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M it über zehn Metern dominiert Wang Dus kindisch-groteske
Kriegs-Plastik die aktuelle Aus stellung in der Wiener Kunsthalle. Nur,
was passiert, wenn die Ausstellung abgebaut, die Kunst wieder eingepackt
wird? Das Trum landet in Kisten, verschwindet, ist nicht mehr greifbar -
unsicher, ob es je wieder an die Öffentlichkeit gezerrt wird. Was aber
machen mit Grenzen sprengenden Bildern, Installationen, Skulpturen? Nach
Besichtigung wegschmeißen? Da bebt die Kunstwelt. Also lieber
sicherheitshalber bunkern. Irgendwo, meist im Keller.
Irgendwo war der einflussreichen privaten Basler
Emanuel-Hoffmann-Stiftung für ihre 650 Werke zählende Sammlung
zeitgenössischer Kunst aber nicht genug. Das "Schaulager" wurde
entwickelt, der Prototyp eines genial einfachen Konzepts, das sich
zwischen Museum und Lagerhaus nicht entscheiden muss und die weltweite
Kunst-Verdauung revolutionieren könnte. Im Mai wurde der eindrucksvolle
Bau der Star-Architekten Herzog & de Meuron am Rande der Stadt, im
Industrieareal Dreispitz, eröffnet. Wie direkt aus dem Boden erwachsen
richtet sich der archaische Kubus 30 Meter hoch auf, seine groben Wände
sind mit dem Kies und Lehm betoniert, der beim Aushub anfiel. Nur zwei
rissartige Lichtschlitze lassen Licht ins Innere. Vier Monate im Jahr wird
das "Schaulager" öffentlich zugänglich sein, allerdings nur 3.000 von
15.000 Quadratmetern, auf denen im Erdgeschoß Sonderausstellungen
stattfinden. Begonnen wurde mit einer schon lang überfälligen
Dieter-Roth-Personale.
Doch der Hauptzweck ist ein wissenschaftlicher. Das
9.000-Quadratmeter-Lager ist nur für Fachleute zugänglich. Durch drei
Stockwerke ziehen sich lange, steril weiße Gänge, links und rechts
verschlossene Kojen. Es atmet ein wenig Leichenschauhaus. Aber immerhin
gibt es etwas zum Schauen: Keine Kunst in Kisten, sondern aufgebaut und
gehängt. Ein Depot, das Kunst nicht verstümmelt, sondern atmen lässt -
wenn auch auf begrenztem Raum. Manche Installationen wie der monumentale,
bedrohliche "Rattenkönig" von Katharina Fritsch bekamen ihr eigenes
Refugium. Und auch ein wenig Mythos wird gepflegt: Neugierig durch Kojen
streifen ist verboten, der ausgehändigte Schlüssel öffnet immer nur die
Pforte für das eine gewünschte Kunstwerk. Ein wenig Event in einer
luxuriösen Institution, die sich der Quote gelangweilt verweigern darf.
Das traditionelle bürgerliche Engagement in Basel macht es möglich. In
Wien bleibt die Kunst im Keller.
© Die Presse | Wien
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