text breit    text schmal   
drucken 
Bilder keine Bilder

derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
04.12.2003
19:16 MEZ
Von Hannes Schlosser

Link

swarovski.com/ kristallwelten

 
Foto: APA/Swarovski Kristallwelten/Dorfstetter
Novität Global Network

Die Aura des Kristalls: Ausbau bei Swarovski
Die Swarovski-Kristallwelten erweiterten sich um neue "Wunderkammern" - Regie führte einmal mehr André Heller

Acht Jahre nach der Eröffnung zum 100-jährigen Firmenjubiläum präsentieren sich die Swarovski-Kristallwelten erweitert und mit neuen "Wunderkammern". Regie hat einmal mehr André Heller geführt.


Wattens - "Nach 1945 wurde in diesem Land keine Publikumsattraktion mit so viel Erfolg geschaffen", betonte André Heller beim Pressegespräch im Bauch des Riesen und schwelgte fortan in Superlativen. Fabrizio Plessi, der eine der sechs neuen Wunderkammern gestaltet hat, wurde "zum bedeutendsten Videokünstler unserer Zeit", und Hans Magnus Enzensberger titulierte er als "bedeutendsten Lyriker deutscher Sprache".

Enzensbergers Beitrag zu den neuen Kristallwelten ist ein "schwebendes Gedicht", ein Text, der sich mit dem Schweben befasst und sich auf einer geschwungenen, gläsernen Projektionsfläche ständig neu schreibt.

Bis aus dem fernen Japan waren die Journalisten zur Eröffnung angereist und erfuhren von Heller, dass dieser sich den Erfolg des Projekts nur teilweise erklären könne. Mehr als fünf Millionen Besucher seit Oktober 1995 hätte niemand erwarten können, meint Heller und sieht in der (Beinahe-)Verdoppelung auf knapp 4000 Quadratmeter im Besucherbereich "eine Anpassung an diesen Erfolg".

Dazu wurden neben dem Hügel, den der grüne Kopf des Riesen prägt, ein zweiter aufgeschüttet und in zwanzigmonatiger Bauzeit 15 Mio. Euro investiert. Der Wiener Architekt Mathias Barz zeichnet für die Innenarchitektur verantwortlich, Conran&Partners aus London haben den neuen Kristallshop auf 850 Quadratmeter eingerichtet, der von den Besuchern am Ende des Museum-Rundgangs nun nicht mehr zwangsweise durchschritten werden muss.

Eine großzügige Geste, nicht mehr, denn das, was Kristallwelten-Manager Andreas Braun einmal den "Ab-Hof-Verkauf" am Rande der Swarovski-Fabrik bezeichnet hat, wird auch künftig funktionieren. Nämlich blendend. Denn obwohl der Eintritt in den Riesen acht Euro kostet, erwirtschaften die Kristallwelten 80 Prozent des Umsatzes mit dem Shop. Konkrete Zahlen wolle er keine nennen, meinte Braun gestern, aber es darf geschätzt werden.

Die neuen "Wunderkammern" sind konzeptuell eine Fortsetzung von Bewährtem, reizvoll ist Fabrizio Plessis "Zauberwald". Von der Decke hängen Dutzende abgeschnittene Baumstämme, in deren Inneren Feuer, Wasser und Kristall dargestellt sind. Spannend könnte die neue ins Kristallmuseum integrierte Bildergalerie werden, in der Bestände aus dem Familienbesitz (Pongratz, Weiler, Warhol, Chagall) ausgestellt sind. Als Kurator für Sonderausstellungen wurde Harald Szeemann gewonnen, im März ist die Schau "Verzauberung auf Zeit" geplant.

Teilweise umgestaltet wurde der von Susanne Schmögner bespielte Raum, völlig neu sind die 3-D-Projektionen im "Planet der Kristalle". Neu ist der Raum mit den "Persönlichen Gegenständen des Riesen", reiner Kitsch, von Heller persönlich konzipiert, dominiert von einer Riesenziehharmonika, die von Roland Neuwirth eigens komponierte Musik wiedergibt.

Markus Langes-Swarovski (28), vor einem Jahr zum Geschäftsführer aufgestiegener Spross der fünften Generation, sieht in den Kristallwelten einen "Ausdruck der Unternehmenskultur nach innen und außen". Nach dem Wandel vom Industriebetrieb zum Markenartikelerzeuger würden die Kristallwelten einen "ästhetisch-kulturellen Nutzen" erlebbar machen.

Zu den "erklärbaren Erfolgsanteilen" des Projekts zählt André Heller eine "gelungene Gleichgewichtungsübung": Angesprochen würden "Alte und Junge, Dumme und Gescheite" etc. Der Rest sei wohl die Aura des Kristalls. (DER STANDARD, Printausgabe, 5.12.2003)


©2003 derStandard.at - Alle Rechte vorbehalten.
Nutzung ausschließlich für den privaten Eigenbedarf. Eine Weiterverwendung und Reproduktion über den persönlichen Gebrauch hinaus ist nicht gestattet.