VON CHRISTA DIETRICH E-MAIL:
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Bregenz (VN) Karl Blodig muss es geahnt
haben. Der Bregenzer Bergsteiger hielt nach einer Begegnung mit
Mallory fest, dass dieser "junge Mann nicht lange leben wird". Das
letzte Foto von Mallory wurde 1924 wenige hundert Meter unter dem
Gipfel des höchsten Berges der Erde aufgenommen. Ob er den Mount
Everest bestiegen hat, ist ungeklärt, 1999 fand man seine Leiche.
Sie sah aus wie eine antike Skulptur, so Oscar Sandner. Die von ihm
kuratierte Sommerausstellung im Künstlerhaus ist Mallory gewidmet.
Gefahr, Faszination, Vereinnahmung sind die
vorherrschenden Themen in den Arbeiten von über zwanzig Künstlern
zum Thema Berg, in denen es weniger um das Abbild, als um Reflexion
geht. Die, wie Sandner es betont, sinnliche Kunst schafft.
So wird die Skulptur Mallory, der für die Nachwelt verewigte
Mensch, um bei dem Vergleich zu bleiben, in verschiedenen Arbeiten
gegenwärtig, auch wenn die Figur selbst - wie einst - in der
pointierten Fotoinstallation von Isabel Sandner erneut im Nebel
verschwindet. "Perfect weather for the job", notierte er noch vor
dem Aufstieg - und hatte sich geirrt. Doch auch Hillary, der als
erster Everest-Bezwinger in die Lexika aufgenommen wurde, hielt den
Gipfelsieg Mallorys für möglich. Im Palais Thurn und Taxis wird er
nun künstlerisch erreicht. Vorwiegend österreichische Künstler für
den Aufstieg zu gewinnen, war für Oscar Sandner, dem ehemaligen
Bregenzer Kulturamtsleiter und - wie es Kulturstadtrat Albert Skala
formulierte - "Gründervater der Bregenzer Sommerausstellungen",
angesichts des Niveaus österreichischer Zeitgenossen ein Auftrag.
Aufbruchszeit
Wenn Isabel Sandner ein Projekt zeigt, mit dem sie sich
schon seit Jahren beschäftigt, geht dies einher mit den Arbeiten von
Gottfried Bechtold, der - abgesehen von einem illustren Statement
(siehe Artikel unten) - schon zur Zeit der Randspiele, als Bregenz
in den 70er Jahren den Aufbruch bzw. den Anschluss an das
internationale Kunstgeschehen wagte, den Pfänder erhöhen wollte.
Seine "Skulptur fürs Gebirge" aus tonnenschwerem Stein aus
Nordafrika wird nun unter dem Silvretta-Stausee realisiert. Damit
hat Vorarlberg endlich eine ähnlich große Arbeit von Gottfried
Bechtold wie sie Wien längst bekommen hat.
Der freie Geist
Zurück zu Mallory. Poetische Aspekte sprechen aus vielen
der Arbeiten. Man hat gar nicht versucht, den vielfach vereinnahmten
Berg (heuer feiert man übrigens das "Jahr des Berges") von
Chauvinismus zu befreien. Er wird nicht angenommen, der freie Geist
herrscht vor. Mallory hat anspruchsvolle Literatur auf seinen
Expeditionen mitgeführt, die Künstlerin Ona B. hat in Nepal nach ihr
gesucht und ein schönes Märchen gefunden. Ein Mann gewinnt eine
Prinzessin und "teilt" sie mit den Brüdern. Im Zelt aus rotem
Tempelstoff tragen sechs Kissen die Namen der angeblich glücklich
Vereinten.
Ona B. wird außerdem im Silvretta-Stausee eine Schlafstelle für
Mallory errichten. Nicht ohne einen ihr eigenen Verweis auf die
Gefahren.
Geschichten tun Not, im Künstlerhaus bekommt man sie mannigfaltig
erzählt. Schließlich ist Oscar Sandner ja auch Schriftsteller. . .
Den Ausverkauf der Berge thematisiert Tone Fink mit einem
Panorama und Gipfeln aus Nepal-Papier, die später verbrannt werden.
Froh, dass im Kunsthaus die internationale Welt vorgeführt
wird, ziehe ich die österreichische Karte.
OSCAR SANDNER
Mallory verschwindet in einer Installation von Isabel Sandner.