Der Kunstraum "Bawag Contemporary" zeigt den zweiten Teil seiner Ausstellungsreihe "Young & Reckless"
Neue Perspektiven, alte Illusionen
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Comic-Arbeiten ironischen Zuschnitts: Im "Bawag Contemporary" sind nun
auch die Arbeiten des Amerikaners Stephen Mathewson zu sehen. Foto:
Oliver Ottenschläger
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Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
Primär kennen sie sich vom Musizieren: Obzwar bildnerische Künstler,
haben Christian Schwarzwald, Harald Hasler und Stephen Mathewson
einander musikalisch kennengelernt, teilweise in Bands. Dabei haben
Schwarzwald und Hasler in den 90ern aber auch an der Akademie bei
Markus Prachensky studiert.
Auf die Herausforderung, den neuen
Kunstraum der Bawag Foundation in der Wiener Barnabitengasse nun –
bildnerisch – zu bespielen, reagieren die drei mit durchaus
interessanten Aktualisierungen alter Fragen zur Perspektive, zur
Erzählung und zu einer Art Augentäuschung.
Romantische Unendlichkeit
Die Herstellung eines Raumempfinden ist in der Antike, auch in der
Renaissance und nun wieder in der Postmoderne als künstlerisches Thema
in den Vordergrund gerückt. Es verweist nicht zuletzt auf die
soziologischen Bedingungen, in denen Kunst agiert.
Schwarzwald, der 1971 geborene Salzburger, der nach dem Studium nach
Berlin ging, untersucht in seiner malerischen Wand-Kombination von 490
Zeichnungen unter dem Titel "Vol. I: Departure" romantische Themen,
aber dabei auch das Verhältnis von Rahmen und Gesamtbild. Er zeichnet
um seine Blätter einzelne illusionistisch beschattete Rahmungen, die
eine bekannte optische Sensation – den Trompe-l’œil-Effekt – erzeugen.
Zum scheinbar Plastischen kommt hier eine abstrakte Trennung der
Wand: Die blauen Bilder, die die untere Hälfte der Wand dominieren,
suggerieren eine Unterwasserebene, die darüber liegende Hälfte – völlig
ohne Blau – lässt sich als Luftebene auffassen. Das untere Segment
durchbricht Schwarzwald mit Zeichnungen von Fischen, Piraten oder
Booten, das obere mit gezeichneten Hinterköpfen. Dass sie sich vor dem
Meereshintergrund scheinbar vom Betrachter wegbewegen, hinein in das
Weiß des Bildes, bleibt ein romantischer Kommentar zur Unendlichkeit.
Bunte Ecken hinter Fensterglas
Künstliche Raum-Ecken werden von Hasler, einem Steirer des Jahrgangs
1970, in vier Fenstern des "Bawag Contemporary" perspektivisch
geschaffen – und zwar mit einer Komposition bunter Bildstreifen. Hinter
das Fensterglas gemalt, sind diese Arbeiten natürlich nur temporär.
Darin spiegelt sich Haslers Kritik an der Originalitätsdebatte rund um
Meisterwerke.
Durch die von Bild zu Bild erfolgte Verrückung der Linien verschiebt
Hasler den Standpunkt des Betrachters: Wir müssen uns also bewegen,
dies ist keine zentrale Perspektive für Stehende. Wie eine antike
Wandmalerei erschließt sich "Corner" erst durch das Wandern in seiner
Gesamtheit.
Seine architektonischen Vorlieben konnte Harald Hasler daneben beim
Einbau von Lounge und Bar im "Bawag Contemporary" ausleben – und diese
Einrichtungen bleiben vorerst bestehen, auch wenn der neue
Ausstellungsraum nun seit Dezember in jedem Monat von anderen Künstlern
bespielt wird.
Stephen Mathewson, 1962 in Illinois geboren, baute – auf die
uneinheitlichen Materialien am Boden des Kunstraumes reagierend – einen
wellenförmig gebogenen Tisch, zwischen die Werke seiner Kollegen. Er
nützt das Möbel als glasbedecktes Storyboard für seine gemalten
Geschichten in zahlreichen Bildern und Sprachkommentaren: Werke, die
einerseits in Comicsmanier fortlaufend zu lesen sind, die zum anderen
aber wie Spielkarten zweigeteilt sind, deren untere Hälfte damit also
auf dem Kopf steht.
Comic-Bilder mit viel Ironie
Inhaltlich schöpft Mathewson aus einem Fundus von Tagesresten,
zitiert das Kino, die Politik und andere Quellen herbei: Da versöhnt
sich zum Beispiel ein entführter Filmregisseur mit Gangstern, und die
Verwandlung des Protagonisten zu einem Bären steigert die bisherige
Ironie noch. Das ist quasi Film noir neu – oder ein Drehbuch zum
absurden Alltag von heute. Auch hier kommen längst etablierte
Kunstformen wieder zum Vorschein: wie im Kartenspiel, ständig neu
gemixt.
Ausstellung
Young & Reckless II
Arbeiten von Christian Schwarzwald, Harald Hasler und Stephen
Mathewson Bawag Contemporary Barnabitengasse 11-13, 1060 Wien Bis 1.
Februar
Printausgabe vom Donnerstag, 08. Jänner 2009
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