Clash of Cultures

Vergangenheit und Gegenwart prallen in den Arbeiten der isländisch-norwegischen Künstlerin Anna Gudmundsdottir aufeinander.


Im Rahmen eines Artist-in-Residence-Programms des Linzer "O.K Centrums für Gegenwartskunst" werden unter dem Titel "Anna Gudmundsdottir. The offer no one can refuse, only because the majority was invented" bis 13. Juli Arbeiten der isländischen Künstlerin zu sehen sein.

"The offer no one can refuse, only because the majority was invented", 2003. / ©Bild: Otto Saxinger

Die 1974 in Island geborene Künstlerin, lebt heute in Norwegen. An der Artschool in Bergen hat sie Kunst studiert. International aufgefallen ist sie das erste Mal im Vorjahr während der Manifesta in Frankfurt. Auf hautfarbenem Hintergrund zogen sich, ineinander verschränkt, Bildmotive über mehrere Räume hinweg.

Ähnlich sind auch ihre Arbeiten in Linz: Vorgefundenes Bildmaterial wird collageartig verwoben. Die Gesamtinszenierung erstreckt sich gleich über mehrere Räume im Erdgeschoss des "O.K Centrums". Die Motive sind vorrangig aus historischen Enzyklopädien entnommene Illustrationen, die sie mit eigner Malerei kombiniert. Anlässlich der Ausstellungseröffnung am Dienstag hat kultur.ORF.at mit Anna Gudmundsdottir ein Interview geführt.

Frage: Denkt man an isländische Künstler, dann fällt einem spontan der Popstar Björk, oder neuerdings die Band "Sigur Ros" ein. Was macht die Kunst-Community eines kleinen Landes mit etwas mehr als 200.000 Einwohnern so erfolgreich?

Gudmundsdottir: Ich würde das nicht zu sehr auf Island beschränken. Der größere Kontext ist der Skandinavische - und hier gab es schon immer viele international höchst erfolgreiche Künstler. Vor allem aus der Pop-Branche, wie eben Björk.

Frage: Sie sind bildende Künstlerin. In ihren Arbeiten zappen sie zwischen mythologischen Darstellungen und Graffities hin und her.

Gudmundsdottir: Ich verwende Materialen aus der Geschichte und versuche, daraus meine Geschichte zu entwickeln. Wir haben in der Schule eine Menge gelernt und jedes Mal mussten wir die Dinge in einer ganz bestimmten Richtung verstehen. Ich versuche, das mit meinen Arbeiten offen zu halten. Ich will also bewusst Missverständnisse herbeiführen. Ich breche die Regeln, weil ich die Dinge außerhalb ihres Kontextes darstelle. Ich verbinde Dinge, die so einfach nicht zusammen gehören.

Frage: Viele ihrer hier im "O.K Centrum für Gegenwartskunst" auf die Wände gemalten Figuren sind Illustrationen aus mittelalterlichen Büchern.

Gudmundsdottir: Ich lese nicht all zu viele Bücher, ich verwende lieber die Illustrationen. Ich versuche dann, die Dinge aus der Vergangenheit und solche aus der Gegenwart zusammen zu führen. Was mich interessiert ist, was am Ende dabei heraus kommt. Ich will die Dinge einfach nicht dort lassen, ich will sie verändern.

Natürlich verändern sich auch die Darstellungen. So sind z. B. viele der Abbildungen, die ich für diese Ausstellung an die Wand male, anatomische Abbildungen aus dem 15. Jahrhundert. Lustig daran ist, dass die Skelette lachen oder tanzen. So etwas ist heute absurd. Die Skelette wurden ja großteils von Ärzten gezeichnet - und trotzdem haben sie Emotionen. Im Vergleich dazu sind die heutigen Abbildungen ziemlich langweilig.

Frage: Waren das Ihrer Meinung nach schon so etwas wir Vorläufer unserer heutigen Comics?

Gudmundsdottir: Ja, irgendwie schon. Es gibt da so eine Grauzone zwischen Comics und seriösen Abbildungen.

Frage: Wie wählen sie Ihre Motive aus?

Gudmundsdottir: Das ist ziemlich unspektakulär. Ich gehe in eine Bibliothek und borge mir Bücher aus, die ich verarbeiten kann. Hier in Linz war das allerdings ein Problem, weil man nicht irgend ein Buch nehmen konnte, sondern man musste genau den Titel wissen.

Schließlich habe ich mir in einem Antiquariat in Prag ein Buch ausgeliehen. Von dem könnte ich hunderte Abbildungen nehmen. Das ist natürlich auch schwierig, weil ich ja Geschichten und erzähle und am Ende weiß ich nicht genau, wie sich die Dinge ergeben.

Frage: Was man bei uns von Island kennt, ist die Edda. Hat sie die isländische Sagenwelt in ihren Arbeiten beeinflusst?

Gudmundsdottir: Ich interessiere mich grundsätzlich für Geschichte. Irgendwie verarbeite ich immer wieder isländische Motive. Das ist aber nicht speziell die Edda.

Frage: Sie tragen Ihre Wandmalereien in verschiedenen Schichten, die sich immer wieder überlagern, auf. Verschiedene Muster werden von Graffitis und diese wiederum von anatomischen Abbildungen überlagert.

Gudmundsdottir: Als ich das das erste Mal gemacht habe, war es gar nicht so einfach. Ich projiziere mit einem Overhead-Projektor die Bilder an die Wand. Dort zeichne ich die Dinge nach. Am Anfang war es ziemlich schwierig, den Linien zu folgen. Aber jetzt funktioniert es schon ganz gut.

Tipp:

Ausstellung "Anna Gudmundsdottir. The offer no one can refuse, only because the majority was invented", O.K Centrum für Gegenwartskunst, Linz, 28. Mai bis 13. Juli 2003.

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