Rudolf Leopold 1925 - 2010

Scharfer Blick für gute Kunst

29. June 2010, 18:34
  • Artikelbild: Bis zuletzt ein leidenschaftlicher Sammler und profunder Kunstkenner: 
der österreichische Museumsdirektor Rudolf Leopold.
Reaktionen
"Mit Rudolf Leopold ist ein Mann von uns gegangen, der uns die Wiener Moderne nähergebracht und ans Herz gelegt hat. Seine Leidenschaft für Kunst und sein unbeirrbares Auge verschafften uns eine Privatsammlung, die heute jedem zugänglich ist." (Bundeskanzler Werner Faymann) 
"Eine große Persönlichkeit der Kunstwelt, (...), ein im besten Sinn Besessener." (Kunstminsterin Claudia Schmied) 
"Er hat sich stets mit größter Energie und Leidenschaft für seine Sammlung, sein Museum und die Durchsetzung seiner Interessen eingesetzt." (Wolfgang Waldner, Direktor Museumsquartier)
 
  - Foto: Heribert Corn

    Bis zuletzt ein leidenschaftlicher Sammler und profunder Kunstkenner: der österreichische Museumsdirektor Rudolf Leopold.

    Reaktionen

    "Mit Rudolf Leopold ist ein Mann von uns gegangen, der uns die Wiener Moderne nähergebracht und ans Herz gelegt hat. Seine Leidenschaft für Kunst und sein unbeirrbares Auge verschafften uns eine Privatsammlung, die heute jedem zugänglich ist." (Bundeskanzler Werner Faymann)

    "Eine große Persönlichkeit der Kunstwelt, (...), ein im besten Sinn Besessener." (Kunstminsterin Claudia Schmied)

    "Er hat sich stets mit größter Energie und Leidenschaft für seine Sammlung, sein Museum und die Durchsetzung seiner Interessen eingesetzt." (Wolfgang Waldner, Direktor Museumsquartier)

     

     

Kurz nach seinem 85. Geburtstag starb am Dienstagnachmittag der umstrittene Sammler in einem Wiener Krankenhaus - wer seine Nachfolge als Museumsdirektor antritt, ist noch ungeklärt

Wien - Die Absage zum geplanten Geburtstagsfest am 2. März kam überraschend und nur wenige Tage vorher: Rudolf Leopold sei bei einem Museumsbesuch in Italien gestürzt und habe sich den Oberschenkel gebrochen. Am 16. Juni holte der Sammler die Feier in "seinem" Museum nach, schenkte sich und seinen Gästen zum 85. Geburtstag eine berückend schön gestaltete, multimediale Ausstellung mit Objekten, Zeichnungen und Entwürfen des Jugendstil-Genies Joseph Maria Olbrich: die bisher größte Retrospektive von einem der Lieblingskünstler Leopolds.

Ein zerbrechlicher alter Mann saß an diesem Feierabend inmitten der Gäste, still. Konnte allerdings auch noch ganz schön wütend werden, wenn er sich falsch verstanden fühlte und an Artikel erinnerte, die ihn gekränkt hatten. Rudolf Leopolds Lebenswerk war in den letzten Jahren vom Streit um Restitution überschattet, zäh wehrte er sich gegen die Rückgabe von Bildern, war zutiefst empört darüber, dass ihm mangelnde Sensibilität gegenüber den (zumeist jüdischen) Erben vorgehalten und Antisemitismus attestiert wurde, und glaubte bis zuletzt daran, die strittigen Werke mit Geld ablösen zu können (siehe unten stehenden Artikel).

Rudolf Leopold, zweifellos bedeutendster Kunstsammler Österreichs, Stifter, Museumsdirektor auf Lebenszeit, als Schiele-Spezialist weltweit gleichermaßen geachtet wie gefürchtet, umstritten wie verehrt.

Ein Bessener, der schon mit neun Jahren zu sammeln begann: Damals allerdings waren es noch Schmetterlinge, deren Farbe und Form ihn faszinierten. Ein besonderes Prachtexemplar stiftete er der Schausammlung seiner Schule. Später sammelte er Briefmarken, doch bald langweilte ihn, dass bei Marken Seltenheit und nicht Schönheit wertbestimmend sind, und konzentrierte seine Sammelleidenschaft schließlich ab 1947 auf Bilder und Kunstobjekte. Sein erster Kunstankauf war ein Gemälde Friedrich Gauermanns, den Kaufpreis finanzierte Leopold, der am 1. März 1925 in Wien geboren worden war und neben Medizin auch Kunstgeschichtestudium begann, mit Nachhilfestunden.

