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Kunstberichte

Das Salzburger Museum der Moderne widmet sich dem Werk von Paul Klee

Wenn Rhythmen zu Farbmustern werden

Musikalische Malerei: Paul Klees "Pas de deux" aus dem Jahr 1935. Foto: VBK, Wien 2008

Musikalische Malerei: Paul Klees "Pas de deux" aus dem Jahr 1935. Foto: VBK, Wien 2008

Von Krista Hauser

Aufzählung "Wir spielen Bach, dass es nur so kracht." 21 Jahre alt war Paul Klee, als er sich in einem Brief an seine Mutter so begeistert über seine musikalischen Ambitionen äußerte. Er studierte zwar Malerei und Zeichnen an der Münchner Kunstakademie, doch noch schwankte er, ob er sich beruflich der Musik oder der Malerei zuwenden sollte.

Ein paar Jahre später war die Entscheidung gefallen. "Meine Geliebte ist die Musik und die ölriechende Pinselgöttin umarme ich bloß, weil sie eben meine Frau ist", bekannte der gebürtige Schweizer, dem es ohne große Gesten um eine Erweiterung des Kunstbegriffes ging. Nun ist ihm im Museum der Moderne Salzburg eine fulminante Ausstellung gewidmet. Unter dem Titel "Paul Klee. Melodie/Rhythmus/Tanz" werden 165 kleine, meist poetische Formate, Ölbilder, Zeichnungen und Aquarelle des Künstlers gezeigt, dazu Autographe, Fotos und Werke von Zeitgenossen.

Begegnung mit Mozart

Schwerpunkt der von Direktor Toni Stooss mit leichter Hand klar konzipierten Schau sind Werke aus dem Zentrum Paul Klee in Bern und aus dem Nachlass; dazu kommen Leihgaben internationaler Museen und Privatsammlungen. Stooss weiß natürlich, dass man dabei mit der Beschwörung des Salzburger Genius loci auch im Winter heimische Kunstfans und Touristen zur klassischen Moderne auf den Mönchsberg locken kann; und Klees Mozart-Euphorie ist dafür ideal. In Streichquartetten spielte er selbst Geige, Mozarts Opern liebte er über alles. So begegnet der Besucher unter anderem Don Giovanni, Fiordiligi und dem Vogelhändler: exemplarische Figuren für menschliche Zustände, für Leidenschaft, Zweifel, Konflikt oder Heiterkeit – auch für Klee typische Befindlichkeiten.

Zur Einstimmung auf die Kunst und das Leben des Doppelbegabten lernt man am Beginn der Ausstellung zunächst dessen Umfeld kennen. Was Klee mit Malern und Komponisten, etwa mit Wassily Kandinsky und Johannes Itten, mit Arnold Schönberg und Josef Matthias Hauer verband, war der Versuch, zu einem Miteinander von Farbe und Klang zu gelangen; in der Malerei musikalischen Strukturen zu folgen. Melodien können zu Linien werden, Taktfolgen zu Flächen und Farbmustern. So verweist etwa Klees "Fuge in Rot" (1921) auf seine intensive Beschäftigung mit Johann Sebastian Bach und zugleich mit bestimmten plastischen Formen.

Ein Jahr später nahm er wiederum direkten Bezug zu einem musikalischen Thema. Es trägt den Titel "Ouvertüre" und zeigt, wie konsequent Klee Elemente aus dem Bereich der Musik ins Bildnerische umzusetzen suchte – ohne den Betrachter dabei mit einer einzig möglichen Interpretation einzuengen. Der Maler lässt immer Raum für Fantasie, für Augen- und Gedankenspiel – so wie er selbst logisch und zugleich spielerisch mit Horizontalen und Vertikalen, mit Perspektiven, geometrischen Figuren und dem Kanon seiner Farben umging.

Bilder wie Partituren

Eines der berühmtesten Werke aus der Serie seiner magischen Quadratbilder nannte er "Harmonie aus Vierecken mit rot gelb blau weiß und schwarz". Gemalt hat er das etwas düster wirkende Ölbild 1923 am Bauhaus in Weimar, wo er seit 1920 als Lehrer, Künstler und Anreger wirkte. Er verfasste kunsttheoretische Schriften, entwarf eine bildnerische Gestaltungslehre, beschäftigte sich mit Farbharmonien und Farbklängen, hielt Vorlesungen über das Thema Rhythmus und gründete mit befreundeten Musikern ein Streichquartett. Geblieben sind aus diesen fruchtbaren Jahren in Weimar und nach der Übersiedlung des Bauhauses nach Dessau Werke, die in die europäische Kunstgeschichte eingegangen sind.

Oft erinnern Klees Bilder und Zeichnungen an Partituren, auch wenn ihnen der Maler Namen wie "Reife Ernte" oder "Orientalischer Friedhof" gab. Der "junge Garten" wird zur Hommage an Rhythmen, das "kleine Gartenbild mit schwarzen Blüten" zur Spielwiese, wobei die Kugelköpfchen auch Noten sein könnten. In Dessau erfand Klee sogar "polyphone Bildgefüge", die aus Überlagerungen und transparenten Schichtungen von Farbflächen entstanden. Eines dieser "polyphonen" Bilder mit dem Titel "Ad Parnassum" gilt als das Meisterwerk Klees. Ein Jahr vor der Machtergreifung Hitlers in Deutschland hat er es gemalt.

"Schlechter Trommler"

1933 wurde das Bauhaus in Dessau geschlossen, der Künstler verlor auch seine Professur in Düsseldorf. In sarkastischen, verschlüsselten Blättern wie "Schlechter Trommler" hat er die "nationalsozialistische Revolution" verarbeitet: der Musiker als Sklave in der Diktatur. Paul Klee gelang noch rechtzeitig die Rückkehr in die Schweiz, wo er – nach eigener Aussage – "still und einfach" lebte und "mit ganz kleinem Orchester wieder einiges gemalt" hat. Am 18. Dezember 1940 starb Paul Klee in Locarno-Muralto.

Aufzählung Ausstellung

Paul Klee.

Melodie/Rhythmus/Tanz Toni Stooss (Kurator) Museum der Moderne Salzburg; bis 1. Februar

Printausgabe vom Samstag, 03. Jänner 2009

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