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vom 29.10.2005 - Seite 029
"Wer bin ich, was mach' ich, wofür stehe ich?"

Er ist der Intendant für "Linz, EU-Kulturhauptstadt 2009": Der Schweizer Martin Heller stellt sich morgen, Sonntag, 11 Uhr, im Linzer Lentos vor. Die OÖN sprachen mit ihm über Kunst und seine Intentionen.

VON IRENE JUDMAYER

OÖN: In Linz wird derzeit die inhaltliche Struktur des Lentos diskutiert. Wie stehen Sie persönlich zur zeitgenössischen Kunst?

HELLER: Ich stehe Zeit meines Lebens in sehr engem Kontakt zur Kunst - und nicht nur zu ihren Äußerungen in der Gegenwart. Mich interessiert die Kunstgeschichte generell und ihre Reflexe bis hinauf in das Heute. Zeitgenössische Kunst ist immer ein wichtiger Referenzpunkt für Kultur generell.

OÖN: Halten Sie es überhaupt für möglich, die sogenannten "Normalverbraucher" für moderne Kunst (speziell Konzeptkunst) zu interessieren?

HELLER: Sofern Menschen Kunst nicht von vorneherein ablehnen, oder nicht an ihr interessiert sind, auf jeden Fall. Ein gutes Vermittlungskonzept wird das sehr wohl schaffen, einem solchen Publikum auch aktuellste Kunst so nahe zu bringen, dass man es als Bereicherung des eigenen Kunstverständnisses empfinden kann. Das hat viel damit zu tun, wie ein Museum als Ganzes wahrgenommen wird. Ob es als Fremdes bestehen bleibt, oder ob es eine gewisse Vertrautheit entwickeln kann. Das hängt vom Gesamtkonzept ab.

OÖN: Was war die letzte Ausstellung, die Sie besucht haben?

HELLER: Das war in Amsterdam. Eine über die Neukonzeption der Sammlung im Stedelijk-Museum.

OÖN: Haben Sie zu Hause Kunst?

HELLER: Ein wenig. Sehr selektiv. Lieblingskäufe. Auch von Kunstkollegen.

OÖN: Gibt es da ein Lieblingswerk, das Sie nie hergeben würden?

HELLER: Ja. Eines, das ich sicher nie hergeben werde, ist eine kleine Originalfotographie von Andy Warhol. Ein Polaroid, das mir einfach sehr gefällt. So eine Art Partyshot aus den frühen Achtziger-Jahren. Ein Schnappschuss von irgendeiner Geburtstagsparty.

OÖN: Zurück zum Lentos. Das Linzer Kunstmuseum wird Sie ja auch als Plattform für das Kulturhauptstadtjahr 2009 interessieren. Können Sie uns schon etwas über Ihre Pläne dazu verraten?

HELLER: Konkrete Pläne gibt es zwar noch nicht, aber grundsätzlich haben Sie recht, dass dieses Kunstmuseum ein wichtiger Faktor für meine Programmierung werden wird. Von seinem Stellenwert und den Möglichkeiten her.

OÖN: Auch als Bühne und nicht nur als Ausstellungsort?

HELLER: Ganz klar. Von der ganzen Situation her, weil ja auch dieser Donauraum eine zwingende Rolle spielen wird. Das Museum als Museum sowie für weiter gehende Pläne. Lentos-Direktorin Rollig und ich haben uns beim ersten Gespräch sehr gut verstanden und darum mache ich auch mit Vergnügen dieses Gespräch am Sonntag.

OÖN: Was werden die Inhalte beim Lentos-Kunstfrühstück sein?

HELLER: Es geht darum, wer bin ich, was mach' ich, wofür stehe ich? Was bringe ich mit an Prägungen und Erfahrungen? Was wird durch mich in diesen Kulturhauptstadt-Prozess einfließen ¼?

Martin Heller im Gespräch mit OÖN-Kulturchefin Judmayer

Foto: Hirhager


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