Quer durch Galerien
Amerika nochmals entdeckt
Von Claudia Aigner
Ein Kärntner Naturbursch holt mit der Axt aus und fällt die
hölzerne Wendeltreppe in seinem Elternhaus wie einen Baum. Vielleicht ein
Initiationsritus im finstern Karantanien. Na gut, Hans Schabus, der nun
eindeutig im Mannesalter ist, hat die Treppe seiner Kindheit ("Das ist die
Treppe, wo ich schätzungsweise 40.000-mal raufund runtergelaufen bin")
nicht wirklich umgehackt. Sonst wär's ja eine Szene aus dem
Extremheimatfilm "Der Extremförster vom Silberwald". (Untertitel:
"Schabus, Schabus, gib uns unsere Stufen wieder!") Genau genommen war
die Treppe halt einfach zu erneuern und ist längst "wiederaufgeforstet"
worden. Wie auch immer: Das "geschlägerte" Trumm liegt bis 29. März in der
Galerie Engholm (Schleifmühlgasse 3). Möglicherweise heißt das in der
"Holzfäller-Zeichensprache", dass Schabus nun der vertikalen Fortbewegung
abgeschworen hat und zur horizontalen übergegangen ist. Und Letztere ist
bei ihm in letzter Zeit tatsächlich sehr ausgeprägt. So soll er am
"Schacht von Babel" arbeiten, wohl der waagrechten Entsprechung zum
Turmbau zu Babel, und zu diesem Zweck Wien unterhöhlen ("jeden Tag ein
bissi, a paar Stunden"). Und er hat jetzt ein Loch im Boden seines
Ateliers in der Währinger Straße. Eine kafkaeske Tat. Freilich hat er erst
fünf Meter geschafft. Für seinen aufschneiderischen Fußmarschfilm, der
zurzeit in der Sezession läuft, hat er sich deshalb den zermürbend langen
Stollen von einem andern ausgeborgt. Und an seine eigenen fünf Meter
angestückelt. Die sehr poetisch überarbeiteten Pläne an den
Galeriewänden bereiten einen auf die Sezession vor. Und ich hab dem
Galeriemitarbeiter wirklich geglaubt, dass Schabus so einer ist, der
Amerika glaubwürdig noch einmal entdeckt hat: diesmal von unten her. Indem
er nämlich mit einem Schinakel die Wiener Kanalisation durchschifft hat
(die offenbar erst in New York endet). Und ich hab mich auf den
Dokumentarfilm in der Sezession gefreut. Meine babylonisch verwirrte
Fantasie hat es schon deutlich vor sich gesehen, wie Schabus bei seinem
persönlichen Kanalanschluss abtaucht und am Ende seiner gewagten Reise
vorsichtig einen Kanaldeckel hebt, um sich zu orientieren, und, als ein
gelbes Taxi auf ihn zurast, in Columbus-Euphorie ausruft: "Jessas, ich hab
einen neuen Seeweg nach Amerika gefunden!" Aber nix Kanaldeckel und nix
Euphorie. Der Plattenspieler, der plötzlich eingeblendet wird, muss nicht
einmal ein Amerikaner sein. Aber davor (und das ist köstlich) rudert
Schabus mit Todesverachtung (ohne Riechfläschchen) wie ein kühner
Seefahrer gen Westen oder lässt sich von der Strömung treiben - wie die
braunen Grußbotschaften an den Dritten Mann, die von den Absendern per
Klospülung "verschickt" worden sind. Nach eigenen Angaben ist er der
letzte Fußgänger. Ein Autodidakt, der nicht Auto fahren kann.
(Autodidakten könnten ja wirklich diejenigen sein, die den Autos
beibringen, trotz der Fahrschüler halbwegs ordentlich unterwegs zu sein.)
Beim Hans Staudacher (bis 29. März feiert die Galerie Gerersdorfer,
Währinger Straße 12, seinen 80. Geburtstag) gibt es wenigstens keine
unliebsamen Überraschungen. Er spielt nach wie vor mit dem Pinsel auf der
Leinwand. Wie ein Schlagzeuger. Gut, ein Grund, nichts von Pawel
Mendrek zu kaufen, wäre, dass er so verdächtig billig ist. Trotzdem: Wenn
er Malerei und Collage kombiniert, gelingt ihm das oft (nicht immer)
ausgesprochen gut. Könnte an der Mischung aus Strenge und Verspieltheit
liegen. Und an seinem Wissen um die Farbe. Bis 5. April in der Ariadne
(Bäckerstraße 6).
Erschienen am: 21.03.2003 |
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![](00057885-Dateien/kunst.gif)
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