Querelen um fünf Schiele-Blätter
Albertina dürfte Restitution kaum verhindern können
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Ein inkriminiertes Blatt: "Selbstbildnis in weißem Anzug mit Panama-Hut" von 1910. Foto: Leopold Museum
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Von Christoph Irrgeher
"Neue Hinweise", die angeblich gegen Restitution sprechen, waren schon bekannt.
Wien.So
sehr sich Klaus Albrecht Schröder auch dagegen sträubt, fünf Blätter
von Egon Schiele zu restituieren: Der Kampf dürfte vergeblich sein.
Wobei sich der Albertina-Direktor zumindest derzeit über einen
Ausnahmefall freuen darf: Hatte der Rückgabebeirat zuletzt für eine
Restitution votiert, verlautete das Kulturministerium danach nicht wie
üblich, der Empfehlung zu folgen. Schröder, hieß es stattdessen, habe
mutmaßlich neue Quellen vorgelegt; das Gremium solle diese bewerten.
Jedoch: Wie Clemens Jabloner, Leiter des Beirats, der "Wiener
Zeitung" erklärt, handle es sich dabei nicht um Novitäten. Schröder habe
lediglich bekanntes Material neu gewichtet. Und: Es sei unrichtig, dass
sich der Beirat damit zu befassen habe. Allein er, sagt Jabloner, prüfe
nun Schröders Eingabe. Würde das Gremium jedem Zuruf von außen folgen,
wäre "eine geordnete Arbeit unmöglich". Er sei aber nicht erzürnt, dass
Ministerin Claudia Schmied dem Beirat nicht sofort folgte. Was sie
veranlasse, "liegt außerhalb meiner Sphäre".
Streitpunkt Schenkung
Brisant ist der Fall nicht nur für die Albertina. Auch im Leopold
Museum wurden Schiele-Blätter als restitutionswürdig erachtet, auch da
hieß der einstige Besitzer Karl Mayländer. Weil das Leopold Museum,
anders als die Albertina, aber keine staatliche Institution ist, fällt
es nicht unter das Rückgabegesetz. Um Restitutionsfälle dort dennoch
staatlich zu durchleuchten, prüft die sogenannte Michalek-Kommission.
Sie beschied im November, fünf Blätter wären zu restituieren, gehörten
sie dem Staat. Im Fall der Albertina entschied der Beirat – ohne
Hypothese – ebenso.
Der Kaufmann Karl Mayländer, 1872 in Wien geboren, ist 1941
deportiert und in einem KZ ermordet worden. Seine Kunstsammlung hat er
aller Wahrscheinlichkeit nach zwischen 1938 und 1941 Etelka Hofmann
geschenkt. Wie Diethard Leopold, Sohn von Museumsgründer Rudolf, erklärt
hat, verband Hofmann und Mayländer ein eheähnliches Verhältnis – womit
die Schenkung legitim gewesen sei. In einem Dossier des Ministeriums
wird dieses Verhältnis aber bezweifelt: Hofmann und Mayländer lebten
nicht an der gleichen Adresse, heißt es da etwa. Leopold konterte, dass
die Beziehung, weil Hofmann nicht jüdisch war, geheim gehalten werden
musste.
Für Jabloner ist es jedoch irrelevant, wie nah die beiden sich
standen: Die "überwältigende Kausalität" der Schenkung ist für ihn, dass
sie vor dem Hintergrund der Deportation stattfand.
Printausgabe vom Freitag, 17. Juni 2011
Online seit: Donnerstag, 16. Juni 2011 18:11:24