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derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
18. Februar 2009
14:34 MEZ

christies.com

 

Blick in Yves Saint Laurents Wohnzimmer: Über dem Barock-Sofa ein auf zwei bis drei Mio. Euro taxierter James Ensor.

 


Kunstauktion: Yves bittet zum letzten Defilee
Vom 23. bis 25. Februar versteigert Christie's in Paris die Sammlung Yves Saint Laurent und seines Lebensgefährten Pierre Bergé. Die 700 Kunstwerke sollen zwischen 200 und 300 Millionen Euro einspielen

Paris - Eine Sammlung sei wie ein Empfang oder ein Abendessen - sie bestehe aus allen, die man einlädt, aber auch aus denen, die man nicht einlädt, sagt Pierre Bergé. Diese Gesetzmäßigkeit sei durchaus auf die über Jahrzehnte von Yves Saint Laurent und ihm zusammengetragene Kollektion an Kunstschätzen anwendbar. Salvador Dalí und die Surrealisten hätte man bewusst ausgelassen, auch den späten Picasso. Zu den unfreiwilligen Lücken gehören bestimmte Arbeiten von Basquiat, Rothko, Bacon oder ein Edward Burne-Jones, den man an das Musée d'Orsay abtreten musste. Das Ergebnis der gemeinsamen, von Saint Laurent obsessiv betriebenen Beutezüge verteilte man auch auf beide Stadtwohnsitze, die Appartements in der Rue Bonaparte und der Rue Babylon.

700 Exponate von musealer Qualität warten jetzt auf neue Besitzer. Persönliche Notizen und Skizzen von Saint Laurent oder Schnappschüsse aus dem privaten Fotoalbum sucht man auf den Seiten des fünfbändigen Kataloges vergeblich. Auch über die Österreich-Niederlassung in Wien trudeln bereits erste Kaufaufträge für das letzte Defilee der Sammlung des Modeschöpfers ein, das vom 23. bis 25. Februar im Pariser Grand Palais zelebriert wird.

Als Christie's und Pierre Bergé im Sommer 2008 die Versteigerung ankündigten, galt dies nur zum Teil als Überraschung. Bergé und Saint Laurent waren offiziell als Lebenspartner durch einen so genannten "Solidarischen Zivilvertrag" verbunden. Die Forderungen des Fiskus an den Haupterben Pierre sollen horrend sein, der Verkauf der Sammlung damit eine logische Konsequenz. Bereits vor dem Tod des Modezaren am 1. Juni 2008 hätten Vorverhandlungen begonnen - damals mit Sotheby's.

Schließlich machte Christie's das Rennen um die Gunst des Haupterben, der seit 2002 selbst als Inhaber eines Auktionshauses fungiert. Versteigert wird in Paris, wegen der Exportschwierigkeiten, wissen Insider, denen nur mit großzügigen Schenkungen an den Staat beizukommen gewesen wäre.

Probleme lauern aktuell von anderer Seite: China fordert die Rückgabe zweier Brunnenfiguren (Ratte, Hase) aus dem 18. Jahrhundert, die zusammen mit zehn anderen 1860 aus einer Palastanlage in Peking gestohlen wurden. Offiziell unterstützt Christie's jedes Rückgabeverfahren, inoffiziell sieht man der Auktion wohl gelassen entgegen. 2007 stand Sotheby's vor dem gleichen Problem mit einem Pferdekopf, der vor der Auktion für 8,9 Mio. Dollar von Stanley Ho gekauft und schließlich dem lokalen Poly Art Museum gestiftet wurde.

Ursprünglich hatte man den Gesamtwert der Sammlung mit rund 500 Mio. Euro beziffert, angesichts der Wirtschaftskrise revidierte Christie's die Erwartungen auf höchstens 300 Mio. Euro. Auch bei dem mit Abstand teuersten Los, der letzten analytischen Komposition in Privatbesitz von Pablo Picasso, wurde nachgebessert: Noch vor sechs Wochen lag die Taxe des 1914 ausgeführten Instrument de musique sur un guéridon bei 30 bis 40 Millionen Euro, jetzt hoffen die Experten auf einen Zuschlag bei zumindest 25 bis 30 Millionen. Noch vor dem ersten Hammerschlag bestätigte Christie's dieser Tage, dass schon die nächste YSL-Auktion auf dem Programm steht: Vom 17. bis 19. November 2009 verkauft man Kunsthandwerk aus dem Chateau Gabriel, dem Feriendomizil der beiden in Deauville. Bis dahin können sich modeaffine Kunstsammler aber auch an der 550 Werke umfassenden Kollektion bedienen, die Versaces Villa am Comer See schmückte. Sie gelangt am 18. März bei Sotheby's in London zur Auktion und soll um die 2,25 Millionen Euro bringen. (Olga Kronsteiner/ DER STANDARD, Printausgabe, 19.2.2009)

 

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