Der große Unbekannte

Chaim Soutines expressionistisches Werk war noch nie zuvor in Österreich zu sehen. Nun zeigt das Jüdische Museum ausgewählte Arbeiten des "großen Außenseiters" der Ecole de Paris.


Mit einer umfassenden Personale des französischen Expressionisten Chaim Soutine (1893-1943) begeht das Jüdische Museum der Stadt Wien sein zehnjähriges Bestandsjubiläum. Von 8. März bis 4. Juni werden im Palais Eskeles mehr als 40 Porträts, Landschaften und Tierstillleben des Künstlers erstmals in Wien zu sehen sein und einen "dichten, handverlesenen Überblick über sein Werk verschaffen", so der Kurator der Ausstellung, Tobias Natter, am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Soutine beeinflusste Nitsch

Chaim Soutine
Chaim Soutine
In Österreich ist Soutine, einer der bedeutendsten Vertreter der Ecole de Paris jüdischer Herkunft, derzeit in keiner Sammlung vertreten und war noch nie Gegenstand einer Ausstellung. Als ergänzender Kontrast werden in der Schau ausgewählte Arbeiten von Soutines Zeitgenossen Jean Egger und des Aktionisten Hermann Nitsch gezeigt, deren expressiver Stil von Soutine beeinflusst wurde. Vor allem die Tierstillleben, in denen Soutine etwa geschlachtete Ochsen thematisierte und, so Natter, "Bilder voller Brutalität und morbider Faszination" geschaffen habe, hätten Nitsch inspiriert.

Rettung aus bitterer Armut

Rinderkadaver, ca. 1925 (Zum Vergrößern Anklicken)
Rinderkadaver, ca. 1925 (Zum Vergrößern Anklicken)
Der 1893 im litauischen Smilowitschi geborene Soutine galt zu Lebzeiten als einer der großen Außenseiter der Kunst und lebte nach dem Verlassen des heimatlichen Stetls in seinen ersten Pariser Jahren in bitterster Armut. 1922 wurde er über Nacht schlagartig berühmt, als der amerikanische Milliardär Albert Barnes 52 Arbeiten des Künstlers erwarb.

Ab diesem Zeitpunkt hatte Soutine einen fixen Platz in der amerikanischen Galerieszene und war mehrfach in Gruppenausstellungen des New Yorker Museum of Modern Art (MOMA) vertreten. Zu einem großen Erfolg wurde auch 1935 eine Einzelausstellung im Chicago Arts Club. Heute werde Soutine, so Natter, "in einem Atemzug mit Chagall und Modigliani" genannt.

Nach Chaim Soutine sind im kommenden Jahr unter anderem dem Bauhäusler und Visionär Ludwig Hirschfeld-Mack oder der in Vergessenheit geratenen Künstlerin Ili Kronstein eine Ausstellung gewidmet, sowie den galizischen Juden in Wien.

Tipp:

"Chaim Soutine. Ein französischer Expressionist" im Jüdischen Museum der Stadt Wien, Palais Eskeles, 1010 Wien, Dorotheergasse 11, von 8. März bis 4. Juni. Geöffnet von Sonntag bis Freitag von 10.00 bis 18.00 Uhr, donnerstags von 10.00 bis 20.00 Uhr. Eintrittspreis: 70 Schilling. Informationen unter 01/5350431-25. Tag der Offenen Tür am Sonntag, den 12. März, von 10.00 bis 18.00 Uhr

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