Weibliche Gegenöffentlichkeit

Das Grafische Kabinett der Wiener Secession zeigt eine umfassende Retrospektive weiblicher amerikanischer Comic-Kunst.


Seit den 60er Jahren ist Trina Robbins in Sachen Comics von und für Frauen unterwegs. Die Pophistorikerin, Zeichnerin und Texterin, hat 67 Künstlerinnen eingeladen ihre aufmüpfigen frechen Frauencartoons in Wien zu präsentieren.

"Nina's Adventures", Nina Paley, 1991 (Zum Vergrößern anklicken)

Breites Spektrum

Die Genres der gezeigten Comics reichen von Science-Ficton und Fantasy (Donna Barr) über Seifenopern (Dale Messick) und bissigen Newspaperstrips (Nina Paley) bis zum autobiografischen Comic. Letzteres erfreut sich in jüngster Zeit besonderer Beliebtheit. Es gibt den Zeichnerinnen die Möglichkeit das Leben als Frau mit all seinen Höhen und Tiefen humoristisch zu darzustellen.

Leanne Franson, 1999
Leanne Franson, 1999

Mithilfe dieser Viten schaffen sie eine Art feministische Gegenöffentlichkeit zur männlich dominierten Gegenwart. (Jessica Abel, Julie Doucet, Leanne Franson). Auch ältere Comic-Künstlerinnen wie Sarah Bvan beschäftigten sich mit weiblichen Lebensentwürfen an Hand deren man sehr gut die wandelnden Rollenbilder und Identitäten studieren kann.

Zweite Generation

Bereits die Titel "Tits and Clits" in den 70er Jahren oder "Slutburger" in den 90er Jahren zeigen wie sehr die Artistinnen versuchten, negative Begriffe umzudeuten und jenseits der Stereotypen selbstbewusste Frauenbilder zu entwickeln. Natürlich spielen dabei auch gesellschaftliche Themen wie Magersucht und politisches Engagement gegen Rassismus eine Rolle.

In den 90er Jahren wollte Robbins beweisen, dass sich auch am kommerziellen Comics-Markt, der von muskelbepackten Superheros mit Nussschalen großen Köpfen und vollbusige Supergirls dominiert ist, alternative Frauen-Comics durchsetzen können.

Superfrau mit Durchschnittsaussehen

"Meet Misty Nr. 5", Trina Robbins, 1986 (Zum Vergrößern anklicken)

In den 80ern waren bereits die "Meet Misty"-Hefte entstanden. 1999 erfand die Alleinerzieherin Robbins die Figur der Lindsay Goldman. Lindsay hat von ihrer Mutter, einer zur Hausfrau gewandelten Superheroin, die Fähigkeit zu Fliegen geerbt und es heimlich perfektioniert.

Gemeinsam mit ihrer Mom erledigte sie gefährliche Aufträge hat aber trotz ihrer Flugkunst Schwierigkeiten die Niederungen des Alltags, wie finanzielle Probleme oder Liebesgeschichten, zu bewältigen. Robbins engagierte für diese GoGirl Hefte die Zeichnerin Ann Timmons. Geschäftsgrundlage ihrer Zusammenarbeit war die Vereinbarung, die BH-Größe der Protagonistinnen nie über ein gewisses Maß hinaus gehen zu lassen.

Solch weibliche Helden mit durchschnittlichem Aussehen und menschlichen Problemen sollten ein selbstbewusstes Frauenbild zeichnen und die Intelligenz der Comicleser nicht weiter beleidigen. (Es gab auch eine Barbie-Comics-Serie, die die Magersucht der Protagonistin thematisierte).

Tipp

Die in der Secession gezeigte Ausstellung basiert auf Trina Robbins Buch "The Great Women Cartoonists" (2001). Im Vorjahr war bereits eine Ausstellung in der Kunsthalle Stuttgart zu sehen. Zur Ausstellung in Wien erscheint ein eigenwilliger Katalog. Robbins hat 28 Kolleginnen eingeladen nach einem von ihr entworfenen Skript ein Comic zu zeichnen.

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