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Kunstberichte

Die Generali Foundation widmet sich mit Ree Morton einer in Europa weitgehend unbekannten Künstlerin

Zierliche Grüße aus der Urhütte

Installationskunst, die das Rituelle nicht verschmäht: Ree Mortons Werk "To Each Concrete Man" aus dem Jahr 1974. Foto: Markus Wörgötter, Courtesy Generali Foundation, Wien

Installationskunst, die das Rituelle nicht verschmäht: Ree Mortons Werk "To Each Concrete Man" aus dem Jahr 1974. Foto: Markus Wörgötter, Courtesy Generali Foundation, Wien

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Aufzählung Sie ist eine Spätberufene und Frühverstorbene: Zur Entfaltung ihres Werkes blieb der Amerikanerin Ree Morton (1936-1977) nur ein knappes Jahrzehnt Zeit – nun widmet die Generali Foundation der in Europa nahezu unbekannten Künstlerin eine Schau.

Zwar schon als Kind voller Forschergeist an Ameisenhaufen oder Käfern interessiert, führte die familiäre Missdeutung der Begabung zu einer Ausbildung als Krankenschwester. Danach heiratete Morton einen Marineoffizier, und erst nach der Geburt ihrer drei Kinder konnte sie eine künstlerische Ausbildung absolvieren. Morton entfaltete eine rege Ausstellungstätigkeit und bekam Preise und Stipendien. Im Alter von 40 Jahren starb sie an den Folgen eines Verkehrsunfalls.

Erwerbungswettkampf um Mortons Bücher

Nicht nur biografisch eine Parallele zu Robert Smithson, der jung mit dem Flugzeug abstürzte: Auch Morton hatte am Rande mit Land Art zu tun, und wie Smithson befasste sie sich in Notizbüchern, bereits vor der Postmoderne, mit der Geschichte der Kunst.

Dabei waren für sie der Kunsthistoriker Rudolf Arnheim wesentlich, aber auch Philosophen wie Ludwig Wittgenstein oder Theatermacher wie der Pole Jerzy Grotowski und seine Theorie des "armen Theaters".

Dass Mortons Werk heute wieder interessant ist und um ihre Notizbücher ein regelrechter Erwerbungswettkampf der Museen entbrannt ist, mag vor allem aus ihrer kritischen Haltung gegenüber der Strenge der Konzeptkunst und des Minimalismus resultieren. Vielleicht liegt es auch an den ethnografischen und philosophischen Themen, die für die 70er typisch waren, sicher aber nicht zuletzt an der Ironie, mit der sie ans Werk ging.

Mortons Raum vermessende Installationen erinnern nicht zufällig an altindianische Kulturen, es sind strukturelle Kartografien, die neben der Sprache und analytischen Zeichensystemen auch dem Rituellen und Poetischen Raum gewähren. Nicht zufällig interessierte sich Morton wie die Architekten für die Theorie von der "Urhütte" und arbeitete mit hölzernen Fundstücken oder Baumstämmen. "To Each Concrete Man" (1974) oder "Sister Perpetua’s Lie" (1973) wurden nach Fotografien aus ihren Ausstellungen rekonstruiert. Im Katalog wird auch eine Analyse ihrer Schriften folgen. Zu den anfangs mystisch anmutenden Räumen kommen in der Generali-Ausstellung Filme, Fotos und Mortons heitere Werkserien zu Wortspielen und Ornamenten (1974-75).

Ein Gefühl von Leichtigkeit bleibt

Die bunten Objektbilder aus textilen Maschen oder Mortons Kommentare zu "Manipulations of the Organic" sind ironisch – selbst wenn die Künstlerin einst den Ausruf tat: "It seems to me, that things have to be more serious." Was Morton mit einem ernsthaften Weiterleben des Ornaments neben der kargen Strenge der Minimal-Art meinte, konnte sie leider nicht mehr zeigen. Es bleibt, trotz intellektuellem Unterton, aber das Gefühl von einer Leichtigkeit des Seins.

Aufzählung Ausstellung

Ree Morton

Sabine Folie, Ilse Lafer (Kuratorinnen) Generali Foundation im Foundationsquartier Wiedner Hauptstraße 15, 1040 Wien Bis 1. März

Printausgabe vom Mittwoch, 07. Jänner 2009

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