22.12.2002 19:08
Schrift am Flakturm soll verkauft werden
Galerist streitet mit Stadt Wien um Erhaltung von Lawrence Weiners 1991
angebrachtem Schriftbild
Weil sich die Stadt Wien weiterhin weigert, Lawrence
Weiners Bemalung am Esterházy-Flakturm zu restaurieren, dürfte das Werk im
Jänner verkauft werden. Die Verwitterung der Beschriftung wäre damit quasi
verordnet.
Wien - Natürlich könnte man sich auch auf den Standpunkt stellen, dass
es keinen Unterschied macht, ob ein Stück bemaltes Mauerwerk verkommt, weil sich
niemand um seine Restaurierung kümmert, oder aber, weil sich niemand drum
kümmern darf: Schiach ist schiach. Und verwittert verwittert.
Hubert
Winter, Galerist in Wien, sieht das anders: Verwittert ein Stück in den
öffentlichen Raum gestellte Kunst nämlich aus ersterem Grund, zeuge das von
Ignoranz jener, die es so weit kommen lassen. Verkommt ein Kunstwerk aber aus
zweiterem Grund, sei das eine "Blamage ersten Ranges". Noch dazu für eine
Kulturstadt.
Ebenjene Blamage dürfte der Stadt Wien nun ins Haus stehen.
Denn Hubert Winter hat nach eigenen Angaben drei Interessenten für jenes Werk,
das Lawrence Weiner 1991 auf den obersten Teil des Flakturmes im Wiener
Esterházy-Park malte - und das gemeinhin als eines der wichtigsten Werke des
Amerikaners im öffentlichen Raum gilt -, an der Hand. Im Jänner, so der Galerist
zum STANDARD, werde der Verkauf über die Bühne gehen - dann wird
die weithin über die Stadt sichtbare Bunker-Beschriftung "Zertrümmert in
Stücke/in der Stille der Nacht" kein Original-Weiner mehr sein:
Um rund
150.000 Dollar wird dann entweder ein deutscher oder ein schwedischer Sammler
oder aber eine kanadische Universität das Echtheitszertifikat für das Werk
erhalten. Und das Recht, den Schriftzug in einer noch festzulegenden Größe im
öffentlichen Raum aufzubringen und in Zukunft als authentisches Werk Weiners zu
bezeichnen.
"Weiner", erklärt Winter, "könnte von der Stadt verlangen,
die Beschriftung des Flakturmes zu entfernen oder zu übermalen, aber das wird er
wohl nicht tun." Auf alle Fälle aber, so der Galerist, wird es der Stadt mit dem
Verkauf jedoch untersagt, das ihr im Zuge der Festwochen 1991 als Leihgabe zur
Verfügung gestellte Bild zu restaurieren.
Und das, obwohl sowohl der
Künstler selbst als auch der Galerist seit langem - DER
STANDARD berichtete - immer wieder versucht hatten, eine
Restaurierung herbeizuführen. Sowohl bei Wiens Bürgermeister Michael Häupl als
auch bei Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (beide SP) sei man vorstellig
geworden, berichtet Winter - und legt auch Faxe von Weiner an das Wiener Rathaus
vor. "Niemand fand es auch nur der Mühe wert, darauf zu antworten", zürnt
Winter.
Seinen Angaben zufolge habe er sogar konkrete Kostenvoranschläge
ans Rathaus geschickt: Rund 22.000 Euro hätte es die Stadt gekostet, die Arbeit
wieder in ihrem ursprünglichen Glanz über die Dächer der Stadt strahlen zu
lassen. Darüber, ob sich dafür nicht eventuell ein Sponsor gefunden hätte, wurde
aber nicht einmal diskutiert.
Der Verkauf, erklärt Galerist Winter, sei
"eine beschlossene Sache" und werde im Jänner über die Bühne gehen. "Denn so
viel Desinteresse ist für eine Kulturstadt schlicht und einfach blamabel."
(DER STANDARD, Printausgabe, 23.12.2002)