Venedig/dpa. Kunstfieber am Canal
Grande: Die 51. Schau internationaler Gegenwartskunst, die am kommenden
Sonntag für das Publikum öffnet, hat die Weiblichkeit für sich entdeckt.
Mit den spanischen Kuratorinnen María de Corral und Rosa Martínez hat
Biennale-Präsident Davide Croff die Ausstellung erstmals in die Hände von
zwei Frauen gelegt. Und so ist auch die weibliche Präsenz unter den
Teilnehmern ungewohnt stark: Von den 91 eingeladenen Künstlern sind
immerhin 38 Frauen. Sex, Liebe und Körpergefühl gehören zu den
vorherrschenden Themen der Schau, die sich hauptsächlich in den ehemaligen
Werfthallen des Arsenale und im Park der Giardini della Biennale abspielt.
«Die Biennale ist eine alte Dame, die noch sehr stramm geht», brachte
es kürzlich Julian Heynen, der Kurator des deutschen Länderbeitrags, auf
den Punkt. Ihren 110. Geburtstag feiert die «Mutter aller Kunstbiennalen»
in diesem Jahr. Und dabei ist die Zahl der teilnehmenden Künstler nach
langer Zeit endlich wieder überschaubar geworden. Grund: «Jeder Künstler
stellt gleich mehrere Werke aus, um so seine Kreativität, die Unterschiede
in den künstlerischen Sprachen und in den ästhetischen Tendenzen besser zu
dokumentieren», erklärte Croff die Entscheidung im Vorfeld.
Dabei fehlen neben Nachwuchstalenten auch nicht große Namen wie Philip
Guston, Marlene Dumas, Antoni Tàpies und Francis Bacon, dessen
großformatigen «Studies of the Human Body» ein ganzer Saal gewidmet ist.
Daneben erlebt der Besucher auch wieder jede Menge Provokation.
«Schockierende Rückkehr des Feminismus», nannte das eine Zeitung bereits
im Vorfeld.
Schon am Eingang zum Arsenale, dessen 9000 Quadratmeter von Martínez
gestaltet wurden, prangt ein enormer Kronleuchter. Die Installation der
Portugiesin Joana Vasconcelos heißt «A Noiva» (Die Braut) und ist komplett
aus Tampons gebaut - eine Metapher für die sexuelle Freizügigkeit der
modernen Frau. Ein paar Säle weiter werden zwei Kunst-Videos von Regina
José Galindo aus Guatemala gezeigt, die sich in einer chirurgischen
Operation ihr Jungfernhäutchen wiederherstellen lässt.
Die Front des Pavillons Italia, dessen 34 Räume De Corral unter dem
Titel «Die Erfahrung der Kunst» gestaltet hat, ziert hingegen ein neues
Werk der amerikanischen Konzeptkünstlerin Barbara Kruger: «Power» und
«Money» steht auf den Säulen, dahinter stechen die Worte «You make history
when you do business» (Du machst Geschichte, wenn du Geschäfte machst) ins
Auge. Gigantische Textcollagen, die sich mit sozialen und politischen
Fragestellungen befassen, sind seit jeher das Markenzeichen Krugers. Die
1945 geborene Amerikanerin erhält am Freitag den Ehrenlöwen für ihr
Lebenswerk.
Für Deutschland haben die jungen Künstler Thomas Scheibitz und Tino
Seghal den mächtigen Pavillon «Germania» gestaltet. Ihre Werke
konkurrieren mit weiteren 72 Pavillons um den Goldenen Löwen für den
besten Länderbeitrag.