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15.11.2001 - Ausstellung
Klimt und Schiele in der Belle Etage
Ronald S. Lauder eröffnet am Freitag an New Yorks Museumsmeile ein Haus für die deutsche und österreichische Moderne.
VON HANS HAIDER


Eine Preview am letzten Sonntag mit 800 Gästen, Spezialführungen für den deutschen Bundespräsidenten Rau, Österreichs Bundeskanzler Schüssel und Außenministerin Ferrero-Waldner: New York fand nach den furchtbarsten Wochen seiner Geschichte einen Anlaß, aufzuatmen, sich dem scheinbar unnötigen Schönen zu widmen.

Es trägt den deutschen Namen "Neue Galerie" - so nannte der Schiele-Händler Otto Kallir seine Galerie in der Grünangergasse -, füllt an der Fifth Avenue zwischen dem Metropolitan und dem Guggenheim Museum ein Gründerzeit-Palais aus Vanderbilt-Besitz und ist ein "Museum für German and Austrian Art".

"Neue Welten - deutsche und österreichische Kunst (1890 bis 1940) wird zur Eröffnung gezeigt. Also Wien, Berlin, Dresden, München, Weimar, Dessau, ja auch Prag und Budapest. Dieser Transfer begann spätestens mit der Ausstellung "entarteter" Kunst in München 1937. Künstler wie Beckmann, Feininger, Moholy-Nagy fanden in den USA eine neue Heimat, von den Nazis vertriebene Sammler brachten Bilder mit. Emigranten halfen als Kunsthändler, Österreichs und Deutschlands Stolz in Amerika zu etablieren.

Einer war von der Idee besessen (er schämte sich nicht für dieses Wort), ein Museum für "seinen" Klimt und Schiele sowie für deutschen Expressionismus aufzubauen: Serge (Siegfried) Sabarsky, geboren 1912 in Wien, über Paris nach New York geflüchtet, seit den 60er Jahren Galerist an der Madison Avenue, begeisterter Sammler, bald auch Organisator von Ausstellungen in aller Welt. 1993, drei Jahre vor seinem Tod, fand er mit seinem Partner Ronald S. Lauder das Haus Ecke Fifth Avenue/86th Street.

"Dieses Museum ist Serges Vision gewidmet, seiner Liebe zur Kunst und unserer Freundschaft", schreibt der Unternehmer, Sammler, Ex-Botschafter und nun Präsident des Museums im Vorwort des 600-Seiten-Katalogs. Ein kunstwissenschaftliches Großunternehmen und künftiges Standardwerk! Herausgeberin ist die Direktorin der Neuen Galerie, Renée Price - sie hat in Wien studiert und bei Sabarsky gearbeitet.

Wiener "Café Sabarsky"

Drei Dutzend Spezialisten haben für die einzelnen Künstler deren Rezeptionsgeschichte in Amerika rekonstruiert. Man findet darin Beiträge von Rudolf Leopold, Gerbert Frodl, Burkhardt Rukschio, Wolfgang Georg Fischer - sowie penible Provenienz-Nachweise.

Hinter den aktuellen Besitzvermerken "Privatsammlung New York" bzw. "Neue Galerie" ist zurecht der Sammler Lauder zu vermuten. Er hat Sabarsky in dessen letzten Lebensjahren viele Käufe finanziert. Sabarsky saß auf einem reichen Schatz an Arbeiten auf Papier, hatte aber relativ wenige Ölbilder. Manche mußten zur Bezahlung der Erbschaftssteuer in den Handel - Lauder holte sie bei Auktionen zurück.

Sabarsky lebt weiter im "Café Sabarsky", das im wienerischen Stil im größten Saal des Hochparterres eingerichtet ist. Der Stammgast im Wiener Imperial hätte gewiß seine Freunde an der gediegenen Ausstattung mit Bugholzmöbeln und Tapezierertuch, das nach Mustern Otto Wagners gewebt wurde. Auch den Bücher- und Design-Laden (Wiener Werkstätten!) hat schon Sabarsky selber konzipiert.

Im Stiegenhaus begrüßt eine viele Quadratmeter große Photographie der Wiener Secession die Besucher (Lauder hat vor 15 Jahren die Neuvergoldung der Kuppel finanziert). In der Belle Etage finden sich Klimt-, Schiele-, Kokoschka-Gemälde, in einem abgedunkelten Saal die Arbeiten auf Papier - darunter Sabarskys schönste Schiele-Blätter und auch Höhepunkte aus Kubins frühstem Schaffen.

Aus Lauders Otto- Wagner-Kollektion: Möbel aus der Wagner-Wohnung, aus dem Depeschenbüro der "Zeit", aus der Postsparkasse. Von Adolf Loos ein "Knieschwimmer" genanntes kurioses Lese-Fauteuil. Und jede Menge Kolo Moser und Hoffmann bis hin zum Schmuck. Der ganze zweite Stock: deutsche Expressionisten, vorrangig Ölbilder (Lembruck, Corinth, Brücke, Blauer Reiter, Dada, Neue Sachlichkeit, Bauhaus), dazu auch Kunstgewerbe und Architektur.

Im Frühjahr wird diese Etage die erste Sonderausstellung aufnehmen, die Tobias Natter vorbereitet, der sich dafür als Kustos für ein Jahr von der Österreichischen Galerie beurlauben ließ: die Kokoschka-Porträtgemälde bis 1914.

www.neuegalerie.org



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