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23.12.2002 - Ausstellung
Aus Rudolf Leopolds Schiele-Blätter-Schatz
Ins Wiener Museumsquartier locken rund vierzig kaum bekannte Zeichnungen und Aquarelle in einer Sonderausstellung im Leopold-Museum.


Die Rudolf-Leopold-Privatstiftung, die der Sammler Leopold gemeinsam mit der Republik Österreich gegründet hat und verwaltet, besitzt rund 190 Schiele-Arbeiten auf Papier - Aquarelle, Zeichnungen, auch einige Drucke. Empfindliche Blätter, die zumeist in Mappen lagern, weil sie Tageslicht gefährdet.

In periodischen Wiederholungen werden sie ans gedämpfte Kunstlicht geholt. "Egon Schiele - Zeichnungen und Aquarelle" heißt die Schau, die bis Ende März im zweiten Untergeschoß des Neubaus im Museumsquartier zu sehen ist. Bis 6. Jänner sind noch in einem größeren Saal daneben Leopolds Kubin-Blätter ausgestellt. Miteinander ein Attraktion für Kunstfreunde ohne ihresgleichen! Beste Schiele-Blätter werden heute auf internationalen Auktionen für bis zu 100.000 Euro zugeschlagen.

Was hat Rudolf Leopold an bisher kaum bekannten Bildern aus seinen Mappen ausgewählt? Der "Nackte Knabe" (1908) liegt auf einer wie von Klimt gemalten Sofaplane. Eine Verneigung vor einem der Lehrmeister. 1910/11 hat Schiele sich schon ganz selbständig vom Sezessionismus gemacht. Das "Kind mit angelehntem Kopf" und das "Mädchen mit geneigtem Kopf" weisen schon auf das Gemälde "Die tote Mutter" hin - wo ebenso der Kopf auf einer Schulter ruht. Ein ergreifendes Sujet: ein Neugeborenes in breiter Rotskala. Witzig ein gezeichnetes Selbstporträt mit einem Schnurrbärtchen, zum Fürchten schön die Selbstdarstellung als bunter Halbakt - beide 1911.

Drei dralle Frauenakte mit bestechend genauer Umrißzeichnung und signalroten Farbakzenten wirken weniger lasziv als das Bild eines Mädchens, das als gar nicht zu verstehen scheint, daß es als Verführerin posiert. Man sieht Schieles Gefährtinnen Edith und Gerti porträtiert und den Sammler Arthur Rössler - als Dandy sich körperlich verbiegend wie Erich Lederer, der später eine der großen Klimt-Schiele-Kollektionen zusammengetragen hat.

Krumau, die Stadt, wo seine Mutter herkam, hat Schiele oft gemalt. Nun ist eine mit Bleistift gezeichnete Stadtansicht ausgestellt, die mit einem Raster überzogen ist - das sind Hilfslinien zum Übertragen auf eine größere Leinwand.

Während der Weltkriegsjahre tat Schiele in der Etappe Kriegsdienst. In Südtirol, in Niederösterreich. Er hat alte Häuser gezeichnet und russische Kriegsgefangene porträtiert - mongolische Züge prägen einen Russen auf einem außerordentlichen Blatt.

Zum Abschluß aus dem Sterbejahr 1918 ein "Sitzendes Mädchen" souverän, unaufgeregt wie von Picasso gezeichnet, und das Plakat der 49. Secessionsausstellung - Schiele größter und letzter Erfolg. hai

Bis 31. März täglich außer Dienstag 10 bis 19 Uhr, Freitag bis 21 Uhr, am 24. und 31. Dezember geschlossen.

www.leopoldmuseum.at



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