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06.09.2005 - / Kultur News
"der Fall Bloch-Bauer": "Staat begnügte sich mit einem Gutachten"
Ein neues Buch soll im Streit um arisierte Klimt-Bilder die Öffentlichkeit mobilisieren.

Der Zeitpunkt ist nicht zufällig: Kurz bevor ein österreichisches Schiedsgericht im "Fall Bloch-Bauer" über während der NS-Zeit in den Besitz des Belvedere gelangte Klimt-Bilder entscheiden soll, ist in Buchform ein Gutachten darüber erschienen. Die Wiener Juristen Rudolf Welser und Christian Rabl haben es 2002 erstellt - im Auftrag der seit Jahren um die Bilder kämpfenden Maria Altmann, Erbin des österreichischen Industriellen-Ehepaars Bloch-Bauer. Neu ist, dass das Buch "Der Fall Klimt" den Rechtsfall in allen Details für Laien verständlich macht - und damit bewertbar: etwa in der Frage, ob die Republik Recht oder Unrecht hat, wenn sie behauptet, der Fall habe mit Arisierung und Rückstellungen nichts zu tun. "Nur" ein Buch - aber vielleicht nicht folgenlos in einem politisch so heiklen Fall. Welser: "Die entscheidenden Rechtsfragen wurden nie öffentlich diskutiert."

Hauptstreitpunkt war und ist das Testament der 1925 verstorbenen Adele Bloch-Bauer: Darin bat sie ihren Gatten, sechs Klimt-Bilder nach seinem Tod der Österreichischen Galerie zu überlassen. Eines davon, "Schloss Kammer am Attersee III", schenkte der Industrielle 1936 der Galerie, die restlichen fünf gelangten ohne sein Zutun dorthin: nach seiner Flucht und Enteignung in der Nazizeit.

Um nach dem Tod Bloch-Bauers 1945 andere Vermögenswerte aus Österreich ausführen zu dürfen, überließen dessen Erben die Bilder dem Belvedere. Für Rückerstattungen bei eben solchen - aus heutiger Sicht - "erpressten" Überlassungen sorgt das Restitutionsgesetz von 1998. Dennoch gab die Republik die Bilder nicht zurück - Begründung: die Bitte im Testament von Adele Bloch-Bauer. Eine "Bitte" sei jedoch nach allgemeinem Sprachgebrauch nur ein "unverbindlicher Wunsch", urteilen die Autoren. Es habe keinen gültigen Rechtsanspruch der Österreichischen Galerie gegeben - und selbst wenn, wäre er nicht vor dem Tod Ferdinands eingetreten. Ergebnis des Gutachtens: Auf die zwei Porträts "Adele Bloch-Bauer I" und "II" sowie "Apfelbaum I" ist das österreichische Restitutionsgesetz anwendbar. Die Bilder müssten somit zurückgegeben werden. Für die Bilder "Häuser in Unterach" und "Buchenwald/Birkenwald" wird die Anwendbarkeit "eher bejaht".

Die Republik, kritisieren die Autoren, habe sich mit einem einzigen Gutachten begnügt (nämlich dem des "Rechtsanwaltes der Republik", Finanzprokurator Gottfried Toman). "Und so konnte sie an ihrer Rechtsauffassung niemals Zweifel haben." sim

Rudolf Welser/Christian Rabl: "Der Fall Klimt". 141 S., € 36 (Manz Verlag, Wien).

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