DDR-Museum: Momentaufnahme eines Siebzigerjahre-Wohnzimmers
Shahram Entekhabi hinterfragt die mediale Stereotypisierung männlicher Identitäten.
Public Tracks zeigt Identitätsstiftung im virtuellen Netzwerk.
Die Künstlerin Trish Morrissey bringt familiäre Rollenbilder durcheinander.
Die Merkmale, die den Menschen als Individuum kennzeichnen und ihn vom anderen unterscheiden sind mindestens genauso umfangreich wie die Interpretationen von Identität. Anlässlich des im Jahr 2010 gesetzten Schwerpunkts "Identität" stellen sich die Kuratoren der Fotogalerie im WUK die Frage: "Was konstruiert Identität heute?" Die aktuelle und zweite Ausstellung steht im Zeichen der Identitätsstiftung und der Zugang der KünstlerInnen ist entweder ein identifizierender oder ideologisierender. Gelegentlich schafft es eine Installation den BesucherInnen in einem unaufmerksamen Moment beides gleichzeitig zu suggerieren.
Im Gefüge vereint
Schallendes Gelächter durchdringt den Ausstellungkeller aus einer Ecke, hinter einem mit schwarzem Vorhang abgedunkelten Raum erklingen Wortfetzen, die sich wie eine Aneinanderreihung von Namen anhören und im Hintergrund ertönen anmutige weibliche Funk-Vocals. Jedes Element der Ausstellung wirkt für sich unvergleichlich und schmiegt sich dennoch in das Gefüge der gemeinsamen Suche nach Identität. Konstruierte kollektive Identität, so ein Ansatz der KünstlerInnen, darf nicht ohne die Gefahr der Beeinflussung gesehen werden. Insbesondere ist damit die vermeintliche kulturelle Homogenität gemeint.
Cross-cultural Verkleidung
Beispielhaft dafür stellt Oreet Ashery in ihrem "Portrait Sketch" mithilfe eines Porträtzeichners in Delhi die jüdische und palästinensische Identitätskonstruktion zur Schau. Mit falschem Bart lässt sie sich einmal als jüdischer Mann und am selben Tag ein zweites Mal vom selben Maler - diesmal mit Palästinensertuch um den Kopf geschlungen - porträtieren. Hinter der cross-cultural Verkleidung will die Straßenkünstlerin auf die mit dem Islam und Judentum verstrickten Stereotype sowie auf Genderidentitäten aufmerksam machen.
Aggression als Klischee
Shahram Entekhabi beleuchtet geschlechtsspezifische Identitäten und die damit verknüpften Stereotypen in der medialen Darstellung. In seinen drei Kurzfilmarbeiten "Mehmet, Mladen und Miguel" inszeniert der deutsch-iranische Künstler kulturelle Klischees männlicher Identität und macht im Speziellen auf das häufig einhergehende Klischee vom Aggressionspotenzial des "fremden Mannes" aufmerksam. Während einer der Akteure - Miguel - seine Weste schnürt und sich eine Zigarre anzündet schallt sein lautes und präpotentes Lachen aus dem Fernsehgerät. Dann zündet er die Granate. Es wird abgeblendet.
Alternative Identität
Mit einer aktuellen gesellschaftsspaltenden und gleichzeitig verbindenden Entwicklung der Identitätsstiftung setzt sich Hubert Blanz auseinander. Er hat sich des Themas Facebook angenommen und in seiner Arbeit "public tracks" die Frage nach Identität und Vernetzung gestellt. Ein abgedunkelter Raum, indem die BesucherInnen eine Leinwand vorfinden, auf die Bilder von verwobenen Netzgebilden gestrahlt werden. Im Hintergrund werden scheinbar wahllos Namen genannt. Die Audio-/Videoinstallation führt die BesucherInnen durch die Galaxie des virtuellen Netzwerks. Ähnlich wie das soziale Netzwerk Facebook versteht sich public tracks als Ort, an dem alternative Identitätsskizzen entstehen können.
Jenseits des dokumentarischen Aspekts
Bizarr und gleichermaßen erschreckend geordnet geht es in der Fotoserie "Sammlungen" von Astrid Korntheuer zu. Es sind Alltagsobjekte, die SammlerInnen in penibler Perfektion zusammengetragen haben und abseits der dokumentarischen Sichtweise platzieren. Im Kickers Museum wirken dutzendfach Fußballschals, Fußbälle und Trickots auf den Betrachter - alle fein säuberlich in Reih und Glied neben einander gereiht. Weniger WOW-Effekt, aber dafür eine hervorragende Momentaufnahme eines Siebzigerjahre-Wohnzimmers bietet das DDR-Museum. In gewisser Weise entschlüpfen die perfekt inszenierten Alltagsgegenstände der subjektiven Wahrnehmung ihrer SammlerInnen und kreieren ihrerseits eine Art Identität - mithilfe der Bedeutung, die ihnen die Sammlerlnnen zuordnen.
