text breit  text schmal  
drucken 
Bilder keine Bilder

derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst | Kunst im Dialog 
14. Oktober 2009
10:54 MESZ

Da, Dort & Dazwischen - 20 Jahre KulturKontakt Austria
Ausstellungsdauer: 14. Oktober - 27. November 2009
Öffnungszeiten: Mo - Fr, 14.00 bis 18.00 Uhr
Ort: Galerie ArtPoint, Universitätsstraße 5, 1010 Wien
Eintritt frei

Link:
KulturKontakt Austria

 

In drei großen Setzkästen im Obergeschoß verschränken sich die "kleinen" mit den "großen" Geschichten.


"Evil Girls": Die serbische Künstlerin Ana Nedelsković stellt mit ihrer Puppenserie kritische Fragen weiblicher Repräsentation in der Kunstgeschichte.


Das "Haus der Toleranz" ist ein Ergebnis aus einem trilaterialen Schulprojekt zwischen Österreich, Finnland und Russland, bei dem interkulturelle Kommunikation, Teamwork und Diversity Management geübt wurden.


Die Identität im Setzkasten
Vor 20 Jahren beginnt die Geschichte von KulturKontakt Austria - zeitgleich mit dem Fall des Eisernen Vorhangs - Der Ausstellungstitel "Da, Dort & Dazwischen" ist Programm

Seit 1989 bewegt sich KulturKontakt Austria (KKA) "da" in Österreich, "dort" in Rumänien, Bulgarien, Albanien, Montenegro... und "dazwischen": Der permanente Austausch und Dialog zwischen Ländern, Menschen und Institutionen widmet sich der Bildungskooperation, Kulturförderung und Kulturvermittlung. In den 20 Jahren seit der Gründung entwickelte sich KKA zu einem bedeutenden Kompetenz- und Ressourcenzentrum für Bildung, Kunst und Kultur.

Vom russischen Plakat bis zum albanischen Zierteller

Am Vereinssitz, in den ehemaligen Räumlichkeiten einer Wiener Privatbank, eröffnet die Ausstellung "Da, Dort & Dazwischen" eine Vielfalt an Artefakten und Objekten Einblicke in die Identität des KulturKontakt Austria - von den Anfangszeiten bis heute. 

Im Zentrum stehen Ergebnisse aus der Zusammenarbeit von Künstlern und Schülern, albanische, bosnische oder russische Unterrichtsmaterialien, Tagungsunterlagen, Plakate, Geschenke internationaler Gäste, Ausstellungskataloge oder Visitenkarten von Übungsfirmen. Die Exponate wurden in den Büroräumen der Mitarbeiter recherchiert und bei Gastkünstlern oder Kulturvermittlern angefragt. 

In einem intensiven Forschungsprozess erarbeitete Kuratorin Elke Krasny gemeinsam mit den KKA-Mitarbeitern die Geschichte und Arbeitsweise der Institution, ihre Aktivitäten und Zielsetzungen.

Der Blick des Beobachters

Gemeinsam mit dem Bühnenbildner und Künstler Ivan Bazak sowie dem Grafiker Alexander Schuh gestaltete die Kuratorin die räumlichen und visuellen Elemente der Ausstellung und brachte den notwendigen Blick von Außen in den oft hektischen Arbeitsalltag der KKA-Mitarbeiter ein.
Annemarie Türk, Sponsoring-Verantwortliche, und Ursula Hilmar, Leiterin PR und Marketing, sind sich einig: "In den 20 Jahren des Bestehens haben wir unsere Geschichte nie bearbeitet. Wir hatten zu wenig Zeit, um all das wahrzunehmen, was geschieht. Die Planung der Ausstellung hat uns dazu gebracht, über uns selbst nachzudenken." 

Diese selbstreflexive Tätigkeit habe allerdings nicht zu einer chronologischen Aufarbeitung im klassischen Sinn, sondern eher zu einer Standortbestimmung des KKA geführt. Die in der Ausstellung gezeigten Ergebnisse dieser Auseinandersetzung seien nicht nur für außen stehende Ausstellungsbesucher wichtig, sondern auch für die Menschen, die hier beruflich tätig sind.

Sich im eigenen Gedächtnis bewegen

Das Hinarbeiten auf die Jubiläumsausstellung bestand laut Krasny im Zulassen einer kuratorischen Feldforschung: "Alle Mitarbeiter waren dazu bereit, sich in ihrem eigenen Gedächtnis zu bewegen und ihre bisherigen Erfahrungen bei KKA zu kommunizieren." Es habe kein fertiges Konzept gegeben. Das "Wie", "Was" und "Warum" der Ausstellungsinhalte sei über den gemeinsamen Dialog zustande gekommen.

