So rabiat kann Schinken sein
Von Claudia Aigner
Hat man jetzt also doch das "Missing Link" zwischen den Affen
und den Kommunisten gefunden (wonach aber eigentlich eh niemand gesucht
hat)? Aber vielleicht hat hier auch bloß jemand den "Ötzi der Kubaner"
rekonstruieren wollen (mit eher fragwürdigen wissenschaftlichen Methoden,
weil ja einfach nur ein Porträt von Che Guevara mit "schimpansoiden" Zügen
ausgestattet wurde). Und eigentlich ist ja alles ganz anders. Bjarne
Melgaard (bis 12. Mai in der Galerie Krinzinger, Seilerstätte 16) hat in
einem einzigen Schädel zwei Revolutionäre vereint: Denn der Affe im
Gesicht von Che Guevara stammt vom "Planeten der Affen", wo bekanntlich
die Menschheit von den Affen überwältigt worden ist (also wo es sich quasi
die Evolution im nachhinein "wieder anders überlegt hat"). Melgaards
beeindruckend "affiger" Che Guevara hat zweifellos das Zeug dazu, eine
neue Ikone der Kunstgeschichte zu werden. Dass Melgaard ein
"kompromissloser Flegel" ist, hat er fraglos bewiesen, als er Gauguins
Grab mittels seiner natürlichen Ressourcen geschändet hat (nein, nicht
durch vorsätzliche Blasenschwäche, sondern, wie man im Bienenjargon sagen
würde: durch vorsätzliche "Bestäubung" - pfui). Seine Kunst schwelgt
überhaupt gern in einer "todeslüsternen" Stimmung. Bei Melgaard gehören ja
sogar die alten Wikinger zu einer Death-Metal-Band. Jedenfalls setzt er
Wikinger-Artefakten ungepflegte lange Haare auf. Er mag zwar ein bisschen
wie die Kinder sein, die auf Plakaten jedes Zahnpastalächeln zwanghaft
"entehren", indem sie Zahnlücken mitten hineinmalen. Melgaard ist aber
eine eindringliche Mischmythologie aus Wikingerkult, Satanismus und
Heavy-Metal-Pathos gelungen. Man könnte meinen, dass Schinken eine
Brunstzeit hat: Bei Wolfgang Walkensteiner (bis 12. Mai in der Galerie
Hofstätter, Bräunerstraße 7) gehen die expressiv zerfetzten, verfratzten
Menschen ganz in ihrem Fleisch auf, sind sozusagen Fleischwaren mit
Geschlechtsmerkmalen. Und Walkensteiner ist in seinen brutal erotischen -
und mitreißend rasanten - Gemälden quasi ein extremistischer Fleischhauer.
Kurz: Als Anatom ist er ein Anarchist. Aber ein brillanter Anarchist, der
nicht einfach eine Granate in eine erotische Szene hineinwirft, sondern
sich eine elementare Fleischlichkeit von chaotisch organischer Schönheit
erarbeitet. Dabei sind die größeren Arbeiten fast generell fulminanter als
die farblich und zeichnerisch oftmals "versumpfenden" kleineren. Es
würde mich nicht wundern, wenn Avilés (bis 19. Mai in der Galerie am
Opernring 17), einer künstlerischen Eingebung folgend, den Sessel, auf dem
er gerade noch gesessen ist, zerlegt hätte, um die Wrackteile seiner
Sitzgelegenheit dann charismatisch in ein Bild zu kleben. Avilés richtet
seine Bilder nämlich ziemlich handfest ein, soll heißen: sehr skulptural.
Geschickt bastelt er Malerei und verschiedenste Materialien zusammen und
balanciert das Ganze zu einer akzentuierten Harmonie aus.
Erschienen am: 04.05.2001 |
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