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23.06.2006 - Kultur&Medien / Kommentare
Kunstlicht: Neuer Kreuzzug - "Just do it"?
ALMUTH SPIEGLER

S
impler Star-Stürmer auf dem britischen Eiland müsste man sein. Nicht Wiener Aktionist oder so. Dann zahlt einem Nike sogar bloody zehn Millionen Pfund fürs Bodypainting. Wayne "Ich lese keine Zeitungen, sondern schau mir nur die Bilder an" Rooney dribbelt uns das gerade vor - nackt (keine Angst, nur oben), mit gespreizten Armen und in einer Art brüllender Blutrausch-Ekstase wirbt er in Londons Straßen für den Sportartikel-Giganten.

Ach ja. Und auf seinem weiß bepinselten Luxuskörper prangt - zwischen unterstem Sixpack-Muskel, geballten Fäusten und erstem geligen Haarstachel - ein tiefrotes Kreuz.

Das Letzte, an das Sie jetzt wohl denken würden, wäre eine Charity-Aktion vom "Roten Kreuz". Das Bild ist ein Ausbund konzentrierter Aggression, jede Phase von Rooneys derart beschmiertem Körper scheint nach Sieg zu grölen, ein doppelt geiler Tempeldiener seiner Herrin Nike, einst griechische Siegesgöttin, heute amerikanische Sportartikelfirma.

Womit wir schon mitten drinnen wären im problematischen Kern dieser entweder unwahrscheinlich naiv-tumben oder hochpolitischen Werbekampagne: Denn was wird hier eigentlich dargestellt?

Ein britischer Patriot mit dem St.-Georgs-Kreuz aus dem "Union Jack" auf der Brust, zufällig aus der Fan(atiker)masse eines WM-Spiels herausgegriffen? So ähnlich sieht es Rooney selbst, der laut "Sun" einfach nur "seine Leidenschaft, für sein Land spielen zu können", darstellen möchte. Und irgendwie will man das dem knapp 20-jährigen Liverpooler Sohn eines Amateurboxers auch glauben.

Aber der global geeichten Marketing-Abteilung von Nike? Nie und nimmer. "Just do it!" heißt ihr Schlachtruf. Und der Heilige Georg, "Soldat Christi", ist samt Kreuz nicht nur Schutzheiliger Englands, sondern war auch Patron der Ritter im Allgemeinen und der Templer im Speziellen, nach den Kreuzzügen zuständig für den Schutz der Pilger.

W
er in diesen sensibilisierten Zeiten aber mit derartig pro vokativen Assoziationen spielt, muss vor allem eines tun: Verantwortung übernehmen. Und nicht versuchen, sein Tun mit Unwissenheit zu banalisieren. Das ist das Letzte, das würde sich (gute) Kunst nie erlauben. Und das sollte Werbung schon gar nicht. Vor allem nicht die eines Weltkonzerns, der immer wieder dafür angeprangert wurde, im größten muslimischen Staat der Welt, Indonesien, ausbeuterische Billigproduktion zu betreiben.

almuth.spiegler@diepresse.com

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