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derStandard.at | derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
12. November 2008
20:43 MEZ

Galerie Dana Charkasi.1010 Wien, Fleischmarkt. Bis 19. 12.

 

Der echte und ein falscher Eiffelturm: Kamen Stoyanov will Touristen mehr bieten denn das bekannte Objekt.


Nicht im Vorbeigehen
Kamen Stoyanov stellt - "just a photo" - in der Galerie Dana Charkasi in Wien aus

Einen Akkordeonspieler ohne Kopf, zwei Eiffeltürme und eine Diashow ohne Bilder zeigt Kamen Stoyanov bei Dana Charkasi: "just a photo" titelt die Präsentation, in der Stoyanov die Aufmerksamkeit auf das allzu leicht Übersehbare lenkt.

Für die Touristen und Passanten, die im Sommer 2007 durch die Pariser Innenstadt spazierten, war der kopflose Akkordeonspieler wohl nur eine weitere Attraktion: Zu sehen war von dem Straßenmusikanten nur ein übergroßer dunkler Anzug, in dem er seinen Kopf verbarg. In der Ausstellung von Kamen Stoyanov sind Fotos von Touristen zu sehen, die mit ihren eigenen Köpfen lachend hinter dem Musikanten posieren - für den Musiker selbst hatte die Kopflosigkeit aber noch eine viel wesentlichere Funktion: Da er in Paris ohne Genehmigung spielte, bot ihm diese "Maske" einerseits Schutz; sie beraubte ihn andererseits aber auch seiner künstlerischen Identität.

Im Video "Phantom" hebt er die Qualitäten seines Spieles wieder hervor: Er spielt darin nicht die üblichen Gassenhauer wie "Bella Ciao", sondern ein klassisches Akkordeonstück, das seine künstlerischen Fertigkeiten betont. Stoyanov, der sich in seinem neuen Zyklus für Menschen interessiert, die illegal öffentliche Räume besetzen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, hat während eines Aufenthalts in Paris noch eine andere Arbeit realisiert: "The small Eiffel Tower meets the big one" titelt das Zwei-Kanal-Video, das eine Performance dokumentiert, für die er sich mit einer vergrößerten Aufnahme eines "falschen", in Bulgarien entdeckten Eiffelturms vor dem "richtigen" in Paris aufgestellt hat. Ein Video fokussiert auf den Künstler, der das Foto vor den "echten" Eiffelturm hält, während das zweite die Reaktionen der Touristen und der vielen illegalen Verkäufer diverser Paris-Souvenirs dokumentiert.

Die Arbeit schärft den Blick der Betrachter für die übersehbaren Dinge: für den inszenierten Kuss eines Liebespaares, die umständlichen Reaktionen der Passanten oder auch das seltsame Verhältnis zwischen dem Original und seiner Kopie in Bulgarien, die in diesem Zusammenhang plötzlich viel interessanter als das bereits tausendfach fotografierte Originalobjekt wird. (cb / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.11.2008)

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