Monochromes aus Langsamkeit und Getriebenheit
MARTIN BEHR KLAGENFURT (SN). Die intensiven Farbräume haben klare Richtungen, weisen innere Dynamiken und bewusste Ordnungen auf: Dünne, blasse Pinselstriche verbinden sich zu einer vertikal geneigten Struktur, sie kontrastieren mit massiveren Pinselzügen und stärkerem Kolorit.
Die vom Künstler Ferdinand Penker meist monochrom gestalteten Leinwände künden von einem langsamen, möglicherweise meditativen Produktionsprozess. Der additive Farbauftrag lässt ein Geflecht von Linien und Flächen entstehen, in dem sich Blicke verlieren können. Es ist eine Absage an die klassische Bildidee, an das Motiv. Der malerische Prozess könne „ganz Protokoll der Bewegung von Hand und Arm werden“, erläutert etwa Stephan Schmidt-Wulffen, Rektor der Akademie der bildenden Künste Wien. Das vom Vokabular der Wiederholung und strenger Grammatik geprägte Werk des 1950 geborenen Penker wird derzeit vom Museum Moderner Kunst Kärnten (MMKK) mit einer Personale gewürdigt.
Die Charakteristik des Penkerschen OEuvres entsteht durch das Weiterziehens des in Farbe getauchten Pinsels, durch die so entstehenden Wechsel von Hell und Dunkel, Zartheit und Dominanz, Gleichförmigkeit und Vitalität. Die auf den Bildträgern entstandenen Muster künden von einer zeitintensiven Herstellung und einer abstrakten Spiritualität. Die Malerei werde, sagt Schmidt-Wulffen, zur „Bio-Grafik“: „Sie protokolliert in jedem Werk Lebenszeitabschnitte; sie entwickelt in den Werken einer Serie, an denen Penker gleichzeitig arbeitet, ein Zeit-Sandwich, das zu einem Wahrnehmungsinstrument der gelebten Zeit wird.“
Die Klagenfurter Ausstellung fasst Malerei, Skizzen, Studien, Objekte, Installationen und Videos aus den vergangenen vier Jahrzehnten zusammen. Die – vor allem in ihrer Ouvertüre zu dicht gehängte – Schau führt in das Lebenswerk eines Künstlers, der bei seinen langen Aufenthalten in den USA vor allem durch die Begegnung mit dem Künstlerpaar Josef und Anni Albers eine Prägung erfuhr. Was Ferdinand Penker an Albers fasziniert hat? Erörterungen über die Relativität des Sehens sowie frühe Fotoserien haben ihn motiviert, Kunst wie chemische Experimente oder Versuchsreihen durchzuführen und so zum „eigentlichen Werk“ zu gelangen. Der Künstler als Forscher. Später sollte sich Ferdinand Penker intensiv mit der japanischen Kultur beschäftigen, was im MMKK mit der faszinierenden Installation „Hikikomori Monogatari“ dokumentiert ist. Der Künstler spielt damit auf die Sitte junger Japaner an, sich über Monate freiwillig von der Umwelt zu isolieren um obsessiv an der Identitätsfindung und Selbstverwirklichung zu arbeiten. Penker schloss sich in Tokio in ein Miniatelier ein, wo er den Raum mit Grafiken schichtenweise zumalte: Getriebenheit pur. In der Ausstellung ist dieses Atelier nachgebaut.Kunst als Speicher der Zeit In sechs Monaten Arbeit entstand ein von Besessenheit kündendes visuelles Tage- und Lebensbuch, „dessen Seitenumfang so lang wachsen konnte, bis eine zunehmende Beengtheit die Arbeit behinderte und unmöglich machte“. Kunst wird so zu einem „Speicher der verstrichenen Zeit“. Die Erweiterung der Malerei in den Raum ist für Penker ein wichtiges Thema, Tisch- oder Balkeninstallationen bezeugen dies. Jüngere Arbeiten, etwa „Hommage an das Unkraut“, oder „Yamanote“ sind sogar für den öffentlichen Raum konzipiert.Personale Ferdinand Penker. Museum Moderner Kunst Kärnten; bis 27. Februar.