Rot war die Farbe seines Lebens
Gudrun Weinzierl Salzburg (SN). Mit seiner fast ausschließlichen Beschränkung auf die Farbe Rot galt Markus Prachensky seit Mitte der 1950er-Jahre als der radikalste und kompromissloseste Maler der österreichischen Nachkriegsavantgarde. Er hat Rot in allen seinen Facetten und Wirkungen, gelegentlich kombiniert mit Grün, Blau, Violett, sichtbar gemacht und in seinen Bilderfolgen eine andere Welt geschaffen. Rot legte die breite Spur von einer anfänglich rein gestischen, abstrakten Haltung, von konstruktivistischen, geometrischen Form- und Farbfeldversuchen hinüber zum Naturbezug und den Reiseerfahrungen. Rot war auch seine „Peinture liquide“, seine nur zwei Mal in Wien und in Aschaffenburg durchgeführten Farbschüttungen in riesenhaftem Ausmaß, die er vor Hermann Nitsch praktizierte. Rot brachte ihm das Schimpfwort eines „Blutsuppenmalers“ ein.
Seit den 1960er-Jahren aber hat Markus Prachensky zumeist Bilder seiner auf vielen Reisen erlebten Eindrücke geschaffen. Was in den dicken Pinselstrichen und -schlägen, in den keineswegs zufälligen Farbspritzern sichtbar wird, sind „In-Bilder“ und nicht „Abbilder“, sind Landschafts- und Architekturbilder aus Kalifornien, Südfrankreich, Korsika, Sardinien, aus Indien oder Bali.
Die Auswahl der in der Salzburger Galerie Welz gezeigten 26 Gemälde hat der 79-jährige Künstler noch selbst getroffen, kurz vor seinem Tod am 16. Juli. Die Werke – Acrylmalerei auf Leinwand oder Büttenpapier – entstammen vier Zyklen, die zwischen 2003 und 2009 entstanden sind. Sie sind stets mit dem Namen eines Landstrichs bezeichnet. Die Bilder von „Korsika Bebop“ (2008) seien, schrieb Prachensky, als eine Reminiszenz an die Klippen Korsikas und die Zeit als er Bebop hörte, entstanden: „Bebop war die Musik, die ich in den späten Vierzigerjahren hörte, (. . .) das war für mich, nach dem Chaos der Naziherrschaft und des Krieges, eine stark ordnende Kraft.“
Die roten Porphyrfelsen der L’Ile Rousse oder von La Scandola sind ein dramatischer Flecken Erde, in den roten und violett-blauen aufragenden und gekrümmten, dicken Pinselstrichen reagiert Prachensky auf eine vergangene Wahrnehmung. Auch in der Serie „Farnesina Dixie“ (2006) spielt Prachensky auf eine Musikrichtung an.
Säulen, Gebälk, horizontale und vertikale Striche in verschiedenem Rot, von violettem „Schatten“ begleitet, lassen den Betrachter sofort an Architektur denken. „Die auf den Bildern gezeigten Motive entstanden durch meine ,An-Sicht‘ römischer, realer und gedachter Bauten sowie die Symbolik der römischen Götterwelt, die mir – obwohl Agnostiker – sehr lebendig, vielseitig und auch humorvoll erscheint“, schrieb der Maler über diesen Zyklus.
Immer wieder malte Markus Prachensky auch Rot auf Schwarz. Das letzte Mal verwendete er den schwarzen Grund in der Serie „Cinque Terre“ (2003), in der er elementare Eindrücke der stark gegliederten Landschaft malte. Prachensky hat die Farbe nicht an Gegenständliches, sondern an sich selbst gebunden. Ausstellung: Markus Prachensky, Galerie Welz, bis 3. September 2011.