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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
01. April 2008
15:42 MESZ
Nimm ein Sackerl für mein ... Kunstobjekt
Neue Verpackungs- und Schädlingsbekämpfungsmethode an der "Angewandten" entwickelt

Wien - Eine neue Methode, Kunst- und Sammlungsobjekte in Museumsdepots vor Schädlingen und Umwelteinflüssen zu schützen, hat das Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien und das Österreichische Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) am Dienstag in Wien vorgestellt. Verpackt in speziellen Folien können Objekte auch unter suboptimalen Depotbedingungen nicht nur unbedenklich gelagert, sondern auch direkt im Depot durch Stickstoffspülungen von Schädlingen befreit werden.

Im deutschsprachigen Raum beherbergen rund 11.000 Museen und Sammlungen mehrere hundert Millionen Objekte. In Österreich lagern 90 Prozent aller Sammlungsobjekte in Depots. Fachgerechte Lagerung, Depotausstattung und Schädlingsbekämpfung verursachen dabei hohe Kosten. In einem mehrjährigen von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) finanzierten Forschungsprojekt unter Leitung des Kunsthistorischen Museums Wien und den Partnern OFI, Angewandte, Essl-Museum, Wien Museum und Bundesdenkmalamt wurde die neue Methode zur sauerstoffhältigen und -freien Folienverpackung entwickelt.

Auslöser für die Arbeit war einerseits der Bedarf für eine Schädlingsbekämpfungs-Methode für großvolumige Kunstgegenstände, wie etwa die Kutschen der Wagenburg in Wien. Andererseits wurden bisher eingesetzte Gase zur Schädlingsbekämpfung aus umwelt- und arbeitsschutzrechtlichen Gründen verboten. Die umweltschonende und gesundheitlich unbedenkliche Alternative Stickstoff musste erst für den Einsatz in Konservierung und Schädlingsbekämpfung erprobt werden.

Die Spezialisten des OFI haben aus dem bestehenden Folienangebot die für Konservierungszwecke richtige Folienbeschaffenheit analysiert und identifiziert. Getestet wurde die neue Folienverpackung bisher an Schüttbildern von Hermann Nitsch im Essl-Museum, an Textilien wie etwa Badeanzügen im Wien Museum und an Schmuckstücken aus den Sammlungen der Angewandten.

Darüber hinaus ermöglicht die neue Methode auch die Schädlingsbekämpfung direkt am Ort der Sammlung. Die zu behandelnden Objekte werden dazu in einem beliebig langen Folien-Tunnel eingeschweißt, an dessen einem Ende Stickstoff eingeblasen und am anderen Ende abgesaugt wird. Dadurch kann der Sauerstoffgehalt im Tunnel auf einen Restwert von 0,1 Prozent reduziert werden, wodurch Schadinsekten und deren Larven absterben. Die Gegenstände bleiben dazu mehrere Wochen in dem Folientunnel.

Erfolgreich erprobt wurde das vom Institut für Konservierung und Restaurierung im Stift Kremsmünster, wo in einem 40 Meter langen Folientunnel insgesamt 500 Gemälde der Stiftssammlung von Schadinsekten befreit wurden. Die Kosten der neuen Methode lagen dabei - vor allem wegen der wegfallenden Transportkosten - um 60 Prozent unter jenen, die in einer Begasungsanlage in Wien angefallen wären. Auch aus der Lagerung von Objekten in der neuen Verpackung sollen sich nach Angaben der beteiligten Institutionen "erhebliche Sparpotenziale" ergeben. Allerdings könnten die österreichischen Folienhersteller laut OFI erst bei entsprechender Nachfrage aus dem Kulturbetrieb größere Mengen passender Folientypen kostengünstig produzieren. (APA)


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