Jüdisches Museum: "Displaced. Paul Celan in Wien 1947/1948"
Avantgarde im Nachkriegs-Wien
"Wien hat in Sachen Paul Celan einiges nachzuholen", meinte
der Direktor des Jüdischen Museums der Stadt Wien, Karl-Albrecht
Weinberger, bei der Präsentation der Ausstellung "Displaced. Paul Celan in
Wien 1947/1948". Wo man den Dichter aus dem ehemals rumänischen Czernowitz
immer wieder als österreichischen Lyriker vereinnahme, kenne man in
manchen Buchhandlungen nicht einmal seinen Namen. Die schon allein deshalb
nachdrücklich empfohlene Schau im Jüdischen Museum, die von heute an bis
zum 24. Februar zu sehen ist, arbeitet zugleich mit Celans kaum
erforschter Wiener Lebens- und Schaffensphase auch die Wiener
Nachkriegszeit und deren Avantgarde-Szene auf. Celan (ein Anagramm aus
seinem bürgerlichen Namen Antschel) kam am 17. Dezember 1947 als "DP"
(displaced person) zu Fuß aus Bukarest nach Wien - mit einem der letzten
Flüchtlingstransporte, ehe sich der Eiserne Vorhang schloss. Nur ein
halbes Jahr hielt er sich hier auf, ehe er weiter nach Paris emigrierte.
In Wien schrieb er sieben Gedichte und brachte zwei Bücher heraus. Die 17
Gedichte, die Otto Basil im "Plan" veröffentlichte, der wichtigsten
literarisch-politischen Zeitschrift der österreichischen Nachkriegszeit,
waren Celans bis dahin umfangreichste Publikation in deutscher Sprache
überhaupt. Die Redaktionsräume des "Plan" befanden sich über der von
Leopold Wolfgang Rochowanski geleiteten "Agathon Galerie", einem
Treffpunkt der Avantgarde, in der der Surrealismus eine späte Blüte in
Wien erlebte. Celan fand dabei im Maler Edgar Jene seinen wichtigsten
Förderer in der Wiener Szene. Er stieß zum Kreis um Hans Weigel, wo er
unter anderem neben Milo Dor, Reinhard Federmannn, Ilse Aichinger und
Hilde Spiel auch Ingeborg Bachmann begegnete, zu der sich eine
Liebesbeziehung entwickelte. Heimat werden konnte Wien dennoch nicht
für Celan. Zu privaten und künstlerischen Enttäuschungen - so ließ er
seinen hier veröffentlichten Gedichtband "Der Sand aus den Urnen" u. a.
wegen Druckfehlern sofort wieder einstampfen - kamen politische. Wo
Österreich sich nach dem Krieg als Gegenmodell zu Nazi-Deutschland
gerierte, waren Verdrängung und Antisemitismus weiter spürbar - nie fühlte
Celan sich davor sicher, dem Mörder seiner im Konzentrationslager
vernichteten Eltern gegenüber zu stehen. Der "Plan" meldete 1948 Konkurs
an, bezeichnenderweise schloss 1951 auch die Agathon Galerie,
untergebracht in den ehemaligen Verlagsräumen von Hitlers Leibfotograf
Heinrich Hoffmann, weil dieser wegen Veruntreuung seines
Geschäftsvermögens klagte. Ergänzt wird die Schau durch einige
Grafiken von Celans Frau (Gisèle Celan-Lestrange) sowie durch die
Auseinandersetzung zweier österreichischer Künstler mit Celans
"Todesfuge": die filmische Adaptierung von Adolf Opel (1977) und den
Grafik-Zyklus von Rainer Wölzl (1989).
Erschienen am: 14.11.2001 |
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MAK/Kunstblätters aal: Arbeiten von Josef Binder
Jüdisches Museum: "Displaced. Paul Celan in Wien 1947/1948"
Wien Modern/Sammlung Essl: Arbeiten von Adolf Wölfli
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