Clash of Cultures | |
Vergangenheit und Gegenwart prallen in den Arbeiten der isländisch-norwegischen Künstlerin Anna Gudmundsdottir aufeinander. |
Im Rahmen eines
Artist-in-Residence-Programms des Linzer "O.K Centrums für
Gegenwartskunst" werden unter dem Titel "Anna Gudmundsdottir. The offer no
one can refuse, only because the majority was invented" bis 13. Juli
Arbeiten der isländischen Künstlerin zu sehen sein.
Die 1974 in Island geborene Künstlerin, lebt heute in Norwegen. An der
Artschool in Bergen hat sie Kunst studiert. International aufgefallen ist
sie das erste Mal im Vorjahr während der Manifesta in Frankfurt. Auf
hautfarbenem Hintergrund zogen sich, ineinander verschränkt, Bildmotive
über mehrere Räume hinweg. Ähnlich sind auch ihre Arbeiten in Linz: Vorgefundenes Bildmaterial
wird collageartig verwoben. Die Gesamtinszenierung erstreckt sich gleich
über mehrere Räume im Erdgeschoss des "O.K Centrums". Die Motive sind
vorrangig aus historischen Enzyklopädien entnommene Illustrationen, die
sie mit eigner Malerei kombiniert. Anlässlich der Ausstellungseröffnung am
Dienstag hat kultur.ORF.at mit Anna Gudmundsdottir ein Interview
geführt. Frage: Denkt man an isländische Künstler, dann fällt einem
spontan der Popstar Björk, oder neuerdings die Band "Sigur Ros" ein. Was
macht die Kunst-Community eines kleinen Landes mit etwas mehr als 200.000
Einwohnern so erfolgreich? Gudmundsdottir: Ich würde das nicht zu sehr auf Island
beschränken. Der größere Kontext ist der Skandinavische - und hier gab es
schon immer viele international höchst erfolgreiche Künstler. Vor allem
aus der Pop-Branche, wie eben Björk. Frage: Sie sind bildende Künstlerin. In ihren Arbeiten zappen
sie zwischen mythologischen Darstellungen und Graffities hin und her. Gudmundsdottir: Ich verwende Materialen aus der Geschichte und
versuche, daraus meine Geschichte zu entwickeln. Wir haben in der Schule
eine Menge gelernt und jedes Mal mussten wir die Dinge in einer ganz
bestimmten Richtung verstehen. Ich versuche, das mit meinen Arbeiten offen
zu halten. Ich will also bewusst Missverständnisse herbeiführen. Ich
breche die Regeln, weil ich die Dinge außerhalb ihres Kontextes darstelle.
Ich verbinde Dinge, die so einfach nicht zusammen gehören. Frage: Viele ihrer hier im "O.K Centrum für Gegenwartskunst" auf
die Wände gemalten Figuren sind Illustrationen aus mittelalterlichen
Büchern. Gudmundsdottir: Ich lese nicht all zu viele Bücher, ich verwende
lieber die Illustrationen. Ich versuche dann, die Dinge aus der
Vergangenheit und solche aus der Gegenwart zusammen zu führen. Was mich
interessiert ist, was am Ende dabei heraus kommt. Ich will die Dinge
einfach nicht dort lassen, ich will sie verändern. Natürlich verändern sich auch die Darstellungen. So sind z. B. viele
der Abbildungen, die ich für diese Ausstellung an die Wand male,
anatomische Abbildungen aus dem 15. Jahrhundert. Lustig daran ist, dass
die Skelette lachen oder tanzen. So etwas ist heute absurd. Die Skelette
wurden ja großteils von Ärzten gezeichnet - und trotzdem haben sie
Emotionen. Im Vergleich dazu sind die heutigen Abbildungen ziemlich
langweilig. Frage: Waren das Ihrer Meinung nach schon so etwas wir Vorläufer
unserer heutigen Comics? Gudmundsdottir: Ja, irgendwie schon. Es gibt da so eine Grauzone
zwischen Comics und seriösen Abbildungen. Frage: Wie wählen sie Ihre Motive aus? Gudmundsdottir: Das ist ziemlich unspektakulär. Ich gehe in eine
Bibliothek und borge mir Bücher aus, die ich verarbeiten kann. Hier in
Linz war das allerdings ein Problem, weil man nicht irgend ein Buch nehmen
konnte, sondern man musste genau den Titel wissen. Schließlich habe ich mir in einem Antiquariat in Prag ein Buch
ausgeliehen. Von dem könnte ich hunderte Abbildungen nehmen. Das ist
natürlich auch schwierig, weil ich ja Geschichten und erzähle und am Ende
weiß ich nicht genau, wie sich die Dinge ergeben. Frage: Was man bei uns von Island kennt, ist die Edda. Hat sie
die isländische Sagenwelt in ihren Arbeiten beeinflusst? Gudmundsdottir: Ich interessiere mich grundsätzlich für
Geschichte. Irgendwie verarbeite ich immer wieder isländische Motive. Das
ist aber nicht speziell die Edda. Frage: Sie tragen Ihre Wandmalereien in verschiedenen Schichten,
die sich immer wieder überlagern, auf. Verschiedene Muster werden von
Graffitis und diese wiederum von anatomischen Abbildungen überlagert. Gudmundsdottir: Als ich das das erste Mal gemacht habe, war es
gar nicht so einfach. Ich projiziere mit einem Overhead-Projektor die
Bilder an die Wand. Dort zeichne ich die Dinge nach. Am Anfang war es
ziemlich schwierig, den Linien zu folgen. Aber jetzt funktioniert es schon
ganz gut. Tipp: Ausstellung "Anna Gudmundsdottir. The offer no one can refuse, only
because the majority was invented", O.K Centrum für
Gegenwartskunst, Linz, 28. Mai bis 13. Juli 2003. | ||||
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