Die Rudolf-Leopold-Privatstiftung, die der Sammler
Leopold gemeinsam mit der Republik Österreich gegründet hat und verwaltet,
besitzt rund 190 Schiele-Arbeiten auf Papier - Aquarelle, Zeichnungen,
auch einige Drucke. Empfindliche Blätter, die zumeist in Mappen lagern,
weil sie Tageslicht gefährdet.
In periodischen Wiederholungen werden sie ans gedämpfte
Kunstlicht geholt. "Egon Schiele - Zeichnungen und Aquarelle" heißt die
Schau, die bis Ende März im zweiten Untergeschoß des Neubaus im
Museumsquartier zu sehen ist. Bis 6. Jänner sind noch in einem größeren
Saal daneben Leopolds Kubin-Blätter ausgestellt. Miteinander ein
Attraktion für Kunstfreunde ohne ihresgleichen! Beste Schiele-Blätter
werden heute auf internationalen Auktionen für bis zu 100.000 Euro
zugeschlagen.
Was hat Rudolf Leopold an bisher kaum bekannten Bildern
aus seinen Mappen ausgewählt? Der "Nackte Knabe" (1908) liegt auf einer
wie von Klimt gemalten Sofaplane. Eine Verneigung vor einem der
Lehrmeister. 1910/11 hat Schiele sich schon ganz selbständig vom
Sezessionismus gemacht. Das "Kind mit angelehntem Kopf" und das "Mädchen
mit geneigtem Kopf" weisen schon auf das Gemälde "Die tote Mutter" hin -
wo ebenso der Kopf auf einer Schulter ruht. Ein ergreifendes Sujet: ein
Neugeborenes in breiter Rotskala. Witzig ein gezeichnetes Selbstporträt
mit einem Schnurrbärtchen, zum Fürchten schön die Selbstdarstellung als
bunter Halbakt - beide 1911.
Drei dralle Frauenakte mit bestechend genauer
Umrißzeichnung und signalroten Farbakzenten wirken weniger lasziv als das
Bild eines Mädchens, das als gar nicht zu verstehen scheint, daß es als
Verführerin posiert. Man sieht Schieles Gefährtinnen Edith und Gerti
porträtiert und den Sammler Arthur Rössler - als Dandy sich körperlich
verbiegend wie Erich Lederer, der später eine der großen
Klimt-Schiele-Kollektionen zusammengetragen hat.
Krumau, die Stadt, wo seine Mutter herkam, hat Schiele
oft gemalt. Nun ist eine mit Bleistift gezeichnete Stadtansicht
ausgestellt, die mit einem Raster überzogen ist - das sind Hilfslinien zum
Übertragen auf eine größere Leinwand.
Während der Weltkriegsjahre tat Schiele in der Etappe
Kriegsdienst. In Südtirol, in Niederösterreich. Er hat alte Häuser
gezeichnet und russische Kriegsgefangene porträtiert - mongolische Züge
prägen einen Russen auf einem außerordentlichen Blatt.
Zum Abschluß aus dem Sterbejahr 1918 ein "Sitzendes
Mädchen" souverän, unaufgeregt wie von Picasso gezeichnet, und das Plakat
der 49. Secessionsausstellung - Schiele größter und letzter Erfolg. hai
Bis 31. März täglich außer Dienstag 10 bis 19 Uhr,
Freitag bis 21 Uhr, am 24. und 31. Dezember geschlossen.
www.leopoldmuseum.at
© Die Presse | Wien