Wiener Zeitung · Archiv


Kunstberichte

Leser tragen keine Karos

Aufzählung (cai)Die eigentliche Intimregion der Frau soll ja ihre Handtasche sein. Die soll der Freud gemeint haben mit dem "dunklen Kontinent". Ihr Tascherl hat die Cora Pongracz aber sowieso nicht vor uns ausgeleert. Sie hat in den freizügigen Siebzigerjahren lediglich .. . nein, pfui, die hat nicht ihre Bluse geöffnet, doch immerhin den Kleiderschrank. Und die Küchenkastln. Ob der dezente Expressionismus dort drin auf eine feministische Hausfrau hindeutet (weil sich bei mir daheim das Chaos halt direkt proportional zum Grad meiner Emanzipation verhält)? Hm.

Die vielen Gläser dürften ein Indiz für Geselligkeit sein. Zahllose unverkrampfte Fotos mit bekannten Gesichtern zeugen jedenfalls davon, dass Pongracz (am 29. September war ihr fünfter Todestag) mitten drin gewesen ist in der Intellektuellenszene. Arnulf Rainer und Dieter Roth hat sie gar bei einem Titanenkampf erwischt. Nur dass die keine Laserschwerter hatten, sondern triefende Pinsel. Womöglich die pantomimische Darstellung der heftigen Koalitionsverhandlungen zwischen Über-Ich (dem seriös gekleideten Roth) und Es, während das Ich in Opposition oder aufs Klo gegangen ist. Und wenn Reinhard Priessnitz in einem Ernst-Mach-Opus schmökert, wirkt sein philosophisch verklärtes Antlitz sehr authentisch. Typisch! Wenn die Marilyn Monroe den "Ulysses" liest (wie auf Eve Arnolds berühmtem Foto) unterstellt man ihr gleich, sie täusche den IQ nur vor (wie die Sally den Orgasmus). Weil sie einen Bikini anhat. Jessas: Der Bikini ist kariert! Und das Sakko vom Priessnitz gestreift! Ach, hat sicher eh nix zu bedeuten.

Wackeln wie Elvis

Aufzählung (cai)Ist das die nächste Generation des Hula-Hoop-Reifens? Jedenfalls kann man in die Käfige aus Stahlbändern "einsteigen" und wenn man dann das Becken wie Elvis ertüchtigt, wackeln diese Dinger. Oder man schubst sie mit der Hand an. Dass sie an die niedersten Spieltrieb-Instinkte appellieren, das stört mich gar nicht. Höchstens, dass dem Karl-Heinz Ströhle keine originelleren Formen als "Vasen" eingefallen sind.

Gabriele Senn Galerie

(Schleifmühlgasse 1) Cora Pongracz Bis 3. Oktober Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr Sa.: 11 – 15 Uhr

Galerie Chobot

(Domgasse 6) Karl-Heinz Ströhle Bis 18. Oktober Di. – Fr.: 13 – 18 Uhr Sa.: 11 – 16 Uhr

Dienstag, 30. September 2008

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