In den Netzen nichts Neues

Vuk Cosic ist Netizen mit einer interessanten Geschichte. Zur ASCII Art kam er über den Umweg der "klassischen" Netzkunst.


Vuk Cosic, avantgardistisches Multitalent und Enfant terrible der net.art-Szene, tourt zur Zeit mit verschiedenen ASCII-Projekten durch die internationale Kunstwelt.

Say Cheeeese!

In Wien macht seine "Instant ASCII Camera" im Rahmen der Ausstellung Get together in der Wiener Kunsthalle Station. Gleich einem Passbildautomaten wirft die Maschine, deren Software von Luka Frelih entwickelt wurde, bei Knopfdruck eine Abbildung des Benutzers aus. Aber nicht jeder erkennt sein Antlitz sofort wieder, wenn die Konturen und Schattierungen des Gesichtes nur mit Buchstaben und Symbolen nachgezeichnet werden.

Die Realität verändern, aber bewusst

Vuk Cosic in ASCII
Vuk Cosic in ASCII
Genau auf diese Irritation, diese kurze Nachdenkpause kommt es Vuk Cosic an: "Es geht mir um die physische Manifestation des Virtuellen. Die Leute sollen sehen, dass Computer und deren Wahrnehmung Einfluss auf die Realität haben und sie verändern."

Ein anderes Cosic-Projekt hört sich - im ersten Moment - weit spektakulärer an, als es tatsächlich ist. Der Künstler übersetzte einen der ersten erfolgreichen Pornostreifen der Filmgeschichte, "Deep Throat", in den ASCII-Code. Eineinhalb Stunden lang ficken und blasen kleine grüne Buchstaben, was das Zeug hält.

Auschnitt aus
Auschnitt aus "Deep Throat"

Porno in Grün

Aber warum gerade ein Pornofilm? Cosic hat eine pragmatische Erklärung: "Die vielen Nahaufnahmen eignen sich wunderbar für diese Darstellungsform. Je größer die Motive, desto mehr kann man erkennen."

Außerdem sei die Pornoindustrie an sich ein spannendes Thema. Obwohl auch heute noch ca. 50 Prozent des weltweiten Datenverkehrs im Netz Sex betrifft, ist sie ein Schattenreich, das sich, ähnlich der ebenso boomenden Spiele-Industrie, im Hintergrund abspielt.

Allzu aufregend wirkt das Endprodukt dann aber, zumindest im sexuellen Sinn, nicht. Selbst Cosic war anlässlich der vorerst geplanten, schließlich aber doch nicht realisierten Ausstrahlung von "Deep ASCII" einer europäischen Fernsehstation verwundert: "Ich bin immer wieder überrascht, dass sich außer mir noch jemand so etwas ansehen will. Ich meine, eineinhalb Stunden nur ASCII, ohne Sound! Unglaublich, aber die wollten es wirklich bringen!"

Archäologe der Kunstszene

1966 in Slowenien geboren, studierte Cosic Archäologie in Belgrad, wo er in Folge an der Universität die Methodologie seines Faches lehrte. Danach betätigte er sich als Schriftsteller, Herausgeber verschiedener Magazine, politisch engagierter Satiriker, Land Art-Künstler und Antiquar.

1995 begann er erstmals, sich kreativ mit der Internet-Programmiersprache HTML auseinander zu setzen. Ein Jahr später wurde für eine bestimmte Gruppe von Netzkunstpionieren rund um Vuk Cosic, Heath Bunting, Alexej Shulgin und Olia Lialina, der Begriff net.art geprägt. Die Künstler hatten der schönen, neuen Cyberwelt ihre ironischen, medienreflexiven Werke entgegengesetzt, die allerdings erst nach und nach auf größeres Publikumsinteresse stießen.

Im Netz nichts Neues

Bereits 1998 wandte sich Vuk Cosic, wie übrigens auch Bunting und Shulgin, von der eigentlichen Netzkunst wieder ab. "Wir sind sehr schnell an gewisse Grenzen gestoßen. Vielleicht werde ich alt, aber ich denke, dass die Netzkunst nichts entscheidend Neues mehr bringt", erklärt er.

In der näheren Zukunft wird sein Interesse weiterhin ASCII gelten. Er plant, am ZKM (Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Karlsruhe) eine CD-Rom zum Thema zu produzieren, die neben der Geschichte des Codes, einigen Kunstwerken und Statements auch Software enthalten wird, mit der man von zu Hause aus eigene Bilder ASCII-rendern kann.

Links:

Vuk Cosic
Kunsthalle Wien

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