Scheint in der frühen, 1881/82 entstandenen Bronzeskulptur des nackten Paares die Frau den sich mit angespannten Muskeln und Körperhaltung wehrenden Mann regelrecht in die Umarmung zu zwingen, so verwischt dieses Bild in vielfältigen Überarbeitungen und Verkleinerungen im Laufe nur weniger Jahre völlig. Das von Rodin dargestellte unglückliche Paar aus Dantes Göttlicher Komödie "Paolo und Francesca", so der Urtitel des Werkes, wandelt sich zum gefühlvollen "Kuss" als Symbol inniger Erotik.
Verwandlung des "Kuss"
Als "letzten großen, figuralen Bildhauer, der Geschichten erzählt" sieht den Franzosen der Essener Ausstellungskurator Mario-Andreas von Lüttichau, der die Schau zusammen mit der Hypo-Kunsthalle in München erarbeitet hat. Anders als bei dieser vorhergehenden Station sind die Meisterwerke Rodins in Essen wie in einem Kunst- Salon ohne trennende Wände präsentiert und geben den Blick frei auf die langsame Verwandlung des "Kuss". Als zusätzliche Überraschung wird die "Collagetechnik" Rodins deutlich, der einmal gefundene Formen immer wieder für seine teils hocherotischen Darstellungen zärtlicher Paare nutzt. (APA/dpa)