Kommunikationssphären

Unsere zeitgenössische Kommunikation ähnelt dem Stoffwechsel von Lebewesen - behauptet die Ausstellung "bankett" im ZKM in Karlsruhe.


Die Ausstellung "bankett. Metabolismus und Kommunikation" versucht an Hand der Metapher des Stoffwechsels von Lebewesen, soziale und ökologische Prozesse besser zu erfassen. Es geht dabei um die Entwicklung zwischenmenschlicher Kommunikation, wie sie früher von lokal verankerten Gesellschaften betrieben wurde, hin zum Zeitalter globalen Informationstransfers.

Ausstellungsansicht / ©Bild: ZKM, Felix Gross
Ausstellungsansicht / ©Bild: ZKM, Felix Gross

Lebenserhaltend

Dabei wird behauptet, dass ähnlich den Stoffwechselprozessen in menschlichen, tierischen und pflanzlichen Lebewesen, die dem Erhalt und dem Aufbau wesentlicher Körperfunktionen dienen, Informations-, Waren- und Geldströme nicht nur der Mehrung von wirtschaftlichem Output dienen, sondern der Erhaltung der Menschheit.

Essen für Leben

Dem ist insofern zuzustimmen, als der Mensch, um Leben zu können, essen muss. Meist durch Arbeit erwirtschaftet er sich die nötigen Mittel zur Bezahlung der Lebensmittel. In der Präsentation der Ausstellung wird auch auf die Nähe von Essen und Kommunikation hingewiesen. Schon in Platons "Symposium" dient der Rahmen eines Festessens zur Erläuterung philosophischen Denkens.

Eine direkte Gleichsetzung von Verdauung und Sprechen scheint jedoch absurd. Der Mensch als zoon politikon scheidet beim Sprechen ja nicht mehr Unverwertbares aus, sondern formuliert seine Gedanken und Gefühle in Sprache. Dafür ist ein Denkprozess notwendig, der überlegt, selektiert, filtert und die Person zur Formulierung seiner Gedanken bringt.

Ausgekotztes

Zugleich lässt sich bei manchen Zeitgenossen feststellen, dass sie Reden mehr als Entleerung von Gefühlszuständen verstehen. Das passiert dann, wenn der psychische Druck sich mitzuteilen, so groß wird, dass ohne Rücksicht auf die jeweilige Situation des Anderen Schleusen geöffnet werden, die oftmals einer seelischen Stuhlentleerung gleichkommen.

Zeitgenössische Kommunikationswelten

Es stellt sich natürlich die Frage, wie sich in einer globalisierten Gesellschaft die über E-Mail, Chatroom und Handy kommuniziert, die physische Abwesenheit der Gesprächspartner auswirkt. Zum einen lässt sich jene oben genannte ungehemmte entleerende Direktheit feststellen. Zum anderen werden Informationen immer mehr gefiltert und auf ihre Quintessenz zugespitzt. Kein Vorteil, wo auch nicht ein Nachteil ist.

Dabei stellt sich auch die Frage, wie in Wirtschaftskonglomeraten wie bei amerikanischen Konzernen auf die Produktionssituation in Schwellenländern Rücksicht genommen wird. Vielleicht lassen sich aufgrund der Unsensibilitäten einer hierarchisch geführten Wirtschaftsstruktur mentalitätsgeschichtliche Dissonanzen und Feind-Freundbilder erklären.

Provokante These

Die Ausstellung im Zentrum für Kunst- und Medientechnologie in Karlsruhe bietet dafür genug Stoff zum Nachdenken. Ihre provokante These, dass biologische Organisationseinheiten sich Mikro- und Makrowelten wie Städten und Planeten anpassen und so für die globale Ferngesellschaften anwendbar sind, darf diskutiert werden.

Tipp:

"bankett. Metabolismus und Kommunikation", bis 24. August 2003, Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe.

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