Kontinuierliche Entwicklung von Identität
In ihrem 1999 gedrehten Film "Fireflies" porträtiert Katharina Cibulka fünf junge Musikerinnen und ihre Lebensträume. Die Welt wird aus der Sicht der zwanzigjährigen Frauen gesehen: Der Weg zum Ruhm steht offen. Zehn Jahre später geben sie der Absolventin der Wiener Akademie in der Videoinstallation "Getting my name up there" einen Einblick in ihr Leben und finden sich in Vorstädten, mit Golden Retrievern, Kindern und einem Kunststudium vor. Trotz der nicht erfüllten Karrierewünsche weist die Dokumentation den Anschein eines Scheiterns zurück. Während Cibulka die Erzählungen getrennt von den Bildern der Frauen zeigt, wird eines deutlich: Die beginnende Irritation mündet in der Erkenntnis über die kontinuierliche Entwicklung und Unbeständigkeit von Identität. Prädikat: anregend. (Eva Zelechowski, 16. September 2010, daStandard.at)
Die
Eröffnungsausstellung vom 4. Mai bis 2. Juni thematisierte die
Entwicklungsetappen alltäglicher Identitätsprozesse anhand
biografischer Selbsterfahrung.
Informationen zur dritten und
letzten Ausstellung der Schwerpunktreihe Identität werden rechtzeitig
auf der Fotogalerie Webseite angekündigt.
Identität II
Fotogalerie Wien, WUK
1. - 29. September 2010
"Ein Jugo in Deutschland“ erzählt auf sehr persönliche Weise die jüngste Migrationsgeschichte der Ex-Yu-Generation, die das Beste aus beiden Welten lebt
Jede Emigration, freiwillig oder nicht, bringt auch das Nachdenken über die Rückkehr mit sich.
Anlässlich der bevorstehenden Wiener Gemeinderatswahlen setzen sich 10 KünstlerInnen kreativ mit dem aktuellen Wahlkampf auseinander
Der jüdische Geigenbauer Daniel ist in einem Nebenlager von Auschwitz interniert. Vom Kommandanten des Lagers bekommt er den Auftrag, eine Violine nach Stradivari-Maßen zu bauen
Die fünfzehnjährige Fatemeh sitzt in einem iranischen Gefängnis und wartet auf ihre Hinrichtung. Ihre schriftlichen Hinterlassenschaften zeugen von der Grausamkeit des Mullah-Regimes
In den kommenden Wochen führt daStandard.at durch das orientalische Wien
Frauen jeden Alters praktizieren auch in unseren Breitengraden den traditionsreichen Bauchtanz. Nicht zuletzt um das eigene Körpergefühl zu intensivieren
Der neue Reinhard Schwabenitzky-Film: ein Roadmovie quer durch Niederösterreich. Wir verlosen 5x2 Kinotickets.
In ihren Erinnerungen entführt Ilma Rakusa die Leser zu den Schauplätzen ihrer Kindheit und frühen Jugend zwischen Ost- und Westeuropa
Sreten Ugričić, Schriftsteller und Direktor der Serbischen Nationalbibliothek, erzählt im Gespräch mit daStandard.at, was faul im Staate Serbien ist, und was die Literatur dagegen tun kann
Die Foto-Ausstellung "Bart-Diskriminierung" von Juan Carlos Echandía Suárez ist ein Integrationsprojekt der künstlerisch-humoristischen Art
Laut, lustig und liebenswürdig: Radu Mihaileanus jüngster Film "Das Konzert" begeistert nicht nur die Filmkritik, sondern auch das Publikum
Eine Doku über vier Babys, die in den unterschiedlichsten Teilen der Erde aufwachsen
Vierzehn KünstlerInnen verbringen vierzehn Tage in einer obersteirischen Gemeinde und berichten aus ihrer Perspektive als "Ausheimische“
Der Schriftsteller Dimitré Dinev spricht über das Schreiben, die Barmherzigkeit und falsche Zuschreibungen
Die aktuelle Studie eines deutschen kriminologischen Forschungsinstitutes erklärt die Religion zur Ursache der Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen
Im preisgekrönten französischen Roman "Drei starke Frauen" gehen die Protagonisten bis an die Grenzen ihrer Leidensfähigkeit – und darüber hinaus
Im Österreichischen Museum für Angewandte Kunst (MAK) ist seit dem 19. Mai eine Retrospektive zeitgenössischer Kunst aus Nordkorea zu sehen. Die Organisatoren verweigern jegliche Äußerungen über den politischen Hintergrund
Die aktuelle Ausstellung des KunstHausWien präsentiert die fotografischen Arbeiten von Tina Modotti, deren Lebensweg sie von Italien nach Kalifornien, Mexiko, Moskau, Spanien und zurück nach Mexiko führte
U bečkom MAK-u je 19. maja otvorena retrospektiva savremene umetnosti Severne Koreje. Pošto organizator odbija da se izjasni o političkoj pozadini izložbe, u medijima se oglasila nekoličina dobrovoljaca gotovih da mu u tome pripomognu.
