Salzburger Nachrichten am 28. Februar 2006 - Bereich: Kultur
Feiern in der "Kegelbahn"
20 Jahre Schirn Sie hat nicht nur in der Kunstwelt einen wohlklingenden Namen:
Spektakuläre Ausstellungen haben die Frankfurter Kunsthalle Schirn weit
über die Grenzen der Stadt und über ein Fachpublikum hinaus bekannt
gemacht. Seit ihrer Eröffnung am 28. Februar 1986 haben mehr als 4,8
Millionen Menschen mehr als 150 Ausstellungen besucht, darunter große
Übersichtspräsentationen sowie Retrospektiven zu den Werken von Wassily
Kandinsky, Frida Kahlo oder Yves Klein. Kritik und Spott hatte "die Schirn" wegen ihres Äußeren schon vor der Eröffnung
geerntet: "Kegelbahn" oder "Kathedrale" nannten die Frankfurter das lang
gezogene Sandsteingebäude mit auffälliger Rotunde als Eingang, das
eingezwängt zwischen Kaiserdom und Römerberg liegt. Ohne eigene Bestände konzentrierte sich die Kunsthalle auf Präsentationen, die das Werk
eines Künstlers unter einem neuen Blickwinkel zeigten. Dazu gehörten "Paul
Klee und die Musik", "Henri Matisse: Mit der Schere zeichnen" sowie die
Gegenüberstellung von Zeichnungen und Plastiken von Auguste Rodin und
Joseph Beuys 2005. Größtes Aufsehen erregte die Schirn im Sommer 1994 als Ort des spektakulärsten
Kunstraubs der deutschen Nachkriegsgeschichte. Mehrere Kriminelle hatten
sich in der Ausstellung "Goethe und die Kunst" einschließen lassen und
stahlen drei wertvolle Gemälde von William Turner und Caspar David
Friedrich. Die Schirn steht für Ausstellungen, die Besucher anziehen und kontroverse Meinungen
provozieren. Bereits Gründungsdirektor Christoph Vitali hatte das Haus zu
einer international renommierten Kunsthalle entwickelt. In den
Neunzigerjahren nahm die Zahl der international beachteten Ausstellungen
aus Geldmangel jedoch ab. Als Glücksfall erwies sich in dieser Situation der jetzige Direktor Max Hollein, der
heuer einer der Kuratoren für das Salzburger Festival "kontra.com" ist.
Seit 2001 gelang es dem heute 36-jährigen Österreicher, eine Vielzahl von
Kooperationspartnern und weit über 50 Sponsoren zu gewinnen. Drittmittel
helfen inzwischen bei der Finanzierung von Ausstellungen. Im vergangenen
Jahr trieb Hollein 2,8 Millionen Euro von Sponsoren auf. Auch die Stadt
steigerte ihren Zuschuss auf 5,35 Millionen Euro. Mit dem Export von Ausstellungen der Schirn tat Hollein eine weitere Einnahmequelle
auf. Dabei helfen ihm seine internationalen Beziehungen - war er doch
schon an seiner früheren Arbeitsstätte, dem New Yorker Guggenheim-Museum,
für Kontakte zu ausländischen Kulturorganisationen, Kunstsammlern und
Sponsoren verantwortlich. So gingen und gehen Schirn-Schauen des Jahres
2005 nach Bilbao, Locarno, Wien und Oklahoma. Auch die Kunsthalle selbst
wurde im vergangenen Jahr stark frequentiert: 313.036 Besucher kamen 2005
zu den Ausstellungen. Die nächste Schau widmet sich ab kommendem Freitag den Aquarellen und
Patellen von Max Beckmann. SN, dpa |