VN Do, 13.9.2001

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"Das Innere Befinden"

Internationale Videoarbeiten aus den 90er Jahren in Liechtenstein

Vaduz (VN-ag) Eine kleine Premiere bedeutet die erste reine Videoausstellung im Kunstmuseum Vaduz. In einer dezidierten internationalen Auswahl spuren sechs Kunstler dem Bild des Menschen in der Videokunst der 90er Jahre nach.

Die Videokunst blickt auf eine ebenso kurze wie variantenreiche Entwicklung seit den 60er Jahren zurück. Nachdem sich in den 70ern Künstler wie Bruce Naumann oder Dan Graham bereits mit inneren Befindlichkeiten, abgehandelt in aufklärerischer Dimension, befasst haben, waren die 80er Jahre von den Aspekten der Mediengesellschaft und ihren Kommunikationsmöglichkeiten geprägt. Vor diesem Hintergrund und vor der sich rasch wandelnden Kulisse einer Erlebnis-, Informations- und Konsumgesellschaft äußern sich die mit Video befassten Künstler in den 90ern wieder vermehrt über den Menschen.

Obsession Mensch

Die Obsession für Mensch und Menschsein, der sensibilisierte Umgang mit dem Medium Video liegt den gezeigten Arbeiten trotz aller Unterschiedlichkeit zugrunde. Die Spanne reicht vom einfachen Monitor bis hin zu komplexen Projektionen und Erzählstrukturen, von den Geschichten aus dem Lebensalltag des Franzosen Joel Bartolomeo ("Petite scene de la vie ordinaire") bis hin zu den Bekenntnissen von Menschen im Video der Londoner Künstlerin Gillian Wearing, die zu den berührendsten Arbeiten der Schau gehören. Auf die Anzeige "Gestehe alles auf Video. Keine Sorge, du bist nicht zu erkennen. Interessiert? Ruf Gillian an" geben zehn Menschen, hinter Masken verborgen, zwischen Exhibitionismus und Beichte angesiedelt, Einblicke in die Abgründe der menschlichen Seele. Ebenso ästhetisch wie emotional aufgeladen wirkt daneben die Arbeit von Tony Oursler (New York), der mit "Fear Flower", einer blumigen Hintergrundprojektion und einem Dummie im Blumenkleid, ein charakteristisches Werk aus den späten 90ern zeigt. Die Beziehungen zwischen den Generationen, abgehandelt anlässlich des Todes des Großvaters, thematisiert die finnische Künstlerin Eija-Liisa Ahtila in "Today".

Moderne Tragödie

Im Gegensatz zu den narrativen Momenten dieser modernen Tragödie erfolgt der Einstieg in die aufwändig geschnittene Videoarbeit der in London lebenden Monika Oechsler (zuletzt bei "Gymnasion" im Künstlerhaus in Bregenz vertreten) ebenso abrupt wie der Ausstieg. "High Anxieties" zeigt die inszenierte Diskussion unter fünf Mädchen aus verschiedenen Blickwinkeln. Auf eine 20-minutige Reise durch seinen Heimatort Derry, der als einer der politisch brisantesten Orte in Nordirland gilt, nimmt Willie Doherty den Betrachter in "Same old story" mit. Zwischen den beiden großen Projektionswänden bleibt Derry Derry und konnte doch überall sein.

Diese Einbindung des Betrachters, das Stimulieren oder Auslösen von Prozessen, ist bei allen Arbeiten in Vaduz gegeben. Zwischen drei und dreißig Minuten lang, beschränkt auf sechs Videoinstallationen, ist es zwar möglich, in einer guten Stunde alle Videos vollständig zu sehen, dennoch ist Konzentration gefragt, da sich die Geräusche teilweise überlagern. Glücklicherweise lassen sich die (meist englischen) Texte im Katalog nachlesen. Und die Lektüre hält, was die Schau verspricht: ",Das` Innere Befinden" und ",Das` Bild des Menschen" gibt es nicht. Es gibt ebenso viele innere Befindlichkeiten und unterschiedliche Entwürfe von Menschenbildern wie künstlerische Positionen.

Joel Bartoloméo: "Le chat qui dort". (Foto: Kunstmuseum)




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