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21.12.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung
Galerien in Wien: Doppelgänger und ihr bestes Stück
VON NICOLE SCHEYERER
Die Fotokünstler Gregor Zivic und Lois Renner sind selbst Bewohner ihrer vertrackten Bildwelten.

Wie ein Geheimagent schleicht Gregor Zivic durch einen Raum voller Winkel und seltsamer Objekte. Die holzverkleidete Wand lässt auf ein Chalet in Gstaad tippen. Eine antiquierte Videokamera in der Hand ersetzt dem Künstler die "Walther PPK", sicher lauert ein Aggressor oder eine leicht bekleidete Russin hinter dem nächsten Eck.

Aber nichts da: Anstatt in der Fantasierolle des Draufgängers "Action!" zu schreien, wendet Zivic sich einer großen Konstruktion in der Mitte seiner Installation zu. An der Außenwand dieser Mischung aus Unterseeboot und skurrilem Einfamilienhaus befindet sich groteskerweise ein Pissoir, das der Künstler in der Folge sehr diskret benützt, während sein Kopf im Inneren von "Bob's Pistol Building" - so der Name der Videoperformance - verschwindet.

Zivic stellt sich mit seinem pistolenförmigen Gebäude in die Nachfolge der Pop Art, zu deren Hauptwerken Claes Oldenburgs "Mouse Museum/Ray Gun Wing" gehört. Oldenburg nahm mit seinem Mausoleum voller Spielzeugwaffen und eigenen Basteleien den Weihetempel Museum aufs Korn. Zivic geht es eher um Männerfantasien und die Fixierung auf das beste Stück. Dafür spricht auch der fleischig-weiche Gummirevolver, mit dem der Wiener Künstler in einer anderen Videoinstallation wollüstig wackelt.

Früher dominierten in Zivics Kunst inszenierte Fotos, jetzt stellt er auch Requisiten seiner Rollenspiele als Skulpturen aus. Die aktuelle Schau bei Martin Janda kommt als etwas holpriger Mix daher. Unter den gezeigten Arbeiten befindet sich auch ein witziges Porträt von Gert Voss für das Burgtheater, das mit "Alter Ego" überschrieben ist. Die sorgfältig gelegten Locken auf Voss' Charakterkopf lassen wieder einmal erkennen, dass auch das Gehirn in den Rang eines Phallus kommen kann.

So wie Zivic folgt auch Lois Renner schon viele Jahre einem erfolgreichen Bildrezept, an dem er sich ebenfalls überessen haben dürfte. Anstatt aber ganz neue Zutaten zu verwenden, hat sich Renner nur ein neues Küchengerät angeschafft. In der Galerie Mauroner sind erstmals mit dem Computer bearbeitete Bilder aus dem Atelier zu sehen. Mannsgroß präsentieren sie sich am Beginn der Schau und ziehen den Betrachter in den Bildraum hinein. Für seine Inszenierungen baut er sein Studio als Modell nach, trickst mit den Trompe-l'oeil-Effekten unterschiedlicher Größenverhältnisse und stellt sich selbst wie eine Spielfigur in diese Settings.

In der neuen Serie "Hybride" überlagert Renner Fotografie mit Malerei oder lässt die beiden Medien ineinander übergehen. Da taucht etwa eine junge Frau in einem Bild gleichzeitig als gemaltes Aktmodell und als Abgelichtete auf. Objekte aus den großen Computerprints wie Schlagzeug, Rennrad oder Flipper malt Renner in kleineren Bildern. Das Ergebnis fällt wenig überzeugend aus: Die frühere Ironie wird von einem Hang zum Monumentalen übertönt.

Wo Zivic eine Persiflage auf selbstbezogene Junggesellenmaschinen versucht, tendiert Renner wieder in Richtung heldischer Künstler; der eine wirkt hungrig und unterwegs, der andere trotz neuer Technik satt.

Zivic: Galerie Martin Janda, bis 20. 1., Eschenbachg. 11, Wien 1; Renner: Galerie Mauroner, bis 20. 2, Weihburgg. 26, Wien 1.

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