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derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
14. Oktober 2009
18:48 MESZ

Georg Kargl Fine Arts, Schleifmühlgasse 5, 1040 Wien.  Bis 7. 11. 

 


Max Peintner arbeitet sich an Caspar David Friedrich ab und beleuchtet verschiedenste Aspekte im Werk des Romantikers: "Abend".

 


Auf Tuchfühlung mit der Romantik
Personale von Max Peintner in der Galerie Georg Kargl in Wien

"Jesus und Alfi" erzählt von der Hoffnung, dass auch tote Meerschweinchen in den Himmel kommen, dass sie einmal auferstehen, so wie Jesus, den Max Peintner in "Ostern", beim Öffnen des Sargdeckels zeigt. Peintners Farbkreidezeichnungen haben rein gar nichts mit Frömmigkeit zu tun, sondern sind als Irritationen, als Provokationen zu verstehen: "Die Auferstehung aus der Sicht Jesu zu zeigen - im geöffneten Spalt des Sargdeckels wird das leere Kreuz am Hügel sichtbar -, sich also in die Perspektive Gottes zu versetzen wäre blasphemisch", betont der 72-Jährige.

Trotzdem ist man von Max Peintners neuesten Arbeiten, die die Galerie Georg Kargl in einer über siebzig Werke umfassenden Personale zeigt, zunächst einmal verwundert: "Schöne" Zeichnungen - in Bezug auf das Kriterium des Handwerks - sind in Verbindung mit altmeisterlichen Themen wie Religion und Landschaft in den renommierten Galerien aktueller Kunst seltenst anzutreffen. Und wieso überhaupt Caspar David Friedrich?

Mit Peintner, der sich seit den 1970er-Jahren mit dem Prozess des Sehens auseinandersetzt, assoziiert man zunächst seine Wahrnehmungsbilder. Sie zeigen, was bleibt, wenn man zu lange direkt ins Licht geschaut hat: Alltägliche Motive sind dann plötzlich mit einem atmosphärischen, mitunter unheimlich wirkenden Wabern und Flimmern überzogen. 1977 zeigte Peintner seine Wahrnehmungsbilder, die stets seinen sicheren zeichnerischen Strich offenbaren, erstmals auf der Documenta in Kassel. 1986 wählte Peter Weibel ihn für den Österreich-Pavillon der Biennale aus und kuratierte 2000 seine umfassende Retrospektive in der Neuen Galerie Graz.

Caspar und ich, das sind viele bekennt der Ausstellungstitel und reißt den Betrachter in einen bunten Motivkosmos des Frühromantikers Caspar David Friedrich, an dem sich Peintner in den letzten acht Jahren abgearbeitet hat. Peintner hat sich teilweise selbst in die Perspektive der Bilder versetzt, als Wanderer über dem Nebelmeer etwa. Die Dichte der Werke unterstreicht die Eindringlichkeit, mit der sich der Künstler nun jahrelang mit Blickwinkel, Sujets und Brüchen im Werk von Caspar David Friedrich auseinandergesetzt hat und mit ihnen spielte. Was fasziniert an Friedrich? "Ich will Caspar David Friedrich nicht diskreditieren oder dafür verantwortlich machen, aber es gibt eine komische Strömung von der Romantik direkt zur Nazizeit." Der Kunsthistoriker Kurt Karl Eberlein ("Deutsche Kunst ist die in Deutschland von deutschen Menschen deutsch geschaffene Kunst ..."), der für die Nazis den Begriff der "entarteten Kunst" prägte, missbrauchte die Bilder Friedrichs für die Rassenideologie. Auch im politischen und kulturgeschichtlichen Sinn wird die Romantik teilweise bis heute als Gegenströmung zur Aufklärung und zum Rationalismus begriffen.

Es sind aber nicht nur diese politischen Aspekte, die Peintner etwa in Zeichnungen wie Nachtspaziergang: Hitler & Speer behandelt, auch die bereits erwähnte religiöse Thematik findet viel Raum. In einige Ikonen der Romantik setzte Peintner mächtige Autobahnbrücken hinein. Eine Rückkehr seiner sarkastischen zivilisationskritischen Zeichnungen der 1970er- Jahre: Heute gelten diese als Ikonen der Umweltbewegung. (kafe / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.10.2009)

 

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