Wichtigste Schielesammlung

Finanzielle Balanceakte, die Leopold bis zuletzt als selbstverständlich ansah. Ob seine Sammlung je vollständig sei, wurde er einmal gefragt. Er verneinte und fügte hinzu, er würde erst gezwungenermaßen zu sammeln aufhören, wenn kein Geld mehr da wäre.

Abertausende Kunstwerke erwarb Rudolf Leopold im Laufe seines Lebens, zunächst Malerei des 19. Jahrhunderts wie etwa Jakob Schindler und Ferdinand Waldmüller, später Klimt, Schiele, Gerstl, Kokoschka. Eines seiner ersten Schiele-Bilder, so erzählte der Augenarzt Rudolf Leopold später gern, habe er in den 1950er-Jahren um unglaubliche 150 Schilling (umgerechnet rund elf Euro) erworben. Damals stellte Leopold für das Amsterdamer Stedelijk Museum eine Ausstellung mit Schiele-Bildern zusammen. Die große internationale Resonanz brachte auch eine Trendwende in der internationalen Rezeption des Künstlers.

Heute umfasst die Sammlung 44 Ölgemälde und 180 Blätter Schieles. Meist saß er selber in Auktionen oder bot per Mobiltelefon.Nicht einmal trickste er Mitsteigerer aus und ließ die Preise in die Höhe steigen. Auch Kunst vonZeitgenossen erwarb er, etwa Werkblöcke des Ex-Kommunarden Otto Muehl, dessen Bilder zur Zeit in einer umstrittenen Ausstellung im Leopold Museum zu sehen sind. Aber, sagte er einmal, derzeit werde viel Scharlatanerie mit Kunst betrieben: "Etwa 80 Prozent von dem, was einem jetzt als Kunst einzureden versucht wird, ist in Wirklichkeit keine echte Kunst."

Quotenhit Leopold Museum

Viele Jahre lebte die Familie Leopold in ihrem Haus in Grinzing mit und zwischen den Bildern, ehe die monumentale Sammlung in eine, gemeinsam mit der Republik Österreich gegründete Stiftung einging. Damals, 1994, wurde der Wert der Sammlung bereits auf 575 Millionen Euro geschätzt; 160 Millionen Euro mussten die Republik und die Österreichische Nationalbank bis 2007 in Ratenzahlungen überweisen. Neben dem Kaufpreis verpflichtete sich der Staat, das Leopold Museum zu errichten. Seit neun Jahren wird die Sammlung im weißen Kubus im Museumsquartier gezeigt, es ist mit 300.000 Besuchern ein Quotenhit im Museumsquartier. Ungeklärt ist, wer neuer Direktor wird. Schon am Mittwoch tagt der Stiftungsvorstand. (Andrea Schurian/DER STANDARD, Printausgabe, 30. 6. 2010)

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Posting 1 bis 25 von 70
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Robert Waloch
30.06.2010 09:29
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Erschütternd,

aber auch entlarvend, wie der STANDARD-MOB mit dem Tod eines großen Sammlers umgeht, inhaltlich und verbal....

das 7te geißlein
30.06.2010 09:17
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guter blick für gute kunst?????

wer bestimmt eigentlich WAS gute Kunst ist und was nicht?

30.06.2010 09:38
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wenn es jährlich hunderttausende sehen wollen, kann es zumindest net so schlecht sein, oder?

... aber schon die Art ihre posting sagt mir, dass sie wieder eine unnötige was ist gute / schlecht Kunst Diskussion starten wollen...völlig überflüssig

30.06.2010 11:01
ich find die Diskussion...

... was gute oder nicht gute Kunst ist garnicht so überflüssig...

Ist es wirklich ein Indiz für gute Kunst, weil es der Mehrheit gefällt? Dieter Bohlen ist extrem erfolgreich mit seinen "Kompositionen" - ist er deshalb ein großer Künstler?

Egentlich könnte man auch die andere Position einnehmen wonach die Masse "dumm" ist und somit Massentauglichkeit als Zeichen von Nicht-Kunst sieht... Ich finde diese Fragen interessant, nicht zuletzt deshalb, weil es scheinbar Leute gibt, die auf irgendeine Art und Weise meinen, sie könnten gut von schlecht im Bereich der Kunst unterscheiden...

Mario Coiffure 
30.06.2010 09:33
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wenn sie den guten blick haben

sehen sie das

30.06.2010 09:08
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160 Millionen Euro mussten die Republik und die Österreichische Nationalbank bis 2007 in Ratenzahlungen überweisen.

Nicht zu vergessen, das Ausgedinge, welches "uns doch auch" eiges Wert war?

30.06.2010 10:26
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Sehr gut investiert.

30.06.2010 09:06
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Ungeklärt ist, wer neuer Direktor wird. Schon am Mittwoch ...

