VN Sa, 13.7.2002

Politik
Lokal
Sport
Markt
Kultur
Welt

Chronik
Notdienste
Wohin
Leserbriefe
TV
Motor
Gesundheit
Immobilien
Karriere
Reise
Feuilleton
Bücher
Wissen u.Technik
VN-Heimat

Anzeigen






Kultur 

Der (künstlerische) Gipfelsieg

Ob ihn Mallory geschafft hat, weiß man nicht, im Künstlerhaus gelingt er

VON CHRISTA DIETRICH E-MAIL: christa.dietrich@vol.at

Bregenz (VN) Karl Blodig muss es geahnt haben. Der Bregenzer Bergsteiger hielt nach einer Begegnung mit Mallory fest, dass dieser "junge Mann nicht lange leben wird". Das letzte Foto von Mallory wurde 1924 wenige hundert Meter unter dem Gipfel des höchsten Berges der Erde aufgenommen. Ob er den Mount Everest bestiegen hat, ist ungeklärt, 1999 fand man seine Leiche. Sie sah aus wie eine antike Skulptur, so Oscar Sandner. Die von ihm kuratierte Sommerausstellung im Künstlerhaus ist Mallory gewidmet.

Gefahr, Faszination, Vereinnahmung sind die vorherrschenden Themen in den Arbeiten von über zwanzig Künstlern zum Thema Berg, in denen es weniger um das Abbild, als um Reflexion geht. Die, wie Sandner es betont, sinnliche Kunst schafft.

So wird die Skulptur Mallory, der für die Nachwelt verewigte Mensch, um bei dem Vergleich zu bleiben, in verschiedenen Arbeiten gegenwärtig, auch wenn die Figur selbst - wie einst - in der pointierten Fotoinstallation von Isabel Sandner erneut im Nebel verschwindet. "Perfect weather for the job", notierte er noch vor dem Aufstieg - und hatte sich geirrt. Doch auch Hillary, der als erster Everest-Bezwinger in die Lexika aufgenommen wurde, hielt den Gipfelsieg Mallorys für möglich. Im Palais Thurn und Taxis wird er nun künstlerisch erreicht. Vorwiegend österreichische Künstler für den Aufstieg zu gewinnen, war für Oscar Sandner, dem ehemaligen Bregenzer Kulturamtsleiter und - wie es Kulturstadtrat Albert Skala formulierte - "Gründervater der Bregenzer Sommerausstellungen", angesichts des Niveaus österreichischer Zeitgenossen ein Auftrag.

Aufbruchszeit

Wenn Isabel Sandner ein Projekt zeigt, mit dem sie sich schon seit Jahren beschäftigt, geht dies einher mit den Arbeiten von Gottfried Bechtold, der - abgesehen von einem illustren Statement (siehe Artikel unten) - schon zur Zeit der Randspiele, als Bregenz in den 70er Jahren den Aufbruch bzw. den Anschluss an das internationale Kunstgeschehen wagte, den Pfänder erhöhen wollte. Seine "Skulptur fürs Gebirge" aus tonnenschwerem Stein aus Nordafrika wird nun unter dem Silvretta-Stausee realisiert. Damit hat Vorarlberg endlich eine ähnlich große Arbeit von Gottfried Bechtold wie sie Wien längst bekommen hat.

Der freie Geist

Zurück zu Mallory. Poetische Aspekte sprechen aus vielen der Arbeiten. Man hat gar nicht versucht, den vielfach vereinnahmten Berg (heuer feiert man übrigens das "Jahr des Berges") von Chauvinismus zu befreien. Er wird nicht angenommen, der freie Geist herrscht vor. Mallory hat anspruchsvolle Literatur auf seinen Expeditionen mitgeführt, die Künstlerin Ona B. hat in Nepal nach ihr gesucht und ein schönes Märchen gefunden. Ein Mann gewinnt eine Prinzessin und "teilt" sie mit den Brüdern. Im Zelt aus rotem Tempelstoff tragen sechs Kissen die Namen der angeblich glücklich Vereinten.

Ona B. wird außerdem im Silvretta-Stausee eine Schlafstelle für Mallory errichten. Nicht ohne einen ihr eigenen Verweis auf die Gefahren.

Geschichten tun Not, im Künstlerhaus bekommt man sie mannigfaltig erzählt. Schließlich ist Oscar Sandner ja auch Schriftsteller. . .

Den Ausverkauf der Berge thematisiert Tone Fink mit einem Panorama und Gipfeln aus Nepal-Papier, die später verbrannt werden.

Froh, dass im Kunsthaus die internationale Welt vorgeführt wird, ziehe ich die österreichische Karte.

OSCAR SANDNER

Mallory verschwindet in einer Installation von Isabel Sandner.




Kultur 

Zum Seitenbeginn