde an der Wand dahinter. Dass sich während des Explodierens die Deckel leicht angehoben haben, ist jener Teil der Skulptur, der sich nicht eingeschrieben hat. "Eine Explosion hat vom Anfang bis zum Schluss tausend verschiedene Formen, und jede ist für sich eine Skulptur, eine eigenen Welt", so Signer.

"3 Explosionen" wiederholt ein ähnliches Experiment, allerdings in einem erheblich größeren Behältnis - einem Galerieraum - mit blauer Farbe und Krachern in der Blechdose. Häufiger sind seine experimentellen Anordnungen allein durch die Wahl der Gegenstände näher zu alltäglichen Prozessen, verarbeiten aber auch existenzielle Erfahrungen. Fahrzeuge, Fässer, Gummistiefel, Tische hat Signer in die Luft gejagt oder in Unfälle verwickelt: Wie ein Käfer liegt der Piaggio im Kunstraum Dornbirn am Rücken.

In Wien dirigiert Signer eine taumelige Himmelsflotte per Fernsteuerung oder entsendet die gleichen fliegenähnlichen Spielzeughelikopter ganz ohne Todestanz via Plexirohr in ihr Schicksal: Als Haufen Plastikschrott enden sie am Boden: "Wie ein Kriegsherr, der seine Soldaten ausschickt und nicht weiß, wohin", kommentierte Signer. Anregende Absurditäten. (kafe / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.12.2008)

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