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Wirbel um falschen Strich auf Picasso in Tübingen

Kunstforum Wien weist Vermutungen zurück, der Schaden könnte bei Wiener Ausstellung entstanden sein.

Tübingen (APA) - Ein falscher Strich auf einem Bild von Pablo Picasso (1881-1973) sorgt für erheblichen Wirbel in der Kunsthalle Tübingen. Die Herkunft des Strichs sei ungewiss, erklärte eine Sprecherin des Museums am Donnerstag zu einer Meldung des Stuttgarter Radiosenders "Antenne 1". Eine Restauratorin habe den Strich entdeckt, als die Werke für die Ausstellung "Figur und Porträt" am 15. Jänner ausgepackt wurden. Die Bilder waren zuvor im Wiener Kunstforum zu sehen gewesen. Zwischen Tübingen und Wien wird jetzt darum gestritten, wer für den Schaden aufkommen muss.

Entgegen ersten missverständlichen Angaben der Kunsthalle handelt es sich bei dem fraglichen Werk um das Ölgemälde "Paar" (1970) und nicht um die Bleistiftzeichnung "Das Paar" (1906). Dies stellte am Donnerstag der Tübinger Direktor Götz Adriani klar. "Der Schaden ist nicht in Tübingen entstanden, kann aber auch in Wien nicht entstanden sein", sagte Adriani. Denn dieselbe Restauratorin habe das Bild bereits vor dem Transport nach Tübingen protokolliert. Der farbige Strich sei etwa 1,5 Zentimeter lang. "Der Schaden ist nicht sehr hoch", sagte Adriani.

Picassos Enkel Bernard Picasso, dem die selten gezeigten Bilder gehören, hatte vor Beginn der Ausstellung besondere Sicherheitsvorkehrungen angeordnet. Unter anderem durften keine Kinder mit Mal-Utensilien in die Ausstellung kommen. Aus diesem Grunde wird nun spekuliert, ob der Strich von einem Kind stammen könnte. Dagegen betonte die Sprecherin der Kunsthalle: "Wir können nicht sagen, dass der Strich von einem Kind kommt."

Das Kunstforum wies Vermutungen zurück, der Schaden sei bei der Präsentation in Wien entstanden. "Wir können über Versicherungsbestätigungen und Protokolle der Restauratoren beweisen, dass das Gemälde unser Haus in einwandfreiem Zustand verlassen hat", sagte Forumssprecher Wolfgang Lamprecht. "Ein Schaden dieser Größenordnung wäre auf jeden Fall aufgefallen und unverzüglich gemeldet worden. Es ist ungewöhnlich, dass der Schaden erst jetzt, Monate nach dem Ende der Ausstellung in Wien, auftaucht. Ich bin mit Bernard Picasso und der Picasso Stiftung in Kontakt. Auch dort war bis gestern nichts bekannt über einen Schaden".

Das Bild zeigt einen Musketier mit Degen, eine barbusige Frau und einen Vogel. Das Gemälde in der Größe 195 mal 130 Zentimeter war in Wien von September 2000 bis Juli 2001 zu sehen. Nach Darstellung des Privatsenders "Antenne 1" hat das Bild "Paar" einen Wert von etwa 2,5 Millionen Euro.
2002-03-14 16:48:28