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24.12.2002 - Ausstellung
AUSGESTELLT IN WIEN von JOHANNA HOFLEITNER


Splitter Art. Nahezu komplementär sind die beiden Arbeiten, die Angelika Kaufmann hier zusammen installiert hat: Dunkel, zackig skulptural die eine. Licht, Flächen auslotend die andere. Konkreter: Einmal eine zwei Meter lange Schriftzeile, bestehend aus verschieden großen Fragmenten von Blindbänden, dicht an dicht an die Wand genagelt, als sollten sie zusammen einen Text ergeben, dessen Geheimnis nicht gelüftet werden will. Über Eck dann Zeichen-Blätter, deren Chiffre sich auf den ersten Blick nicht kundtun möchte. Erst ein kleiner Handzettel weist die codierten Zeichen als Texte aus Friederike Mayröckers "Zittergaul" aus. Angelika Kaufmann stellt hier ihre zentralen Themen vor: die Textzerlegung und die Erkundung der "Grenzen des Alphabets". Damit greift sie, die immer wieder auch die Zusammenarbeit mit Schriftstellerinnen sucht (aktuell mit Elfriede Gerstl) nicht nur eine ewige Frage der Literatur auf, sondern führt auch fort, was die Konkrete Poesie auf literarischer und sprachphilosophischer Grundlage analysiert hat - mit dem feinen Unterschied, daß Kaufmanns Zugang der einer Bildkünstlerin ist (I., Salvatorgasse 10; bis 10. Jänner 2003).

Kunstbuero. Auch in den Arbeiten des jungen Südtirolers Siggi Hofer spielt Sprache eine wichtige Rolle. Allerdings ist sie für ihn, neben Aquarell, Zeichnung und Collage - die er stets kombiniert - ebenso Medium des Appells wie der Mitteilung. "Ohne Harmonie" heißt sein tagebuchartig angelegter Zyklus von Papierarbeiten, die sich zueinander wie Puzzlesteine verhalten: eins gibt das andere, erweitert das Verständnis, trägt bei zur Schaffung einer Atmosphäre der Desillusionierung. Gleich zur Einstimmung muß man sich durch eine besprühte Plastikplane wühlen, um Zutritt zur Ausstellung zu erlangen. Dahinter dann die Blätter: Das erste erzählt von einer "Demonstrationsvorbereitung". "Träumen wir uns ins Paradies" steht auf einem anderen geschrieben - eingefügt in ein Transparent, das zwei schlaksige Männer halten. Im Hintergrund der Zeitungsausschnitt eines zerbombten Hochhauses und die zartgemalte Andeutung einer Landschaft. Ein Video hält die Aktion des Schreibens fest: HELP malt Hofer auf eine Scheibe. Schließlich noch eine Ansammlung kleiner bemalter Tonhäuschen, fürs erste nett wie Spielzeug- oder Lebkuchenhäuser, dann aber erweist sich auch diese Idylle als trügerisch (VI., Schadekgasse 6-8; bis 15. Jänner 2003).



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