Lamya Kaddor tritt für eine historisch-kritische Lesart der Offenbarungen des Korans ein und ist davon überzeugt, dass sich Toleranz und Freiheit mit dem muslimischen Glauben verbinden lassen
Migrantenkinder sind oft die Verlierer in unserem stark selektierenden Bildungssystem. Schule und Eltern müssen zusammenarbeiten
Das Jazz-Duo Matilda Leko und Thiemo Kirberg über das Flanieren zwischen Emotionalität und Kopflastigkeit in der Weltmusik Jazz
Das Biber porträtiert MigrantInnen in Wien "ohne moralische Integrationskeule". Wie sehr diese sich darin wiedererkennen (wollen), steht auf einem anderen Blatt geschrieben.
Die US-amerikanische Journalistin Barbara Demick führte jahrelang Gespräche mit Nord-Korea- Flüchtlingen und gibt anhand ihrer Schicksale bewegende Einblicke in den Alltag einer surrealen Welt
Die Darstellung der MigrantInnen in österreichischen Medien wird von den JornalistInnen als "problematisch“ wahrgenommen. Hindernis oder Herausforderung?
Die türkischstämmige Lehrerin Betül Durmaz erzählt aus ihrem "zartbitteren Lehrerleben" an einer deutschen Förderschule. Die Lektüre des authentischen Berichts ist gelinde gesagt alarmierend
Ist die liebevolle Familienverbundenheit stärker als alle gesellschaftlichen Zwänge? Der Film "Die Fremde" stellt viele Fragen und liefert wenig "brave Lösungsansätze".
"Kid Pex" aka "Tschuschenspitter" haucht der heimischen Hip-Hop-Szene neues Leben ein. Statt Gangster-Machismo gibt es kroatischen Rap eines Gastarbeiterkindes
Von missinterpretierten Statistiken, entbehrlichen Angaben zur Herkunft und virtuellen Prangern
Der Autor Semier Insayif über Vielschichtigkeit, Vielstimmigkeit und seine Skepsis gegenüber "nationalen Zuschreibungen".
Nirgendwo sonst feiert(e) das umstrittene Musikgenre so große Erfolge wie in Serbien. Die kurze Geschichte eines balkanischen Musikphänomens
Der Verein "Abrasa“ möchte die brasilianische Kultur umfassend vermitteln und dabei gängige Klischees in Frage stellen
Im Rahmen der Wiener Vorlesungen inszeniert die nächste Generation von Wienern und Wienerinnen Brechts Drama "Leben des Galilei"
Milena Markovićs Stück Šuma blista läuft seit zwei Jahren im traditionsreichen Belgrader Theater "Atelje 212" und war im Rahmen des forums festwochen ff am Wiener Schauspielhaus zu sehen
KulturKontakt Austria (KKA) hat im Rahmen des Artists-in-Residence-Programms Künstlerinnen aus Ost- und Südosteuropa, Armenien und der Türkei nach Wien eingeladen
Das SOHO-Filmprojekt "Youkring Ottatube" liefert mit dem YouTube-Profil von Ottakring einen repräsentativen Querschnitt des lebendigen Stadtteils
Wolfgang Gulis, langjähriger Chefredakteur der Zeitschrift Zebratl, über Qualitätsjournalismus und die Hegemonie der medialen Themenwahl in Österreich.
Der Nachwuchs-Filmer Hüseyin Tabak spricht über seinen preisgekrönten Dokumentar-Film "Kick off", über Identität und die Pläne zu seinem ersten Spielfilm.
Die serbische Künstlerin Tanja Ostojić nähert sich dem Thema Migration mit künstlerischem Aktionismus
Die Choreographin Lina Maria Venegas über den spannenden Entwicklungsprozess ihrer Tanzperformance mit wartenden Asylwerbern
"Jägerstrasse", Wiens erste Grätzel Soap, erzählt mit einem Schuss Ironie, Geschichten aus dem Leben in 20. Gemeindebezirk
Die Autorin Seher Çakir über einschränkende Kategorisierungen und ihre Wahrnehmung in der türkischen Community
Die Istanbuler Galeristin Yeşim Turanlı über den jungen Kunstmarkt in der Kulturhauptstadt
Die Afrika Tage tauchen die Donauinsel in afrikanisches Flair. Gemäß dem Motto "Austria für Afrika" schlagen Künstler europäischer und afrikanischer Herkunft eine Brücke zwischen der afrikanischen und österreichischen Kultur
Im Februar 2000 protestierten Tausende Menschen in Österreich gegen die schwarz-blaue Regierung. Zehn Jahre später beschäftigt sich "Die beschämte Republik“ mit den Auswirkungen der so genannten "Wende“
Unter dem Titel "Und (k)ein Wort Deutsch … Literaturen der Minderheiten und MigrantInnen in Österreich" diskutierten ExpertInnen über interkulturelle Literatur
50 Jahre (Arbeits)Migration und noch immer bedarf es drastischer Maßnahmen, um die sozialwirtschaftliche Bedeutung der Zuwanderer zu begreifen
Die Kommentare von User und Userinnen geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen (siehe ausführliche Forenregeln), zu entfernen. Der/Die Benutzer/in kann diesfalls keine Ansprüche stellen. Weiters behält sich die derStandard.at GmbH vor, Schadenersatzansprüche geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.