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Kunstberichte
Linz: Die Triennale 1.0 zeigt das aktuelle Kunstschaffen in Österreich

Im Dreieck der Kunst

Düstere 
Arbeit: Borjana Ventzislavovas "Me, You and Them" 
(Ausschnitt).Foto: Ventzislavova

Düstere Arbeit: Borjana Ventzislavovas "Me, You and Them" (Ausschnitt).Foto: Ventzislavova

Von Julia Urbanek

Aufzählung Das Fehlen eines Wahrzeichens wurde im Kulturhauptstadtjahr oft bemängelt – nun hat Linz für drei Monate ein solches: Ein monumentaler "Triumphbogen der Kunst" aus drei Containern prangt seit einigen Tagen auf dem Hauptplatz.

Das Kunstwerk von Ursula Hübner soll äußeres Zeichen für eine innere Veränderung sein – Linz will zur Triennale-Stadt werden, zum Zentrum für zeitgenössische Kunst. Am Donnerstag wurde das neue Projekt des Lentos Kunstmuseum, der Landesgalerie Linz und des Offenen Kulturhauses eröffnet. Die Triennale will ab nun im Dreijahres-Rhythmus das aktuelle Kunstschaffen in Österreich aufzeigen und hat für ihre Jungfernfahrt 114 in Österreich arbeitende Künstler in den drei Häusern versammelt. Diese, zwischen 25 und 52 Jahre alt, sind "zu einem hohen Prozentsatz nicht in Österreich geboren", erklärt Lentos-Chefin Stella Rollig: "Österreich ist ein gesuchter Arbeitsort für junge Künstler."

Hang zum "Skurrealen"

Deren Positionen, die bis 26. September in Linz zu sehen sind, sollen Trends im Kunstbetrieb aufzeigen und eine repräsentative Momentaufnahme sein. Zu solchen Trends gehört etwa eine neue Subjektivität, eine weitere Tendenz ist das "Skurreale": In dieser Ästhetik fallen skurrile und surreale Ansätze zusammen – auch hier wird mit Realität und Fiktion gespielt. Diesen Theorien nachzuspüren – in der Praxis sind das 110 Projekte in drei Häusern – braucht zugegebenermaßen Zeit.

Das Lentos Kunstmuseum hat die Triennale in zwei Räumen untergebracht: Im Untergeschoß ist eine von Thomas Edlinger kuratierte Videoausstellung zu sehen, im Obergeschoß ein buntes Triennale-Programm, das die Begriffe Individualität und Freiheit im Vordergrund hat. Nach vorne gebückt, ihr Gesäß in die Luft gestreckt, zupft sich Ines Doujaks gipserne "Hera" – ganz ungöttlich – konzentriert ihre Barthaare und stößt dabei Weihrauchwolken aus. Lazar Lyutakov, 1977 in Bulgarien geboren, zeigt ein "kulturelles readymade". Sein Objekt ist, was es ist: ein Paprikaröster – in Bulgarien ein essentielles Kochgerät, hier ein skurriler Apparat.

Die 1980 in Frankfurt geborene Sarah Ortmeyer beschäftigt sich mit politischen Begriffen: Ein Haufen zerstückelter Holzpantoffeln trägt hier den Namen "Sabotage" und erinnert damit an den Ursprung des Wortes: Französische Arbeiter begannen ihre Streiks, indem sie ihre Holzschuhe – "sabots" – in die Maschinen warfen und so den Arbeitsprozess sabotierten.

Die Landesgalerie widmet sich mit "update" der neuen Fotografie in Österreich und schafft damit die bestechendste und konziseste Ausstellung der Triennale. Aus 150 Arbeiten wurden 30 ausgewählt, die nun einen Querschnitt durch das fotografische Schaffen im Land zeigen: Etwa Karin Peykers "Scheinbare Erinnerung", in dem sie Stätten aus dem Leben ihrer früh verstorbenen Großmutter nachgeht, mit Kommentaren versieht und so ein spätes fiktives Familienalbum erstellt. Oder Borjana Ventzislavovas Arbeit "Me, You and Them", die aus großformatigen dunklen Hochglanzbildern besteht – mit elegant gekleideten Menschen, die mit schwarzen Müllsäcken durch tiefes Wasser waten.

Künstlerisch abhängen

Noch ein Cocktail aus der segelschiffförmigen Paloma-Bar im Garten der Landesgalerie, und es geht weiter in das Offene Kulturhaus (OK). Bereits in dessen Foyer zeigt die Arbeit von Marlene Haring das Triennale-Thema des Medienhauses: Real Fiction. Für die Plakatarbeit "Weil jedes Haar anders ist" posiert ein vollständig behaarter Frauenkörper, in "Hair on Fire" hat die Künstlerin Feuerlöschern einen Pelzstiefel-Look verpasst.

Die Arbeiten von 43 Künstlern sind im OK zu sehen, darunter auch Videos und Performances im benachbarten Parkhaus. Auf dem Dach des OK ist der Holzsteg-Parcours vom "Höhenrausch" des Vorjahres wieder begehbar, Hängematten von Martin Kienzer laden zum Abhängen unter freiem Himmel ein. Auch das Sommerkino unter Sternen wurde auf das Dach verfrachtet, hier werden vor jeder Vorstellung Triennale-Kurzfilme gezeigt.

Ausstellung

Triennale Linz 1.0

Lentos Kunstmuseum,

Landesgalerie Linz, OK

Bis 26. September

Printausgabe vom Freitag, 04. Juni 2010
Online seit: Donnerstag, 03. Juni 2010 19:38:00

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