Dabei habe sich eine Kernaussage herauskristallisiert: "Die Bereitschaft, sich zu verändern ist eine Konstante des KKA." Krasny betont aber, dass die KKA-Aktivitäten keinesfalls auf dem Prinzip der Flüchtigkeit beruhten: "Im Gegenteil: Wir setzen aus der Perspektive der Langlebigkeit heraus etwas in Gang". Mit Projekten wie "Artists in Residence" oder "[P]Art", das Künstler, Schüler und Pädagogen aus dem In- und Ausland verbindet, hat sich KKA längst als Konstante "da, dort und dazwischen" etabliert.

Schlüsselereignisse und Schlüsselaktivitäten

Die "Timeline"-Wand rechterhand des Eingangs stellt die Schlüsselereignisse in der (Kultur-) Politik seit 1989 grafisch dar und wird von den Schlüsselaktivitäten des KKA begleitet: Bildungskooperation, Kulturförderung und Kulturvermittlung. 

Eine visuell abstrahierte Landkarte markiert die Orte, an denen KKA-Projekte durchgeführt wurden und werden. Damit sollen die Aktionsreichweite und die europäische bzw. österreichische Dimension von KulturKontakt Austria auf einen Blick veranschaulicht werden. 

Eine Diaschau zeigt die vielfältigen Spuren früherer Projekte, Begegnungen und Freundschaften aus den Büros. Die Fotos stammen aus dem aktuellen Arbeitsumfeld, die Worte sind Aussagen der Mitarbeiter zu den aufgefundenen Spuren.

Plakate, Ankündigungen und Drucksorten bilden ein visuelles Archiv der Institution von den Anfängen bis heute. Interviews mit Mitarbeitern und externen Partnern erweitern die Narrative der Objekte und Texte, geben Einblick in Transformationsprozesse und eröffnen Zukunftsperspektiven. Zitate von Mitarbeitern und Künstlern finden sich auch als Bodenfolie im oberen Eingangsbereich.

Die Identität im Setzkasten

Alle Fäden der Ausstellung laufen in drei großen Setzkästen im Obergeschoß zusammen. Hier verschränken sich die vielen "großen" und "kleinen" Geschichten mit der 20-jährigen Geschichte des KKA, die Ideen mit den Handlungen, die Zielsetzungen mit den Projekten.

Hoch oben im Setzkasten thronen die "Evil Girls" der serbischen Künstlerin Ana Nedelsković, die 2007 als "Artist in Residence" in Wien weilte. Mit ihrer Langzeit-Puppenserie verfolgte sie kritische Fragen weiblicher Repräsentation in der Kunstgeschichte. 

Kunstobjekte finden sich neben Alltagsgegenständen aus den Büros der Mitarbeiterinnen und aus den Ländern, mit denen kooperiert wird. Vieles davon zählte bis vor kurzem zum Büro-Inventar. Aus der ursprünglichen Umgebung herausgelöst und in die Setzkästen gestellt, ergeben die Gegenstände ein Gesamtbild des KKA und der Menschen, die dahinter stehen, "denn die Institution ist die Menschen, die sie machen", betont Elke Krasny.

Das Bewusstsein im Honigglas

Da es sich nicht um eine chronologische Ausstellung handelt, kann der Betrachter zu jeder Zeit in jeden Bereich einsteigen. Im Wechselspiel von Distanz und Nähe können die Ausstellungsgegenstände nur betrachtet, oder auch berührt werden. Vertieft man sich in einen Gegenstand, erfährt man über seine Funktion, seine Geschichte und seine Einbettung in den Verein. 

So erzählt ein halbvolles Honigglas von einem Projekt an der Landwirtschaftsschule Nisporeni, Moldau, in dem die Schüler ein Bewusstsein für regionale Ressourcen entwickeln und alle Stufen der Produktion von der Technik bis zur Vermarktung durchlaufen.

Elke Krasny: "Anhand exemplarischer Projekte, die in Form von Objekten und Texten ausführlicher vorgestellt werden, wird deutlich, welche Art von Aktivitäten KKA erzeugt und wie die Ziele von Kommunikation, Demokratiebewusstsein, Interkulturalität, kultureller Bildung, Teilhabe und Partizipation, Vernetzung, Diversity und Wissenstransfer auf europäischer bzw. österreichischer Ebene umgesetzt werden."

Aus dem Nähkästchen geplaudert

Einige Monate vor der Ausstellungseröffnung wurden als Vorboten drei überdimensionale Nähkästchen mit vielen kleinen Fächern in den Büros von KulturKontakt Austria platziert. Sie gaben den rund 60 Mitarbeitern die Möglichkeit, ihre eigenen Spuren für die Ausstellung zu hinterlassen. Auch diese sind nun Teil der Ausstellung. Es finden sich Erinnerungen und Assoziationen mit der Tätigkeit bei KKA - vom Dankesbrief bis zur Schachtel mit Halswehtabletten. (Eva Tinsobin, derStandard.at, Oktober 2009)

Diesen Artikel auf http://derstandard.at lesen.

© 2009 derStandard.at - Alle Rechte vorbehalten.
Nutzung ausschließlich für den privaten Eigenbedarf. Eine Weiterverwendung und Reproduktion über den persönlichen Gebrauch hinaus ist nicht gestattet.