Ausstellung

Last Exit: Die Moderne

von Christa Benzer  |  15. September 2010, 17:38
  • Artikelbild: Gut ausgeleuchtete Schattenseiten der Moderne: Ansicht der Ausstellung 
"zeroX"  von Gerold Tagwerker. -  Foto: Galerie Grita Insam
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    Gut ausgeleuchtete Schattenseiten der Moderne: Ansicht der Ausstellung "zeroX" von Gerold Tagwerker.


Grelles Licht und modernistische Motive: In kaum einer Ausstellung sind Neonröhren so gut inszeniert wie in Gerold Tagwerkers Personale in der Galerie Insam

Wien - Mit seinen Urban Studies ist Gerold Tagwerker bekannt geworden: Es handelt sich dabei um Aufnahmen von Hochhausfassaden in diversen Großstädten der Welt, die durch ihre Rasterstruktur an modernistische Bauten erinnern. Für die aktuelle Ausstellung zeroX hat Tagwerker aus dieser laufend wachsenden Sammlung drei Fotografien ausgewählt und auf Spanplatten aufgebracht.

Schräg an die Wand gelehnt, bilden nun Hochhausfassaden aus Chicago, Tampa etc. einen verortbaren Rahmen für die Präsentation. Diese wirkt - mit Spiegel-, Licht- Rasterobjekten bestückt - wie das Setting für ein modernistisches Bühnenstück.

Mitverantwortlich für den bühnenhaften Eindruck ist aber auch eine Metalltür mit der Aufschrift "Exit" sowie ein Leuchtkasten, der mit pulsierenden Neonröhren für kühle, aber wechselnde Lichtverhältnisse sorgt.

Auf der "Bühne" selbst glänzt eine Skulptur von Alexander Rodtschenko gleich doppelt. Tagwerker ließ zwei Kopien von einer Rodtschenko-Arbeit anfertigen: alexander #1wood und alexander #1steel basieren formal auf einer der sogenannten "Raumkonstruktionen" des russischen Konstruktivisten. Tagwerker veränderte die Maße, und so wurden aus einer ursprünglich sehr fragilen Skulptur von Rodtschenko zwei massive Objekte, die im Zentrum der Schau vor allem Präsenz signalisieren.

Von der Durchlässigkeit, Eleganz und Reduktion der Moderne lässt Tagwerker in seiner Schau nicht sehr viel übrig. Eher ist er mit den Schattenseiten der Moderne befasst. So zeigt eine Fotografie ein heute befremdliches, aber für den modernistischen Baustil der 1960er-Jahre typisches Interieur. Auf dem Boden und an der Wand sind weitere modernistische Motive in Form von Gitterstrukturen und Spiegelobjekten zu sehen. Während Tagwerker einen der Spiegel in eine Zielscheibe umfunktioniert, weist der andere einen nicht ganz glatten Schnitt in den Diagonalen auf.

Auch eine Brechstange liegt hübsch verzinkt auf dem Boden der Galerie. Jenseits der spielerisch-formalen Oberflächenverhandlung setzt der Künstler mit ihr eine Geschichte in Gang. Dass diese wohl eher brachial verläuft, lässt das Abbruchwerkzeug unschwer erahnen. (Christa Benzer, DER STANDARD - Printausgabe, 16. September 2010)

Bis 6. 11., Galerie Grita Insam
An der Hülben 3, 1010 Wien

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