Ungeklärt wird die Verschleierung bleiben; "Nachfolgend" wartet doch schon in der Warteschleife und wird einen Vertrag bekommen, der sich gewaschen hat!

franCrobert  
30.06.2010 08:53
"Anton Wildgans"

Nicht an die Güter hänge dein Herz , welche das Leben vergänglich zieren.

30.06.2010 08:21
lauter steuer- und umverteilungsexperten hier...

estragon001  
30.06.2010 07:41
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Schon klar...

Der Sammler, der Archivar, der museale "Direktor" wird gefeiert, während die Künstler kaum Erwähnung finden... Traurig bürgerliche Bankrotterklärung - es lebe die Bourgeoisie und ihre Krankheiten !

30.06.2010 09:40
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wenn Schiele, Klimt, Kokoschka für Ihr Empfinden zu wenig erwähnt werden, haben sie die letzten Jahrzente in einer Höhle verbracht

30.06.2010 09:28
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Traurig ist...

...dass er gestorben ist. In diesem Zusammenhang ist Ihr Posting wirklich geschmacklos.
So einen großartigen Kunstsammler wird es in Österreich nicht mehr geben, das scheinen nur wenige hier zu wissen.

30.06.2010 09:27
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vorgestern sind nicht die künstler gestorben

30.06.2010 07:08

Machs gut!

30.06.2010 00:50
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hauptsache quotenhit.

Gemurr Gemurr
30.06.2010 00:39
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Die irren Preise am Kunstmarkt!

Es ist schon ein Trauerspiel, dass - ganz allgemein - Künstler oft am Hungertuch nagen, aber nach ihrem Tod ihr Genie plötzlich erkannt und überaus geschickt vermarktet wird. Das Geld streifen die "Entdecker" usw. ein
Bei Schieles ausgemergelten Menschendarstellungen mit den großen hungrigen Augen stellt sich bei mir (Konfektionsgröße 42) ein Schuldgefühl ein, nicht so bei den schönen und teilweise ebenfalls morbiden Landschaften.
Kunst als solche zu erkennen wie es R. Leopold vermochte, scheint mir ein besonderes Talent, daraus aber Millionen zu lukrieren, ein Irrsinn. Egal ob Schiele oder Dürer etc., man bereichtert sich auf Kosten von Toten.

30.06.2010 09:41
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dann kaufen sie einen D.Hirst, der lebt noch

Dr. Lari and Mr. Fari 
30.06.2010 07:35
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Völliger Unsinn. Es gab zu jeder Zeit ebenso Künstler, die höchstes Ansehen genossen und gut bezahlt wurden wie es eben welche gab, deren Genie man erst nach ihrem Tod wirkllich erkannte

und die am Hungertuch nagten; und dazu gibt es welche, die beliebt und gut bezahlt waren, deren Werke aber schlußendlich hohl waren (das bezieht sich nicht auf Bronzeplastiken) und heute kaum was gelten.
Dürer und Rembrandt waren hochgeschätzte und vermögende Leute, was ebenso für viele andere klassische Niederländer (die Breughels, Bosch, Hals etc.) gilt. Sie betriebene regelrechte Kunstmalerunternehmen. Den meisten Kunst- und Zeitgenossen van Goghs ging es finanziell WEIT besser als diesem Holländer, und Picasso konnte es sich in den 1920 und 30ern leisten, mit Hispano-Suiza und Bugatti in der Gegend herumzufahren, was damals SEHR wenige konnten.

30.06.2010 00:44
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... ein besonderes Talent, daraus aber Millionen zu lukrieren;

... ganz legale Geldwäsche?

Gemurr Gemurr
30.06.2010 08:16

Zumindest die Gelegenheit dazu

Queen of Sheba 
29.06.2010 23:52
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Leider erzählte Leopold nie, wie er die Schwester Egon Schieles in der Wilhelmstraße 8 über den Tisch gezogen hat.

30.06.2010 09:18

Achja, jetzt ist nur er an allem Schuld... Schau dir bitte an, wo und wie Schiele begraben ist. Schande für Österreich...

29.06.2010 23:50
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Das Leopold Museum

zaehlt zum genialsten ueberhaupt.

Jedes einzelne Gemaelde das dort haengt ist ein absoluter Hammer.

Hingehen und in Ruhe ein bisserl in Ruhe ueber Herrn Leopold und sein "Werk" reflektieren.

Preger, Teilzeitkuenstler/In

30.06.2010 01:07
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"...Jedes einzelne Gemaelde das dort haengt ist ein absoluter Hammer...."

Es scheint sich also um ein Werkzeuggeschäft zu handeln.



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Never mind Mr. L.
R.I.P.

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