Eine Preview am letzten Sonntag mit 800 Gästen,
Spezialführungen für den deutschen Bundespräsidenten Rau, Österreichs
Bundeskanzler Schüssel und Außenministerin Ferrero-Waldner: New York fand
nach den furchtbarsten Wochen seiner Geschichte einen Anlaß, aufzuatmen,
sich dem scheinbar unnötigen Schönen zu widmen.
Es trägt den deutschen Namen "Neue Galerie" - so nannte
der Schiele-Händler Otto Kallir seine Galerie in der Grünangergasse -,
füllt an der Fifth Avenue zwischen dem Metropolitan und dem Guggenheim
Museum ein Gründerzeit-Palais aus Vanderbilt-Besitz und ist ein "Museum
für German and Austrian Art".
"Neue Welten - deutsche und österreichische Kunst (1890
bis 1940) wird zur Eröffnung gezeigt. Also Wien, Berlin, Dresden, München,
Weimar, Dessau, ja auch Prag und Budapest. Dieser Transfer begann
spätestens mit der Ausstellung "entarteter" Kunst in München 1937.
Künstler wie Beckmann, Feininger, Moholy-Nagy fanden in den USA eine neue
Heimat, von den Nazis vertriebene Sammler brachten Bilder mit. Emigranten
halfen als Kunsthändler, Österreichs und Deutschlands Stolz in Amerika zu
etablieren.
Einer war von der Idee besessen (er schämte sich nicht
für dieses Wort), ein Museum für "seinen" Klimt und Schiele sowie für
deutschen Expressionismus aufzubauen: Serge (Siegfried) Sabarsky, geboren
1912 in Wien, über Paris nach New York geflüchtet, seit den 60er Jahren
Galerist an der Madison Avenue, begeisterter Sammler, bald auch
Organisator von Ausstellungen in aller Welt. 1993, drei Jahre vor seinem
Tod, fand er mit seinem Partner Ronald S. Lauder das Haus Ecke Fifth
Avenue/86th Street.
"Dieses Museum ist Serges Vision gewidmet, seiner Liebe
zur Kunst und unserer Freundschaft", schreibt der Unternehmer, Sammler,
Ex-Botschafter und nun Präsident des Museums im Vorwort des
600-Seiten-Katalogs. Ein kunstwissenschaftliches Großunternehmen und
künftiges Standardwerk! Herausgeberin ist die Direktorin der Neuen
Galerie, Renée Price - sie hat in Wien studiert und bei Sabarsky
gearbeitet.
Wiener "Café Sabarsky"
Drei Dutzend Spezialisten haben für die einzelnen
Künstler deren Rezeptionsgeschichte in Amerika rekonstruiert. Man findet
darin Beiträge von Rudolf Leopold, Gerbert Frodl, Burkhardt Rukschio,
Wolfgang Georg Fischer - sowie penible Provenienz-Nachweise.
Hinter den aktuellen Besitzvermerken "Privatsammlung New
York" bzw. "Neue Galerie" ist zurecht der Sammler Lauder zu vermuten. Er
hat Sabarsky in dessen letzten Lebensjahren viele Käufe finanziert.
Sabarsky saß auf einem reichen Schatz an Arbeiten auf Papier, hatte aber
relativ wenige Ölbilder. Manche mußten zur Bezahlung der Erbschaftssteuer
in den Handel - Lauder holte sie bei Auktionen zurück.
Sabarsky lebt weiter im "Café Sabarsky", das im
wienerischen Stil im größten Saal des Hochparterres eingerichtet ist. Der
Stammgast im Wiener Imperial hätte gewiß seine Freunde an der gediegenen
Ausstattung mit Bugholzmöbeln und Tapezierertuch, das nach Mustern Otto
Wagners gewebt wurde. Auch den Bücher- und Design-Laden (Wiener
Werkstätten!) hat schon Sabarsky selber konzipiert.
Im Stiegenhaus begrüßt eine viele Quadratmeter große
Photographie der Wiener Secession die Besucher (Lauder hat vor 15 Jahren
die Neuvergoldung der Kuppel finanziert). In der Belle Etage finden sich
Klimt-, Schiele-, Kokoschka-Gemälde, in einem abgedunkelten Saal die
Arbeiten auf Papier - darunter Sabarskys schönste Schiele-Blätter und auch
Höhepunkte aus Kubins frühstem Schaffen.
Aus Lauders Otto- Wagner-Kollektion: Möbel aus der
Wagner-Wohnung, aus dem Depeschenbüro der "Zeit", aus der Postsparkasse.
Von Adolf Loos ein "Knieschwimmer" genanntes kurioses Lese-Fauteuil. Und
jede Menge Kolo Moser und Hoffmann bis hin zum Schmuck. Der ganze zweite
Stock: deutsche Expressionisten, vorrangig Ölbilder (Lembruck, Corinth,
Brücke, Blauer Reiter, Dada, Neue Sachlichkeit, Bauhaus), dazu auch
Kunstgewerbe und Architektur.
Im Frühjahr wird diese Etage die erste Sonderausstellung
aufnehmen, die Tobias Natter vorbereitet, der sich dafür als Kustos für
ein Jahr von der Österreichischen Galerie beurlauben ließ: die
Kokoschka-Porträtgemälde bis 1914.
www.neuegalerie.org
© Die Presse | Wien