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Verschollene Beutekunst wieder aufgetaucht

07.11.2008 | 15:33 |  (DiePresse.com)

Mehr als 80 verschollene Gemälde aus einem Museum in Aachen wurden in der Ukraine entdeckt. Dort will man sie allerdings behalten: Als "Kompensation für eigene Verluste" im Zweiten Weltkrieg.

Es könnte die größte Beutekunst-Entdeckung der vergangenen Jahrzehnte sein: 87 Gemälde des Aachener Suermondt-Ludwig-Museums, die seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen waren, sollen gefunden worden sein. Das berichtet das ZDF-Kulturmagazin "aspekte". Ein deutscher Tourist sei zufällig bei einem Besuch des Kunstmuseums in derukrainischen Stadt Simferopol auf die Werke gestoßen, teilte das ZDF am Donnerstag mit. Die Gemälde waren seinerzeit aus ihrem ostdeutschen Auslagerungsort Meißen verschwunden.

Durften erst 2007 gezeigt werden

Die Ausstellung in Simferopol kläre auf einer Informationstafel über die Herkunft der Bilder auf. Demnach hätten diese Gemälde mehr als 60 Jahre lang nicht gezeigt werden dürfen, dem Museum sei es jedoch 2007 von staatlicher Stelle gestattet worden, sie öffentlich zu präsentieren.

Der Direktor des Suermondt-Ludwig-Museums, Peter van den Brink, sagte im "aspekte"-Interview, das Wiederauftauchen der Bilder sei "eine unglaubliche Überraschung". Allerdings müsse noch geprüft werden, ob tatsächlich jedes der 87 Gemälde aus Aachen stammt. Einige Kunstwerke wie Beispiel Johann Hülsmanns "Musikalische Gesellschaft" oder Pedro Orrentes' "Johannes der Täufer" hätten bereits als Bestandteile der Aachener Sammlung identifiziert werden können. "Langfristig wollen wir unsere Bilder natürlich zurück, das ist klar", sagte van den Brink.

Keine Rückgabe, keine Verhandlungen

Das Kunstmuseum von Simferopol auf der Halbinsel Krim will die Beutekunst aus dem Zweiten Weltkrieg nicht zurückgeben. Die in den Kriegswirren auf die Krim gelangten Kunstwerke seien nach ukrainischem Gesetz als Kompensation für eigene Verluste zu betrachten, sagte eine Sprecherin des Museums am Freitag. DieGemälde stammten zum Teil aus dem Aachener Suermondt-Ludwig-Museum sowie der Eremitage in St. Petersburg, hieß es in Simferopol.

Die Museumsleitung in Simferopol habe auch nicht die Absicht, über eine Rückgabe der Kunstwerke mit den Deutschen zu verhandeln. Das sei gemäß den geltenden Gesetzen nicht vorgesehen, sagte die Sprecherin. Das Kunstmuseum in Simferopol habe vor Beginn des Zweiten Weltkriegs eine der größten Sammlungen westeuropäischer Kunst innerhalb der Sowjetunion mit mehr als 2.000 Werken besessen. Fast die komplette Sammlung sei im Krieg bei Luftangriffen der Deutschen auf die Krim zerstört worden, erklärte die Museumsmitarbeiterin.

Sendung "aspekte" will in der Sendung am heutigen Freitag (22.35 Uhr) über den Fall berichten.


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