Salzburger Nachrichten am 14. Dezember 2005 - Bereich: Kultur
Politiker und Kulturpolitik HEDWIG KAINBERGER
Nein, man darf sich nicht beklagen, dass der für die Kultur zuständige
Staatssekretär des Bundeskanzlers zu wenig über Kulturpolitik sagt. Gibt
man in die elektronische Suchmaschine der APA die Begriffe "Morak" und
"Kulturpolitik" ein, so findet der Computer seit Jahresbeginn in 275.652
Meldungen immerhin 56, in denen beide Wörter vorkommen. Damit ist Franz
Morak zwar nicht Rekordhalter (diese Ehre gebührt dem Wiener
Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny mit 60 Treffern), doch immerhin
unter den Top 3. Moraks Vorgesetzter, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der in der
Bundesregierung für Kultur verantwortlich ist, bringt es heuer auf elf
Meldungen. Doch ach! Wer sich die Mühe macht, alle durchzuklicken, findet
kein einziges Zitat des Kanzlers zu Kulturpolitik. Meist stellen SPÖ-Politiker einen "Handlungsbedarf" des Bundeskanzlers
in Kulturpolitik fest. Oder es sprach jemand in Anwesenheit Schüssels
darüber - etwa Franz Morak Anfang April in der Budgetdebatte des
Nationalrats oder Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll bei
Eröffnung einer Ausstellung in Krems. Aber weder in der APA, noch in einer
elektronischen Presseaussendung findet sich ein meldenswerter "O-Ton" des
Chefs in der Chefsache. Weil wir schon beim prüfen sind, schauen wir uns
die Salzburger an. Also "Raus" und "Kulturpolitik": 3 Treffer. Eine Meldung - oje! -
berichtet vom Rücktritt Jürg Stenzls als Vorsitzender des Salzburger
Landeskulturbeirates. Damit wollte der Salzburger Musikwissenschafter
gegen die kulturpolitische Ignoranz der Landespolitiker protestieren. Die
beiden anderen Treffer sind leider Fehlmeldungen, denn einmal rief jemand
in Avignon "Minister raus", einmal sagte jemand "Auf Teufel komm raus".
Nein, das dürfen wir nicht mitzählen. Weiter zu "Burgstaller" und "Kulturpolitik": Ebenfalls drei Meldungen
in 347 Tagen, zwei davon ebenfalls wegen Stenzls Rücktritt, eine weil die
Grünen Burgstallers angebliches "Versagen der Kulturpolitik" kritisieren.
Leider ist jetzt zu wenig Platz, um alles zu schildern, was der
Kulturstaatssekretär in diesem Jahr so zur Kulturpolitik gesagt hat. Daher
hier unser Lieblingszitat, das Franz Morak anlässlich der Präsentation des
so genannten "Central & Eastern European Musiktheater" per
Presseaussendung publik machen ließ: "Kulturpolitik ist auch die
Organisation, die Deutung, die Ermöglichung von Zukunft durch die Kunst."
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