Herstorische Arbeit

"She draws Comics" ist die größte Sammlung von "Women Cartoonists" die je gezeigt wurde. Sie beginnt um 1910 und endet 2002.


Im Interview spricht die amerikanische Popartistin Trina Robbins über Comics-Industrie, weibliche Cartoonistinnen und Frauennetzwerke.

kultur.ORF.at: Frau Robbins, wie würden sie ihre Arbeit und ihre Ziele jemandem erklären, der nie ihre Comics gesehen hat und nichts über Frauennetzwerke weiß?

Robbins: Ich bezeichne mich selbst als eine feministische Popkultur-"herstorian". Es ist ein feministischer Terminus anstelle des "his" das "her" zu setzen. In erster Linie interessiere ich mich für Comics, da ich eine Zeichnerin bin.
Comics sind ein stark männlich dominiertes Feld. Die Verdrängung der Frauen aus dem Comic-Geschäft funktionierte ähnlich wie bei den bildenden Künsten. Viele wissen überhaupt nicht, dass es weibliche Malerinnen und Bildhauerinnen gab, da sie in Büchern nicht dokumentiert sind. Und die meisten Bücher wurden traditioneller Weise von Männern geschrieben. Ähnlich ging es bei den Cartoons von statten. Als ich meine Forschungen über Frauencartoons begann, fand ich heraus, dass es eine Menge von Texterinnen und Zeichnerinnen gab, die von den Männern einfach ignoriert und daher nicht publiziert wurden.

Trina Robbins
Trina Robbins

kultur.ORF.at: Wie wurden sie erzogen? Lasen sie als Kind Comics?

Robbins: Ich wurde von sehr liberalen Eltern erzogen. Meine Mutter war Lehrerin und brachte mir mit vier Jahren das Lesen bei. Ich las alles, was ich in die Finger kriegen konnte - so auch Comics. Ich zeichnete immer. Ich dachte, ich werde bildende Künstlerin. Niemand sagte jemals zu mir, du kannst keine Künstlerin sein, du sollst eine Ehefrau und Mutter werden. Oder du sollst keine Comics lesen, da sie dich von Büchern abhalten.

kultur.ORF.at: Warum wählten sie gerade Comics, um feministische Inhalte zu transportieren?

Robbins: Comics sind durch die Kombination von Bild und Text die perfekte Art zu kommunizieren. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.

kultur.ORF.at: Seit wann gibt es Comics-Zeichnerinnen?

Robbins: Ich wünschte, ich hätte mehr Beispiele von frühen Zeichnerinnen. Rose O'Neill ist eine der ältesten Cartoonistinnen und sie war eine berühmte Künstlerin. Ihre Comicsfiguren sogenannte "Kewpes" entstanden 1896. Jeder in Amerika kennt sie, denn sie werden noch immer als kleine Puppen produziert. Sie schauen aus wie Babys und haben kleine Flügel. Heute noch kann man für Kinder Kewpes-Hosenträger kaufen. O'Neill selbst war eine interessante Persönlichkeit. Sie war eine Bohemienne, dreimal verheiratet, hatte ein Menge Liebhaber und führte in Greenwich Village einen Salon.

kultur.ORF.at: Die Ausstellung in der Secssion basiert auf ihrem Buch "The Great Women Cartoonist." Was ist der Unterschied zu der Schau in Stuttgart von 2001, das auf dem Buch "From Girls to Grrrlz" basiert.

Robbins: "Girl to Grrlz" ist die Geschichte der Comics für Frauen. Anfänglich gab es Comics für Mädchen die vornehmlich von Männern gezeichnet wurden. Und Mädchen liebten diese Comics. Aber sie waren kaum feministisch. Die "Teenage Comics" hatten immer folgenden Inhalt: Zwei Mädchen kämpfen um die Liebe des Jungen. Cartoons für Zwanzigjährige hingegen hatten den Plot, egal wer du bist und was du tust, du wirst nur glücklich wenn du heiratest und Kinder bekommst. 1970 mit dem Aufkommen der "Women's Comic Collective" hat sich das dann geändert. Das Buch "Great Women Cartoonist" hingegen ist ein stringente Historie von Frauen die seit 1896 Comics gezeichnet haben. Es ist eine andere Geschichte und es ist der große Bogen den ich in der Sezession darstelle

kultur.ORF.at: Wie war ihre Zusammenarbeit in der "Women's Comic Collective" organisiert?

Robbins: Von 1972 bis 1992 gab es diesen Zusammenschluss von weiblichen Zeichnerinnen und Texterinnen. Wir waren sehr demokratisch strukturiert. Ich glaube nicht, dass männlich dominierte Comicsverlage so funktionierten. Es gab zwei Herausgeberinnen, die die letzten Entscheidungen trafen. Aber die Gruppe der San Francisco Zeichnerinnen traf sich monatlich und gab ihre Meinungen zu unseren Produkten ab.

kultur.ORF.at: Was denken sie über die Krise im Comics-Geschäft?. Internet ist eine große Konkurrenz für Comics geworden. Wie reagiert die Comics-Industrie und was tun feministische Comics-Zeichnerinnen?

Robbins: Ich denke nicht, dass Internet für Comics eine Konkurrenz ist. Natürlich gibt es viele Comics im Netz. Aber es ist nicht dasselbe, wie ein Comics-Buch zu lesen. Das Comics-Geschäft ist wohl in der Krise aber nicht wegen des Internets. Die herkömmlichen Comics haben sich selbst ruiniert, da sie nur dasselbe Thema immer wieder abwandelten. Es sind die Superhero-Comics für zwölfjährige Buben, die es überall zu kaufen gibt. Die meisten dieser Jungen spielen lieber Videogames oder surfen im Internet, als Comics zu lesen. Mädchen sind eher Leserinnen die sich gern auf ein Sache konzentrieren. Die Comics-Industrie könnte sich sanieren, wenn sie wieder vermehrt Comics für Frauen produzieren würde.

kultur.ORF.at: Was sind ihre nächsten Projekte?

Robbins: Kurz bevor ich nach Wien kam, habe ich mein jüngstes Manuskript fertig gestellt. Es ist ein Buch über Frauen die Töten. Ich bin an den ungewöhnlichen Dingen interessiert, die Frauen machen. Das Schlimmste was ein Mensch je tun kann, ist, jemandem das Leben zu nehmen. Die meisten Personen die wegen Mordes im Gefängnis sitzen, sind Männer. Mich hat aber die kleine Anzahl von Mörderinnen interessiert. Warum, aus welchen Motiven handeln Frauen so, das ist es, was ich untersucht habe.

Tipp

Trina Robbins hält am Donnerstag, den 25. April um 19.00 Uhr in der Secession einen Vortrag über ihre Arbeit.

Link: Trina Robbins

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