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Am Finger der Hausfrau

25.01.2007 | 00:00 | VON ALMUTH SPIEGLER (Die Presse)

Design. Italienische Möbel der Nachkriegszeit sind am Kunstmarkt stark nachgefragt.

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in charmanter Hauch Italianità durchfährt diesen lauen Winter ab heute im Hofmobiliendepot: An hand von 100 Objekten gibt die in Wien beheimatete, weltgrößte Möbelsammlung einen Überblick über italienisches Design von 1945 bis 2000. Und großteils sind es Ikonen, die von der Design-Institution "Triennale di Milano" zur Verfügung gestellt wurden: Das 1946 entworfene Vespa-Modell von Piaggio, mit dem schon Gregory Peck und Audrey Hepburn 1953 durch Rom düsten. Der aufblasbare, transparente Plastiksessel von Zanotta (1967), feucht-klebrige Traumdestination jedes nackigen Jugendschenkels. Oder der 1989 zur gepolsterten Schneckensitzbank gezähmte russische Revolutionsturm "Tatlin" von Edra.

Italienisches Design schrieb Wohn-Geschichte: "Arco", die biegsame Stehlampe! "Sacco", der Sitzsack! "Mezzadro", der freischwingende Traktorhocker! 1957 von den Castiglionis als eine Art Ready-Made-Collage erfunden, wurde er zu Beginn als derart radikal empfunden, dass er erst 13 Jahre später in Produktion ging. Dafür gibt es das ironische Zanotta-Sitzgerät noch heute, in Wien etwa um 451 Euro bei Prodomo.

Ein Preis, der im Vergleich zu den Originalen aus der Zeit, die am Kunstmarkt angeboten werden, fast lächerlich wirkt. Immerhin hält ein in Italien designter Glastisch mit Eichenunterbau sogar den Rekordpreis für Möbel des 20. Jahrhunderts: 2005 versteigerte Christie's in New York dieses rare Carlo-Mollino-Prachtstück von 1949 um rund vier Millionen Dollar. "Arabesco", ein ähnlicher, etwas verspielterer Tisch des gesuchten Architektendesigners (1905-1973) aus demselben Jahr ist jetzt auch in der Wiener Ausstellung zu bewundern.

Weniger selten, aber trotzdem stark nachgefragt sind Entwürfe von Gio Ponti (1891-1979), Architekt und Gründer des legendären Magazins "Domus", das 1928 zum ersten Mal erschien und seit vergangenem Jahr erstmals gesammelt in 20 Bänden im Taschen-Verlag nachlesbar ist. In der Ausstellung schwebt Pontis "Superleggera"-Stuhl (1951) von der Decke - schließlich demonstrierte schon die Hausfrau in der Werbung 1957, als er erstmals die Fabrik verließ, dass er so leicht sei, "dass Sie ihn mit einem Finger halten können". Grund für gepriesenes Federgewicht und Robustheit sind farbige Cellophan-Bespannung sowie Eschenholz. Ein schlichtes Design jedenfalls, das gut in die kühlen Lofts von heute passt, bestätigt auch Ellen Stelter vom Design-Department von Sotheby's: "Italienisches Design der 50er- und 60er-Jahre ist heute, ähnlich wie das französische Nachkriegs-Design, besonders beliebt, passt in die einfachen zeitgenössischen Wohnungen und ist trotzdem dekorativ." Weniger gefragt sei dagegen zurzeit das üppige, postmoderne Memphis-Anti-Design, so Stelter. Ettore Sotsass startete die Bewegung, mit der damals auch Hans Hollein ging, 1981 als Angriff gegen den guten Geschmack - "Das ist den Leuten dann doch zu abgefahren", sagt Stelter. Die Ausstellung gibt dafür einige Beispiele, etwa die Kredenz "Casablanca", die wie einem Keith-Haring-Bild entsprungen scheint.

Trotzdem: "Die Designtheorie und -praxis des 20. Jahrhunderts sowie die Entwicklung innovativer Materialien und Formen wurden über weite Strecken maßgebend von italienischen Architekten, Künstlern und Industrial Designer geprägt", betont Gerti Draxler, die in elf Jahren die Sparte Design im Dorotheum aufgebaut hat. Zwei Mal im Jahr werden spezielle Design-Auktionen angeboten - und auch "ein großer Teil der Design-Käufer sind Italiener", so Draxler.

Zuletzt erzielte im Dorotheum eine über 13 Meter lange Murano-Glas-Wandskulptur von Romano Mazzega aus den 70ern einen Spitzenpreis: "Die Welle" erzielte 26.800 €.

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