Die österreichische Fotografin Elfie Semotan: "Man muss sich, als Fotograf wie als Modell, selbst entblößen."
Das beweisen auch ihre außergewöhnlichen Schmuckfotos, die sie für diese STANDARD-Schwerpunktausgabe zur Verfügung gestellt hat.
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Wien - New York, Paris, Wien und zwischendrin die ganze weite Glitzer-, Glamour- und Prominentenwelt: Hier ist, zumindest beruflich, Elfie Semotan daheim, eine der auch international renommiertesten Porträt-, Mode- und Werbefotografinnen. Jungsein ist in diesem Universum des schönen Scheins und der glatten Oberflächen üblicherweise Bedingung für eine Aufenthaltsgenehmigung, Altwerden Grund für Ausweisung aus dem vermeintlichen Paradies. Doch Elfie Semotan hat um ihr Alter nie ein Geheimnis gemacht. Dass sie heuer im Juli 69 Jahre alt wurde, glaubt ihr sowieso niemand.
Vielleicht, sagt sie, kenne sie ja die Schrecken des Altseins nicht. Aber Angst vor dem Altwerden, nein, das habe sie nicht: "Das ist doch ein unentrinnbares Schicksal. Und wenn ich mich dem nicht entziehen kann, dann werde ich so gut wie möglich weitermachen. Weiterlesen. Mich weiter für Dinge engagieren. Jede Falte zählen, sich womöglich operieren lassen, finde ich sinnlos. Was will man denn: Mit den Jungen konkurrieren? Ich erwarte mir ganz andere Dinge vom Leben, die wichtig sind - eben weil man nicht mehr 25 ist."
Längst werden ihre Fotos nicht nur in Hochglanzmagazinen gezeigt, sondern in Galerien und Museen zu Kunstwerken geadelt. Von Louise Bourgeois bis Jeff Wall heißt ihr kürzlich bei Hirmer erschienener Fotoband - ein Dokument über Begegnungen der letzten 30 Jahre: Künstlerfreunde, Architekten, Literaten, Schauspieler. Auch Hollywood-Stars zählen zu ihrer Klientel. "Das Besondere daran ist, dass man sehr wenig Zeit hat. Man darf sich nicht vornehmen, das Foto seines Lebens zu machen, sondern einfach gute Qualität. Keine Experimente, weil sie das auch nicht zulassen. Das ist manchmal schwierig. Denn die Stars sagen dann nicht mir, was ihnen nicht gefällt, sondern dem Agenten. Und erst der sagt es mir."
Tabubruch
Die Spezialistin für inszenierte Eleganz pflegt übrigens eine ausgesprochene Lust am Makel: Mit dem Rotstift kringelte sie für eine Ausstellung just jene kleinen Schönheitsfehler ein, die üblicherweise sorgfältig retouchiert werden: Warzen, Barthärchen, Wimmerln, Schweißflecken. Nicht nur für diese Schmuckserie, die sie dem Standard zur Bebilderung dieser Schwerpunktausgabe zum Thema Demografie zur Verfügung stellte, wählte sie kein junges Mädchen, sondern eine Frau im fortgeschrittenen Alter: "Was bedeutet Schönheit. Es ist eine gewisse Vollkommenheit. Man begegnet ihr in den absurdesten Winkeln. In der Natur. In makellosen Körpern. Aber eben auch in zerfurchten Gesichtern: Junge Menschen sind schön, einfach, weil sie jung sind. Ältere Menschen aber werden schön durch den Geist."
Den internationalen Durchbruch schaffte sie Ende der 1970er-Jahre mit einem Tabubruch: Sie fotografierte halbnackte Männer und Frauen für einen Unterwäschekonzern und nannte die Serie auch noch provokant Trau dich doch. Zeitungskommentatoren und Kunstkritiker lieferten einander heftige Wortgefechte zu den Fotos. Feministinnen rückten mit Farbkübeln aus, um die Plakate zu überpinseln. Über die aufschäumende Sexismusdebatte angesichts neuester Bierplakate kann Semotan nur milde lächeln.
Es sind kleine, mitunter gesellschaftskritische, oft augenzwinkernde Geschichten, die sie mit ihren (Mode-)Fotos erzählt. Da hängen dann Kinder an den Beinen der Models.
