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Kunstberichte

Wiener Albertina beleuchtet im Mozartjahr den Salzburger Genius und seine Epoche

Wider den Rokoko-Klischeeterror

Aufzählung Großflächige Mozart-Schau 2006 mit kleineren Sparmaßnahmen.
Aufzählung Franz West liefert Ausstellungsteppich, n-o-m-a-d Architektur.
Aufzählung Keine Schließung des Hauses nötig.

Wien. (irr) Auch wenn Peter Marboe, Intendant des Wiener Mozartjahres 2006, das Wort gar nicht mehr aussprechen mag: Dass die Mozart-Schau der Wiener Albertina nicht zuletzt durch "Nachhaltigkeit" besticht, wollte er am Montag doch nicht verhehlen. "Ich freue mich, dass der zeitgenössischen Aktivität viel Platz eingeräumt wird", erklärte er bei einer Präsentation im Museum.

Dass die Schau "Mozart – Experiment Aufklärung" vom 17. März bis 20. September 2006 auch moderne Arbeiten von John Galliano oder Christian Lacroix zeigen wird, ist für Kurator Herbert Lachmayer kein Widerspruch: Schließlich sei das Rokoko kein "zerbröselndes Barock", sondern eine "Zeit des Aufbruchs" – durch "eine Inszenierung des Denkens und Konversierens".

Luftige Skulptur

Herauskehren will Lachmayer, zudem als Geschäftsführer des Da Ponte-Instituts tätig, die "Ambivalenz des Josefinismus" zwischen Aufklärung und herrschaftlicher Kontrolle. Mozarts Biografie soll anhand der Karriereplanung seines Vaters beleuchtet werden, um "dem Klischeeterror zu entgehen".

Keine Schließung nötig

Markant soll Klaus Pinter von der Gruppe Hausrucker und Co den Rokoko-Zeitgeist würdigen: Seine pneumatische Skulptur "Die Eroberung der Luft" wird die Ausstellung, die im Rahmen des Wiener Mozartjahres stattfindet, zieren. Unter seinem stilisierten Montgolfier-Ballon wird dann einer der prominentesten heimischen Künstler für ein geschlossenes Design bürgen: Franz West liefert einen 2000 Quadratmeter großen Teppich, der sich über die gesamte Ausstellungsfläche zieht.

Im Gegensatz zur bisherigen Planung wird die Schau allerdings nicht das ganze Haus in Anspruch nehmen, sondern sich auf die Basteihalle konzentrieren. Dort werden Leben und Werk des Genius im Kontext seiner Zeit vorgestellt, die Pfeilerhalle widmet sich den drei Da-Ponte-Opern, in der Studio-Galerie wird die Wissenschaft der Zeit präsentiert. Durch diese Aufteilung ist die ursprünglich geplante sechswöchige Schließung während des Aufbaus nicht notwendig, wie Direktor Klaus Albrecht Schröder erklärte. Die Schiele-Ausstellung wird allerdings verschoben, ist nun vom 7. Dezember bis zum 19. März zu sehen.

Neu sind nun auch die Architekten für das Mozart-Projekt: Nachdem die Umsetzung der Entwürfe von Zaha Hadid das Budget zu sehr belastet hätte, wurde das internationale Team n-o-m-a-d engagiert, das etwa an der Spittelauer Lände Wohnbauprojekte betreut. Kooperiert wird zudem mit UMA – lnformation Technology AG: Gemeinsam wird ein "semantisches Netz" erarbeitet, das Beziehungen zwischen den Exponaten und diversen digital aufbereiteten Informationen herstellen soll.

Permanent Mozart

Musik- und Tonbeispiele wird ein kostenloses Audioguide-System liefern, zudem sollen junge Künstler permanent auf einem Bösendorfer-Flügel Werke von Mozart spielen.

Rund 4,4 Mio. Euro stehen für die Schau nun zur Verfügung, die neben heimischen Exponaten auch Leihgaben aus Paris, Bologna, Prag, Berlin und Los Angeles präsentiert. Zudem sind ergänzende Projekte in der Bundeshauptstadt geplant: Im Zoom Kindermuseum wird die Schau "Wolfgang Amadé – ein ganz normales Wunderkind" (5. April bis 4. September) stattfinden, im Jüdischen Museum eine Ausstellung über Librettist Lorenzo da Ponte (22. März bis 17. September).

Im Sigmund Freud Museum Wien wird überdies – anlässlich des gleichzeitigen Freud-Jubiläumsjahres – ein Symposion unter dem Titel "Batti, batti o bel Masetto" veranstaltet.

Dienstag, 04. Oktober 2005


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