Weibliche Gegenöffentlichkeit | |
Das Grafische Kabinett der Wiener Secession zeigt eine umfassende Retrospektive weiblicher amerikanischer Comic-Kunst. |
Seit den 60er Jahren ist Trina Robbins in Sachen Comics von und für Frauen
unterwegs. Die Pophistorikerin, Zeichnerin und Texterin, hat 67
Künstlerinnen eingeladen ihre aufmüpfigen frechen Frauencartoons in Wien
zu präsentieren.
Breites Spektrum Die Genres der gezeigten Comics reichen von Science-Ficton und Fantasy
(Donna Barr) über Seifenopern (Dale Messick) und bissigen Newspaperstrips (Nina Paley) bis zum
autobiografischen Comic. Letzteres erfreut sich in jüngster Zeit
besonderer Beliebtheit. Es gibt den Zeichnerinnen die Möglichkeit das
Leben als Frau mit all seinen Höhen und Tiefen humoristisch zu
darzustellen.
Mithilfe dieser Viten schaffen sie eine Art feministische
Gegenöffentlichkeit zur männlich dominierten Gegenwart. (Jessica Abel, Julie Doucet, Leanne Franson). Auch ältere
Comic-Künstlerinnen wie Sarah Bvan beschäftigten sich mit weiblichen
Lebensentwürfen an Hand deren man sehr gut die wandelnden Rollenbilder und
Identitäten studieren kann. Zweite Generation Bereits die Titel "Tits and Clits" in den 70er Jahren oder "Slutburger"
in den 90er Jahren zeigen wie sehr die Artistinnen versuchten, negative
Begriffe umzudeuten und jenseits der Stereotypen selbstbewusste
Frauenbilder zu entwickeln. Natürlich spielen dabei auch gesellschaftliche
Themen wie Magersucht und politisches Engagement gegen Rassismus eine
Rolle. In den 90er Jahren wollte Robbins beweisen, dass sich auch am
kommerziellen Comics-Markt, der von muskelbepackten Superheros mit
Nussschalen großen Köpfen und vollbusige Supergirls dominiert ist,
alternative Frauen-Comics durchsetzen können. Superfrau mit Durchschnittsaussehen
In den 80ern waren bereits die "Meet Misty"-Hefte entstanden. 1999
erfand die Alleinerzieherin Robbins die Figur der Lindsay Goldman. Lindsay
hat von ihrer Mutter, einer zur Hausfrau gewandelten Superheroin, die
Fähigkeit zu Fliegen geerbt und es heimlich perfektioniert. Gemeinsam mit ihrer Mom erledigte sie gefährliche Aufträge hat aber
trotz ihrer Flugkunst Schwierigkeiten die Niederungen des Alltags, wie
finanzielle Probleme oder Liebesgeschichten, zu bewältigen. Robbins
engagierte für diese GoGirl Hefte die Zeichnerin Ann Timmons.
Geschäftsgrundlage ihrer Zusammenarbeit war die Vereinbarung, die BH-Größe
der Protagonistinnen nie über ein gewisses Maß hinaus gehen zu lassen. Solch weibliche Helden mit durchschnittlichem Aussehen und menschlichen
Problemen sollten ein selbstbewusstes Frauenbild zeichnen und die
Intelligenz der Comicleser nicht weiter beleidigen. (Es gab auch eine
Barbie-Comics-Serie, die die Magersucht der Protagonistin
thematisierte). Tipp Die in der Secession gezeigte Ausstellung basiert auf Trina Robbins
Buch "The Great Women Cartoonists" (2001). Im Vorjahr war bereits eine
Ausstellung in der Kunsthalle Stuttgart zu sehen. Zur Ausstellung in Wien
erscheint ein eigenwilliger Katalog. Robbins hat 28 Kolleginnen eingeladen
nach einem von ihr entworfenen Skript ein Comic zu zeichnen. | ||||||||