Erste Berufserfahrungen sammelte die Eisenbahnertochter aus Haag am Hausruck als Fotomodell für Lanvin in Paris. "Eigentlich wollte ich das nicht wirklich. Ich brauche das Alleinsein. Es entspricht nicht meinem Charakter, mich öffentlich darzustellen. Aber es half mir später beim Fotografieren, weil ich weiß, dass Kommunikation wichtig ist. Viele Menschen fühlen sich unwohl vor der Kamera. Man muss sich, als Fotograf wie als Modell, selbst entblößen, etwas von sich preisgeben. Muss sagen, was man möchte - wie man in einer Beziehung seine Begierden darstellen muss."
Wirkung des Lichts
Nach einigen Jahren wechselte die damalige Lebensabschnittspartnerin des Fotografen und Filmemachers John Cook hinter die Kamera. Es war Learning by Doing, etwa, was sie mit dem Licht machen müsste, um nicht Stunden in der Dunkelkammer verbringen zu müssen: "Später war ich oft verwundert über junge Fotografen, die so überhaupt keine Ahnung von der Wirkung des Lichtes hatten. Warum man im Auto schön ist und hässlich, wenn man aussteigt."
Zweimal war die Fotografin mit prominenten Künstlern verheiratet: Der Maler Kurt Kocherscheidt, ihr erster Mann und Vater ihrer beiden Söhne, starb 1992 49-jährig an Herzversagen. Vier Jahre später heiratete sie den deutschen Kunstberserker Martin Kippenberger. Doch schon im Jahr darauf, 1997, starb auch er: "Es war beide Male entsetzlich: Das Verschwinden von so vielen Dingen, Gefühlen, von Wissen, Ideen, Energie. Ich würde gern an ein Leben nach dem Tod glauben. Aber ich kann es nicht. Ich würde auch gern ein Vaterunser beten, und die Welt ist danach besser. Aber" , fügt sie ironisch hinzu, "auch das ist mir nicht vergönnt." (Andrea Schurian, DER STANDARD - Printausgabe, 23./24. Oktober 2010)
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wie in dieser Ausgabe des derStandard. Und eigentlich würde ich, wäre ich Semotan, heftig dagegen protestieren und klarstellen: Mir ging es um den Kontrast zwischen alter Haut und Schmuck bzw. ich wollte alte Haut schmücken. Nie und nimmer wollte ich aber die Chefredakteurin in ihrem Altersbashing und mit meinen Fotos deren Suggestion unterstützen, dass die Alten per se schwer reich sind und sich klammheimlich ihrer ungeheuer wertvollen Preziosen erfreuen, während die nächste Generation darob darben muss/keine Zukunft hat etc. - Ein Missbrauch der erbärmlichsten Art nach meinem Dafürhalten.
aber
weil mich Ihr post als Antwort erreicht hat, habe ich hier einige
Fragen an Sie, etwa dazu, dass "man in der fotografie weitergehen"
müsse: Vorschläge dazu? Begründungen dafür? Und wohin sollte es denn
gehen?
Hernach: "Kunst ist wo anders", ebenso nebulös wie Ihr vorheriges
post, dass sich diese "nie aufs Leben beziehen, oder aus des selben
resultieren" dürfe.
Lieber "hinterm zug", bei solchem Abschrieb kriege ich
Krampfadern und Pockerlfrasen. Kunst ist Reflexion und erfordert im
Gegenzug vom Betrachter via Hirn die Rückkehr zu dieser:
Ich maße mir mir nicht an, den Begriff "Kunst" erklären zu
können, denke aber, dass Kunst niemals abgekoppelt vom Sein existieren
kann. Denn bekanntlich schafft dieses Bewusstsein.
Das mit dem Manifest Nr.1 heisst zb. das ein foto nur "Oberfläche" sein kann. Inhalt nicht mehr.
Hinterm Zug ist gekoppelt an oben, einen "Inhalt" geben durch einen
"scheinbaren Blick" den/die Künstlerin zu haben scheint. Kunst ist
woanders- war nur eine kleine Provokation die ich mir meistens von der
Seele schreibe, weil ich der Meinung bin das die Galerien in Wien sich
vor vielen Künstlern verschliessen.
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