Salzburger Nachrichten am 20. Dezember 2002 - Bereich: kultur
Ansammlung von Einzelgängern

Anmerkungen zur lokalen Lage der Malerei in Salzburg - Ausstellung in der Galerie Weihergut

Man unterschätze die zeitgenössische österreichische Kunst nicht. Manche versuchen daraus ein Geschäft zu machen, indem sie, wie kürzlich bekannt wurde, einzelne Werke fälschen. Die Liste jener Künstler, deren Werke gefälscht werden, ist aufschlussreich. Die Fälscher halten sie für zugkräftig.

An dieser Stelle wurden in den vergangenen Tagen größere Zusammenhänge beschrieben und der Rang der Malerei im internationalen Kunstbetrieb besprochen. Hier soll die Frage gestellt werden, in welcher Weise sich die internationale Entwicklung in der lokalen Szene spiegelt. Darüber gibt eine Malerei-Ausstellung in der Salzburger Galerie Weihergut Auskunft. Hier wird Bilanz der Entwicklung von 1945 bis heute gezogen. Das geschieht in Verbindung mit dem Buch "Kunstschauplatz Salzburg" von Anton Gugg (Pustet Verlag), das sich als umfassendes Lexikon versteht und sich mit allen Personen auseinandersetzt, die eine Rolle im lokalen Kunstbetrieb gespielt haben oder immer noch spielen.

Die Schau versammelt eine Liste von Einzelgängern. Die Altmeister, von denen etliche nicht mehr am Leben sind, sind hier ebenso vertreten wie eine jüngere Generation. Selbst für den, der aufmerksam verfolgt, wie sich die Kunstszene bewegt, tauchen neue Namen auf.

Die spezielle Situation Salzburgs kann an der Präsentation ganz gut abgelesen werden. Hier herrschte nach dem Krieg wie andernorts auch Informationsnotstand. Wegen des Naziregimes war die Kunst hier zu Lande von der internationalen Entwicklung abgekoppelt. Es dauerte bis in die sechziger Jahre, um den Nachholbedarf zu decken. Erst allmählich nahm die Zahl der Galerien zu, die den Blick über die Grenzen richteten. Einzelne Künstler gingen ins Ausland, wie etwa Rudolf Hradil, der bei Fernand Le`-ger in Paris lernte. Andere versuchten, an den österreichischen Expressionismus der Vorkriegszeit anzuschließen.

Der Galerist Friedrich Welz bemühte sich lang um die Errichtung einer Akademie. Es gelang ihm immerhin, 1953 Oskar Kokoschka für die Gründung der "Schule des Sehens" auf der Festung zu gewinnen. Damit kam noch nicht die ganz große Kunstwelt nach Salzburg, aber als diese Sommerakademie in den sechziger Jahren offener wurde, gingen von ihr doch sehr wichtige Impulse für die Kunstlandschaft aus.

SN SPEZIAL

STREITTHEMA MALEREI

Diese Anregungen von außen waren lebenswichtig. Noch mehr als von Kokoschka profitierten die hiesigen Künstler von dem Deutschen Max Peiffer-Watenphul. Er öffnete ihnen sensible Blicke auf die Stadt, sein Einfluss hält bis heute an. Hier klingt Trakls Diktum von der "Schönen Stadt" nach, und es wird neu interpretiert. Peiffer-Watenphul ist ebenso wie Kokoschka in der Schau vertreten.

Hatte Salzburg nach dem Krieg, weil die Stadt amerikanisch besetzt war, große Attraktivität für viele, die vor den Russen in Wien Angst hatten, verlor es diesen Bonus nach 1955. Von da an wurde die Überlegung für Künstler, Architekten und andere, aus Salzburg wegzugehen, zu einer ständigen Begleiterin. Bis heute hält der Zug zum Abwandern an. Als ein Beispiel für viele sei Jakob Gasteiger genannt. Er ist Absolvent der Kunsthochschule Mozarteum, die, seit sie auch eine Sparte für die bildende Kunst hat, viel zur Belebung der Szene beiträgt. Danach ging er nach Wien, wo er einen Weg fand, sich intensiv der Strukturierung der Malfläche zu widmen und mit Kammwerkzeugen rhythmische Abläufe auf der Leinwand zu erzeugen. Ihm widmet das Rupertinum bis 2. Februar eine Personalausstellung.

Der anfangs angesprochene Informationsnotstand wandelte sich mit der Zeit in einen Informations-überfluss. Heute ist allen alles zugänglich. Auch die Salzburger Künstler wählen frei, von welchem Vorbild sie sich anregen lassen wollen. Daher haben wir es gegenwärtig mit einer Vielfalt von Stilrichtungen zu tun, und der Versuch zu katagorisieren scheint zwecklos.

Daher war die Arbeit jener, die die Überblicksschau gehängt haben, nicht einfach. Alles was das vorige Jahrhundert an Ausprägungen hervorgebracht hat, findet sich in persönlichen Variationen wieder: vom Expressionismus über den Surrealismus bis zum Abstrakten Expressionismus. Es gibt den Widerhall der Pop Art und die neue figurative Malerei.

Es sind keineswegs die Schlechtesten, die sich dazu entschließen, in Salzburg zu bleiben und der Ansicht sind, dass es auf den Standort nicht ankommt.

WERNER THUSWALDNER